Das Geheimnis zweier Ozeane
Meter, Länge: zwei Meter, Breite: zwei Meter. Zwei mal zwei mal vier sind sechzehn, folglich hatte er sechzehn Kubikmeter Wasser verdrängt oder genausoviel Tonnen. Bei einem spezifischen Gewicht des Granits von 2,65 wiegt der Felsen … Los, Mathematiker, greift mir unter die Arme!“
„Schätzungsweise zweiundvierzig Tonnen“, ließ sich Gorelow aus einer Ecke vernehmen.
Skworeschnja sah anerkennend auf den Ingenieur.
„Haben Sie das so schnell im Kopf ausgerechnet? Allerhand!“
Gorelow grinste. „Das bringt der Beruf so mit sich …“
„Na schön! Also … der Felsen wog zweiundvierzig Tonnen. Das verdrängte Wasser sechzehn. Folglich wog der Felsen im Wasser nur sechsundzwanzig Tonnen.“
„Nur? Ganz schön, finde ich!“ bemerkte Matwejew ironisch.
„Gehen wir weiter“, fuhr Skworeschnja fort. „Der Meeresboden vor dem Grotteneingang war stark abschüssig, und deshalb hatte sich der Schwerpunkt des Felsens stark nach außen verlagert. Das hat meine Aufgabe um mindestens die Hälfte erleichtert, mit anderen Worten, dieser Umstand hat das Gewicht des Felsens um weitere dreizehn Tonnen vermindert. Dann kommt noch hinzu“, Skworeschnja blickte sich im Kreise um, „daß meine Beine wie gute Hebel wirkten – das hat mir drei weitere Tonnen erspart.“
„Ich wette“, rief Leutnant Krawzow lachend, „noch ein bißchen, und vom Felsen bleibt überhaupt nichts übrig! Und überhaupt – es geschah nichts, und es ist nichts gewesen!“
„Aber nein!“ entgegnete Skworeschnja unter allgemeiner Heiterkeit. „Ich bleibe jetzt bei den zehn Tonnen stehen. Und trotzdem wäre ich damit nicht fertig geworden, wenn nicht noch ein vierter Faktor – die Angst – im Spiele gewesen wäre. Jawohl, ich gestehe es offen! Die Angst vor dem Tode! Man braucht sich dieses Gefühls nicht zu schämen … Die Angst hatte meine Kräfte verdoppelt. Aber ich gebe euch mein Ehrenwort, daß, obwohl der Felsen schon zu wanken begann, ich meine Kräfte schon schwinden fühlte. Und hier kam der fünfte Faktor hinzu. Der fünfte, entscheidende Faktor! Eine Kraft, die im letzten kritischen Moment meinen Kampf mit dem Felsen zu meinen Gunsten entschieden hat. Ratet mal, was das war?“
„Du erinnertest dich daran, daß du von mir noch nicht Abschied genommen hattest!“ rief Marat.
„Keine Spur!“ entgegnete der Akustiker Ptizyn energisch. „Ihm fiel ein, daß er mir noch zwanzig Rubel schuldete, und er wollte nicht als Betrüger aus dieser Welt scheiden. Geld auf den Tisch, Andrej Wassiljewitsch!“
Skworeschnja lachte schallend.
„Ich sehe schon, ihr kommt nicht darauf. Ihr habt keine Phantasie! Entscheidend war …“, sagte er feierlich. „Wo ist er denn? Aha! Komm mal her! Brauchst dich doch nicht zu verstecken. Komm her, hab keine Angst …“
Skworeschnja packte Pawlik am Arm und zerrte ihn in die Mitte des Raumes.
„Er allein hat meinen Streit mit dem Felsen entschieden! Pawlik – und kein anderer!“
Man hörte von allen Seiten zweifelnde und anerkennende Ausrufe.
„Ja, ja“, rief Skworeschnja, „als ich fühlte, daß meine Kräfte erlahmten, sah ich wie im Nebel Pawlik, der mit lautem Hurrageschrei auf den Felsen stürzte und sich mit aller Kraft gegen ihn stemmte. Mich durchfuhr es wie ein elektrischer Schlag. Und der Felsen kippte um. Das war das letzte, woran ich mich erinnere.“
„Hurra! Bravo, Pawlik! Ein tüchtiger Junge! Wir wollen ihn schaukeln! Schaukelt ihn! Hurra!“
Alle gerieten außer Rand und Band – schrien, klatschten in die Hände und warfen Pawlik hoch, der vor Freude und Angst kreischte. Die Kapelle spielte einen donnernden Tusch.
„Ein netter Junge“, sagte Kommissar Sjomin zu Zoi, der neben ihm an der Tür stand.
Zoi blickte besorgt auf den bis zur Decke emporschnellenden Jungen.
Plötzlich bemerkte er, daß die Freude aus Pawliks Gesicht wich und seine Augen sich angstvoll weiteten. Der junge Mann fühlte tiefe Besorgnis, er folgte Pawliks Blick in die eine Ecke des Raumes.
Dort stand Gorelow. Zoi drückte instinktiv Sjomins Arm. Der Kommissar blickte mit zusammengezogenen Brauen auf den Ingenieur. Gorelow, der sich mit dem Chefakustiker Tschishow unterhielt, hatte sich für einen Augenblick von seinem Gesprächspartner abgewandt und warf Pawlik, der gerade zur Decke hinaufflog, einen finstern, haßerfüllten Blick zu.
Pawlik war blaß geworden und versuchte, sich den Armen seiner Freunde zu entwinden.
„Bist wohl schwindlig geworden?“ fragte Skworeschnja
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