Das Geheimnis von Turtle Bay
durch das schwarze T-Shirt und die dunkle Hose wurde er von der Nacht fast verschluckt.
„Kann nicht klagen“ , erwiderte er. „Ich bin Cole DeRoca. Mr Verdugo hat mich gebeten, den Hauptsalon auf seinem Casino-Boot zu vertäfeln, darum hätte ich mich gerne mal mit ihm unterhalten. Ich weiß, es ist nach Feierabend, aber ich dachte mir, einen Versuch ist es wert.“
Ein zweiter Mann, der aussah wie ein Klon des ersten, tauchte wie aus dem Nichts auf. Der erste nickte seinem Kollegen zu, ohne den Blick von Cole zu nehmen, und sagte: „Ich kümmere mich darum.“
Cole versuchte, die Situation nicht negativ zu bewerten. Die Einheimischen, die sich gegen das Casino-Boot aussprachen, beharrten darauf, dass das organisierte Verbrechen im Spiel sein musste, wenn sich jemand mit so vielen Leibwächtern umgab. Die Gegenseite argumentierte, dass ein wohlhabender Mann mit einer teuren Yacht heutzutage auf Schutz nicht verzichten konnte.
Er selbst hatte für Glücksspiele nichts übrig, weil er erleben musste, wie eine Familie – seine eigene – daran zugrunde gehen konnte. Er hatte seine Mutter gehasst, weil ihr das Spiel wichtiger gewesen war als das Glück ihrer Familie. Doch seit ihrem Tod bereute er, ihr mit Wut anstatt mit Verständnis und Liebe begegnet zu sein.
Cole war ein Einzelkind gewesen und hatte seine Mutter angebetet, doch es war ihm nie gelungen, ihr zu vergeben, wie sie wegen ihrer Spielsucht ihre eigene Familie belogen und getäuscht hatte. Immer wieder hatte sie hoch und heilig versprochen, niemals mehr die Ersparnisse der Familie anzurühren oder weitere Schulden anzuhäufen. Und sie wollte sich auch nicht noch mal mit Leuten einlassen, die es nur auf ihr Geld abgesehen hatten. Neben der Spielsucht war der Alkohol ihr anderes großes Laster gewesen, und so war sie eines Nachts schwimmen gegangen und dabei ertrunken. Cole und sein Vater hielten an dem Glauben fest, dass es ein Unfall gewesen war, denn so schuldig sie sich wegen ihres Verhaltens auch fühlen mochte, sie hätte sich ganz sicher nicht das Leben genommen. Immerhin war sie doch außer sich vor Entrüstung gewesen, dass niemand ihre Krankheit verstehen wollte, die sie dazu trieb, das Lebenswerk ihres Ehemanns aufs Spiel zu setzen und die Achtung ihres einzigen Sohnes zu verspielen, den sie zudem seiner späteren finanziellen Absicherung beraubte.
Es war aber nicht das Geld, das Cole hergeführt hatte, auch wenn er im Begriff war, den Auftrag eines Mannes anzunehmen, dessen Imperium andere Menschen in den Ruin treiben konnte. Der Geschäftsmann aus Miami wollte, dass Cole für ihn den größten Spielsalon auf dem Boot mit karibischem Rosenholz vertäfelte. Zwar würde ihm dieser Auftrag viel Geld einbringen, doch er hatte ihn eigentlich ablehnen wollen, um auf diese Weise dagegen zu protestieren, dass Verdugo fest entschlossen war, das Glücksspiel nach Turtle Bay zu bringen, einer der letzten Regionen, in denen noch das Ambiente des alten Florida zu finden war.
Doch wegen seiner Gefühle für Bree spielte er nun mit dem Gedanken, sich mit Verdugo über den Auftrag zu unterhalten, selbst wenn es ihm gegen den Strich ging. Wenn es jemanden gab, der großes Interesse daran hatte, den unerfreulichen Umweltbericht der Devon-Zwillinge niemals publik werden zu lassen, dann Verdugo. Zudem verfügte der über die notwendigen finanziellen Mittel und entsprechende Beziehungen, um sein Interesse in die Tat umzusetzen. Er hatte inzwischen viel Geld investiert, um dafür zu werben, wie viele neue Jobs sein Casino-Boot bedeutete, von den Touristenströmen ganz zu schweigen. Aber wenn die Zwillinge und die Kommission an die große Glocke hängten, wie stark das Wasser im Golf verschmutzt war, könnte das die Stimmung vollends gegen Verdugos Projekt umschlagen lassen.
Wie formulierte es doch Marla Sherborne, eine der Bewerberinnen um einen Platz im Senat, in ihrer Wahlkampfbroschüre: „Verdugos Fun’n’Sun -Kreuzfahrten werden nicht überwacht, und solche Schiffe werfen ihren Abfall einfach in den klaren Gewässern vor Floridas Küste über Bord.“
Indem Cole Verdugo ein bisschen auf die Finger schaute, konnte er Brees Arbeit unterstützen. Zugleich bereitete ihm der Gedanke ein perverses Vergnügen, dass die Spieler mit ihrem Geld seine Arbeit bezahlen würden. Und er konnte diesen lukrativen Auftrag nur allzu gut gebrauchen, wenn er endlich nicht länger nur Luxusyachten ausstatten wollte, sondern selbst Segelboote bauen. Florida war der
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