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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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Boden und an der Decke, sich etwas wie lange, dicke Schlangenleiber wand und bewegte. Wahrscheinlich Schiffstaue, dachte Pawlik. Er stieg vom Kasten herunter und tastete sich vorsichtig weiter. Nach zwei Schritten stieß er gegen eine Treppe, die zum Deck führte. Kaum hatte er den Fuß auf die erste Stufe gesetzt, als er Skworeschnjas Stimme hörte:
    „Aha! Da ist es ja, das Leck! Kein sehr großes. Der Achtersteven ist zerbrochen.“
    „Lassen Sie mal sehen!“ meldete sich die Stimme des Zoologen. „Aber wo steckt denn Pawlik?“
    Kaum hatte er gesprochen, als man Marat aufgeregt rufen hörte:
    „Achtung, Kraken! Von allen Seiten kommen sie!“
    „Nun gut, wir kneifen nicht, unseren Fund geben wir nicht auf“, sagte Lordkipanidse ruhig. „Handschuhe anziehen! Marat, komm herunter! Wir müssen beisammenbleiben. Pawlik! Pawlik! Sofort zu mir! Wo bist du?“
    Die Erstarrung, die bei Marats Ausruf Pawlik ergriffen hatte, war schnell gewichen. Er rief laut:
    „Hier. Gleich bin ich bei euch!“
    Pawlik stürzte zum Leck, verfing sich aber in irgend etwas mit dem Fuß und stürzte. Er versuchte mit zitternden Händen, sich zu befreien, und murmelte in einem fort:
    „ Ich komme schon … sofort … einen Moment noch …“
    Gleichzeitig hörte er Skworeschnjas Stimme:
    „Teufel noch mal! Ich habe die Handschuhe vergessen! Und diese Viecher krauchen hier gleich dutzendweise herum … Du irrst dich aber, du Bestie! … So geht’s nun auch nicht!“
    Endlich hatte Pawlik seinen Fuß befreit. Sich auf die Hände stützend, wollte er gerade aufstehen; da fühlte er plötzlich, daß seine Arme wie von einem Schraubstock umschlossen wurden.
    Ohne sich der Gefahr bewußt zu werden, schnellte Pawlik hoch, befreite einen Arm und griff nach dem Buschmesser. Aber etwas Langes und Biegsames umschlang den Arm und preßte ihn mit furchtbarer Gewalt gegen die Brust. Ein paar Sekunden lang schien es Pawlik, als kröchen über seinen Bauch, Rücken und Beine dicke Schlangenleiber, sich windend und ausstreckend. Blitzschnell war Pawliks ganzer Körper dicht umflochten; er konnte weder Beine noch Arme bewegen. Der Junge hob die Augen und schrie entsetzt:
    „Ein Krake!“
    Über ihm hing inmitten eines Kranzes dicker lederiger Taue ein riesiger schwarzer Hakenschnabel. Darüber funkelten auf dem gewölbten, glänzend braunen Körper zwei untertassengroße grünliche Augen von erschreckender Starrheit. Sie blickten in Pawliks Gesicht, und er fühlte, wie sein Herzschlag stockte und eine tödliche Angst seinen Körper lähmte. Er wollte schreien, um Hilfe rufen, aber er brachte nur heisere, unartikulierte Laute hervor. Dann wurde er zur Schiffsöffnung geschleift.
    Während der ganzen Zeit hörte der Junge Skworeschnjas Schnaufen und lautes Schimpfen.
    „Ziel in seine Augen, Marat! In die Augen! In den Körper hat es keinen Zweck … Aspik nur in Gelee … So ist’s richtig! Da hast du’s! … Weiche seinen Fangarmen nicht aus! Soll er dich selber an seine Augen heranziehen!“
    „Er hat mir einen Arm an den Körper gedrückt“, hörte man Marats erstickte Stimme. „Wie viele es sind … wie viele! … Immer neue, Zoi! Hilf mir doch!“
    „Aber gern!“ antwortete Zoi ruhig. „Aha! Die netten Tierchen lieben keinen elektrischen Strom. Sie krümmen sich wie Birkenrinde über dem Feuer.“
    „Stellt euch mit dem Rücken zur Schiffswand!“ befahl der Zoologe. „Bleibt beisammen! Pawlik! Pawlik! Wo bist du?“
    „Arsen Dawidowitsch“, hörte man wieder Zois ruhige Stimme. „Ohne Handschuhe nützt uns hier Skworeschnja wenig … Soll er besser Pawlik …“
    Und plötzlich Stille ringsumher. Pawliks Stirnlaterne erlosch. In der Finsternis sah der Junge nur zwei starre grünliche Augen und den flimmernden Funkentanz auf den Seefedern. Der Junge fühlte nur, daß er langsam zum Leck gezogen wurde.
    In wilder Angst schrie er mit lauter, verzweifelter Stimme:
    „Hilfe! … Arsen Dawidowitsch! … Marat!“
    Niemand antwortete. – Mein Funkgerät arbeitet nicht. Warum nicht? Auch die Stirnlaterne …, schoß es durch Pawliks Kopf.
    Ein winziger Hoffnungsschimmer erhellte sein Bewußtsein. Vielleicht kann der Krake mit dem Taucheranzug nichts machen; der Schwertfisch hat ihn nicht durchlöchern können, auch ein Pottwal könnte es nicht.
    Und tatsächlich, erst jetzt wurde es ihm bewußt, daß er keinen Druck und keine Schmerzen von der zweifellos furchtbaren Umklammerung des riesigen Kopffüßers spürte. Neue Hoffnung

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