Das Geheimnis zweier Ozeane
Anteilnahme zu freuen, und sein strenges Gesicht zeigte oft ein warmes Lächeln. Und doch geschah es nicht selten, daß Gorelows Kameraden, die ihn im Lazarett besuchten, ihn in gedrückter Stimmung vorfanden. Er saß dann vornübergebeugt auf dem Krankenbett, den Kopf zwischen die Handflächen gepreßt, und antwortete auf alle teilnehmenden Fragen gereizt und einsilbig. Der Zoologe verlor sich in allen möglichen Vermutungen über den Zustand seines einzigen Patienten und glaubte, seine falsche ärztliche Behandlung wäre daran schuld. Mit der fortschreitenden gesundheitlichen Besserung jedoch hellte sich Gorelows Stimmung zur großen Freude des Zoologen immer mehr auf. Als der Kranke aufstehen und ab und zu den Lazarettraum verlassen konnte, schien er seine Depressionen ganz überwunden zu haben.
Deshalb war es auch begreiflich, daß Gorelows letzter Besuch im Laboratorium den Zoologen wieder mit Unruhe erfüllte.
Fünftes Kapitel
LORD IST IN GEFAHR!
D
ie jungen Leute sprangen aus der Druckkammer des U-Bootes übermütig wie Schüler, die nach einer langweiligen Unterrichtsstunde aus dem Klassenzimmer zum Spiel in den Schulhof stürmen.
Marat stieß lachend Zoi, der seine Schraube noch nicht in Bewegung gesetzt hatte, von der Plattform herunter; Zoi sank schimpfend und mit den Armen fuchtelnd auf den Meeresgrund hinab.
„Geschieht dir recht, du Goldsucher!“ schrie Marat ausgelassen, warf seine Schraube an und stürzte ihm nach. Er packte Zois Beine und stieß sein Opfer, das hilflos mit dem Kopf nach unten hing, vor sich her.
„Laß mich los, Teufel noch mal! Hilfe!“ brüllte Zoi, mit den Beinen strampelnd.
Marat sauste lachend und lärmend, den Freund hinter sich herziehend, mit der ganzen Kraft seines 50-PS- Motors davon; Zoi versuchte verzweifelt, sich zu befreien.
Pawlik sah, in welcher Bedrängnis Zoi war, und eilte ihm zu Hilfe. In voller Fahrt sauste er nach oben und ließ sich mit lautem Geschrei auf den Rücken Marats fallen, umschlang seinen Hals mit den Beinen und versuchte vornübergebeugt, dessen Hände von Zoi zu lösen.
„Noch einen Moment, Zoi!“ schrie er. „Wir werden es schon schaffen!“
Drei metallglänzende Körper verflochten sich zu einem Knäuel Die Stirnlaternen tanzten irrlichternd über dem Meeresboden. Von ihrem Schein angelockt, schwammen zahlreiche Tiefseebewohner herbei, stoben aber gleich wieder wie ein Feuerwerk auseinander. Endlich gelang es Marat, sich so weit zu befreien, daß er die Seitentasche öffnen konnte. Er drückte auf einen Knopf seines Steuergerätes und ließ seine Schraube an. Im nächsten Augenblick wirbelte ein mächtiger Wasserstrahl gegen Zois Brust. Zusammen mit Pawlik wurde er einige Meter fortgeschleudert. Die Rollen waren vertauscht.
„Haltet ihn fest!“ brüllte Zoi und schoß in wilder Verfolgung hinter Marat her.
„Haltet ihn!“ schrie Pawlik begeistert. Er holte den Fliehenden als erster ein und packte ihn.
„Pawlik, laß los!“ keuchte Marat. „Zoi wird Kleinholz aus mir machen!“
Da kam Zoi auch schon angesaust. Marat wurde tüchtig durcheinandergeschüttelt; reumütig gelobte er Besserung. Endlich ließen Pawlik und Zoi von ihm ab. Erschöpft, aber in bester Laune schwammen alle drei weiter, an der Spitze Marat, der ab und zu auf seinen Kompaß blickte.
„Wohin möchtest du eigentlich?“ fragte nach einiger Zeit Zoi. „Zu Schelawin. Er kontrolliert die aufgestellten Meßgeräte und hat Skworeschnja gebeten, ihm ein neues Tiefseethermometer an Stelle eines durch Wasserdruck beschädigten zu schicken.“
Vor ihnen zeigte sich jetzt ein rötlicher Nebelfleck, der sich bald in eine rote Lampe verwandelte; in ihrem Schein sah man ein senkrechtes, durch eine Schwimmboje straff gespanntes Drahtseil. Daran hingen ein Tiefseethermometer und daneben ein Strömungsmesser.
Die Freunde näherten sich dem Seil, neben dem Schelawin arbeitete.
Plötzlich ertönte ein schwacher Summerton. Das U-Boot meldete sich.
„Achtung! Achtung! Schelawin! Zoi! Bronstein! Bunjak! Hier spricht die ,Pionier‘, der Offizier vom Dienst, Krawzow. Sofort zum U-Boot zurückkehren. Stellt euch auf die Welle von Professor Lordkipanidse ein. Soeben erreichte uns sein Notruf. Haltet Verbindung mit ihm. Vielleicht findet ihr ihn bereits unterwegs. Schnellstens zurückkehren. Das U-Boot bereitet sich zur Abfahrt vor.“
„Sollen wir die Meßgeräte abbauen?“ fragte Schelawin aufgeregt.
„Meßgeräte nicht abbauen!“ antwortete der Leutnant und
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