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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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das, was er schon mit Ausdauer in der Hotelhalle getan hatte: warten!
     
    Perry Clifton sah auf den elektrischen Reisewecker: 9 Uhr 10. Zeit für Johannes Gaitner.
    Ohne die Zentrale einzuschalten, konnte er direkt wählen. Eine Frauenstimme meldete sich. Sie sprach Dialekt, und Perry überlegte, ob das eben Gehörte „Hier bei Gaitner“ geheißen haben könnte.
    Noch bevor er mit seiner Überlegung zu Ende war, bellte es wütend in sein Ohr: „Hallo, ist da wer?“
    „Guten Tag, Frau Gaitner, hier spricht Perry Clifton...“ Weiter kam er nicht. Hochdeutsch hagelte es ihm entgegen: „Hier ist die Theres, mein lieber Herr! Sie sind wohl von vorgestern, was?“
    „Nein, aus London!“
    Stille! Scheinbares Nachdenken! Mißtrauen. Dann: „Aus London?“ Es klang nach: „Vom Mond?“
    „Ja, aus London. Ich hätte gern...“
    „Und Perryclifton heißen Sie??“ Sie sprach es in einem Wort. Der Detektiv verbesserte: „Perry“ — Pause — „Clifton.“
    „Also doch Herr Perryclifton, hab ich’s doch richtig verstanden. Böse Buben rufen manchmal an, da muß man höllisch aufpassen, ob man nicht auf die Schippe genommen wird. Was wollen Sie von mir, Herr Perryclifton.“
    „Ich hätte gern Herrn Kriminalkommissar Gaitner gesprochen!“
    „Der ist tot, mausetot!“ erwiderte sie fröhlich.
    Perry Clifton wußte nicht, was ihn im Augenblick mehr erschütterte: die Art, in der diese Theres vom Ableben des Kommissars sprach, oder die Tatsache, daß er verstorben war.
    „Das wußte ich nicht“, sagte er und merkte, wie seine Stimme belegt klang. „In London hatte man mir gesagt, daß Herr Gaitner pensioniert sei.“
    „Na, das ist er schon...“ Plötzlich war ein ausgelassenes Kichern in der Leitung, und jene Theres quietschte vor Vergnügen. Perry Clifton fühlte sich ratlos wie selten in seinem Leben zuvor.
    „Hören Sie, Herr Perryclifton, Ihnen ist das in den falschen Hals gekommen. Nur der Kriminalkommissar ist tot. Was der Herr Gaitner ist, der lebt, hihihi, so was...“
    Clifton fühlte eine unaussprechliche Erleichterung, zugleich jedoch nagten Zweifel an ihm. War diese Theres vielleicht ein bißchen... na ja... eben so...
    „Könnte ich den lebenden Herrn Gaitner mal sprechen, bitte?“ fragte er höflich.
    „Geht nicht!“ blaffte es durch die Leitung. „Der ist im Gewächshaus und ärgert seine Rosen. Ist es sehr dringend? Wenn es sehr dringend ist, dann hole ich ihn!“
    „Ich bin gestern aus London angekommen, und ein nicht unwichtiger Besuchsgrund in Basel wäre ein Gespräch mit Herrn Gaitner. Könnten Sie mir vielleicht einen Termin geben? Ich wohne im Hotel INTERNATIONAL.“
    „Wozu Termin? Setzen Sie sich ins nächste Taxi und kommen Sie her, Herr Perryclifton! Sie wissen doch, wo wir wohnen?“
    „Im Höhenweg... Meinen Sie denn, daß das geht? Daß ich so ohne weiteres bei Ihnen auftauchen kann?“
    „Ich werde ihn vorbereiten, daß er Besuch aus London bekommt. Was werden Sie trinken? Kaffee oder Tee?“
    „Wenn Sie schon so direkt fragen: Tee wäre mir sehr lieb!“ . Die Theres am anderen Ende seufzte: „Und ich habe immer geglaubt, es sei ein Schwindel, daß die Engländer nur Tee trinken? Sagen Sie, stehen Sie auch nachts auf, um Tee zu trinken?“
    Jetzt mußte Perry Clifton doch lachen.
    „Nein, nie!“
    „Na ja, dann werd ich inzwischen Wasser aufsetzen. Bis gleich, Herr Perryclifton
    Clifton, der Scott Skiffers Schilderung von Gaitner noch in guter Erinnerung hatte, wußte im Augenblick nicht, auf wen er mehr gespannt sein sollte: auf den pensionierten Kommissar oder auf jene Frau mit Namen Theres.
    Er griff noch einmal zum Hörer und bat die Rezeption, ihm ein Auto zu bestellen. Dann klemmte er sich den großen braunen Umschlag — ohne Buch — unter den Arm und verließ das Zimmer.
    Als er die Hotelhalle betrat, wurde ihm bereits zugewinkt. In Basel schienen die Taxifahrer besonders schnell zu sein. Wie sich jedoch herausstellte, hatte ein Fahrer gerade neue Gäste gebracht.
    Es handelte sich um eine italienische Familie, bestehend aus Mutter, Vater und drei Töchtern, die alle gleichzeitig redeten.
    Hatte Perry Clifton bislang geglaubt, daß es so was nur in italienischen Filmen gäbe, so sah er sich jetzt eines Besseren belehrt. Er wurde Ohren- und Augenzeuge eines hinreißenden Palavers, bei dem mit Mund, Kopf, Augen, Händen, Füßen, Knien und dem Rest des Körpers geredet wurde.
    „Fame, mamma!“ rief das ganz kleine Mädchen.
    „Ho sete!“ rief das

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