Das geheimnisvolle Gesicht
geschah? Warum also sollte Claire nicht zunächst in Schottland untergetaucht sein?
Oder?
War vielleicht ein Land naheliegender, in dem man ihre Muttersprache sprach: Französisch? Es mußte ja nicht direkt Frankreich sein... Es gab ja Länder mit französischen Landesteilen...“ Perry Clifton nickte sich selbst zu: „Belgien zum Beispiel...
Die Schweiz zum Beispiel... Nur — in Basel sprach man Deutsch, und wenn nicht das, dann Rätoromanisch.“
Perry Clifton starrte auf die fünf Karten vor ihm. Auf die Karte mit der „Möglichkeit 5“, der des großangelegten Versicherungsbetruges, und auf die Karten mit den Namen
James Pieter Burton
Claire Burton
John Aston
Henry Overgaty.
Laut rekapitulierte er den Fall weiter: „Alles klappt. Burton läßt seine Schwägerin für tot erklären, bekommt die Versicherungssumme, zahlt die Schweigegelder aus und teilt mit der ,lebenden’ Schwägerin den Rest... Claire nimmt einen anderen Namen an, nennt sich jetzt Bloyer und verschwindet aus London, aus England, ja, aus Burtons Leben... Der Fall wäre geklärt!
Warum also sollte Burton jetzt hergehen und einem Gesicht nachlaufen, welches das Gesicht seiner Schwägerin ist? Warum?
Welches Interesse könnte er haben, seiner Schwägerin wieder zu begegnen?“
Plötzlich verstummte Clifton, beendete er das laute Selbstgespräch. Nur sein Verstand sprach weiter. Angst vielleicht! sagte dieser Verstand.
Burton könnte Angst haben, daß Claire auch von jemand anderem entdeckt und somit entlarvt werden könnte. Ihre Entlarvung aber wäre auch seine eigene...
Ja, so könnte es sein!
James Pieter Burton lebte, seit er das Gesicht Claires gesehen hatte, in der ständigen Furcht, sie könne den großangelegten Schwindel durch leichtsinniges Herumreisen zum Platzen bringen.
Das hieße für ihn, den angesehenen Grundstücksmakler James Pieter Burton, nicht nur Ruin, das hieße auch — Gefängnis!
Deshalb hatte er ihn und gleichzeitig die anderen engagiert! Er, Clifton, sollte Claire Burton ausfindig machen, und die anderen sollten sie...
Perry stockte der Atem... Würde das stimmen, dann wäre Claire Burton alias Madame Bloyer in allergrößter Gefahr. Ja, würde das stimmen...
Aber — konnte es überhaupt stimmen?
Schon wieder nagten Zweifel an ihm. Und diese Zweifel kamen nicht allein. Sie kamen in Begleitung neuer und alter Einfälle, Möglichkeiten und Ideen.
Vielleicht gab es wirklich eine Zwillingsschwester? Unsinn!! Davon hätte ja in erster Linie der eigene Bruder, dieser Albert Lamatin, wissen müssen. Aber... Hatte man nicht schon von Fällen gehört, wo Eltern, sehr, sehr arme Eltern, einen Zwilling schon kurz nach der Geburt fortgegeben haben? Mußte man eine solche Möglichkeit nicht auch in Betracht ziehen?
Was war das für eine Familie, aus der Claire kam? Er mußte Burton danach fragen... Burton... Konnte dieser James Pieter Burton überhaupt ein Betrüger sein?
Plötzlich stand Perry Clifton die Szene in Burtons Haus vor Augen, als dieser zur Tür hastete und sie aufriß, weil er glaubte, verdächtige Geräusche gehört zu haben...
War es möglich, daß Sir Arthur White ihm, Clifton, einen Mann empfahl, der ein Betrüger war?
„Ich muß diese Madame Bloyer finden! Koste es, was es wolle!“ sagte Perry Clifton. Er schrak zusammen, denn in diesem Augenblick klingelte das Telefon. In Sekundenschnelle ging er die Namen der möglichen Anrufer durch: Scott Skiffer?
Vielleicht Julie Young?
Oder gar James Burton?
„Clifton!“
„Hier spricht Gaitner! Habe ich Sie aus dem Schlaf geholt?“
„Aber nein, Herr Gaitner, ich bin am Nachdenken!“
„Über Ihren Fall?“
„Ja. Und mir tut der Kopf schon weh... Ich habe das Gefühl, daß ich beim letzten Schnupfen auch meine Kombinationsgabe eingebüßt habe. Am Ende einer jeden Überlegung steht ein Hindernis... Es müssen neue Fakten her, oder ich komme nicht weiter!“
„Ich habe neue Fakten, aber ich bezweifle, daß sie entscheidenden Einfluß auf Ihre Überlegungen haben werden.“
„Ich bin gespannt!“ sagte Perry Clifton, und er war es wirklich.
„Tschudi hat mich angerufen „Tschudi?“ Wer war gleich Tschudi?
„Der Portier vom Hotel Loderer. Dem Hauptquartier Ihrer Freunde
„Ist was passiert?“
„Sie sind ausgezogen. Alle drei. Ganz plötzlich!“
„Heute abend?“
„Ja. Ich wollte Sie auch gleich nach Tschudis Anruf verständigen, aber es meldete sich niemand.“
„Ich war zuerst in der Sauna und anschließend essen.
Weitere Kostenlose Bücher