Das geheimnisvolle Gesicht
eine ungeduldige Handbewegung, und ebenso ungeduldig korrigierte er: „Um eine Armbanduhr, Magda, das hab ich dir doch schon gesagt.“
Und zu Püttely und Forster gewandt: „Ich glaube, so kommen wir nicht weiter. Verraten Sie uns doch erst einmal, warum Sie hinter der Frau her sind. Was hat Sie denn ausgefressen?“
Püttely tat geheimnisvoll: „Eigentlich dürfte ich darüber nicht sprechen, aber Sie werden es sicherlich nicht weitererzählen.“
Gleichzeitig, fast wie auf Kommando, schüttelte das Ehepaar Ehrmann die Köpfe, und Püttely gab das angebliche Geheimnis preis: „Sie wird im Zusammenhang mit einer internationalen Betrugsaffäre gesucht. Und das nicht nur von uns, der Polizei, nein, auch von ihren eigenen Komplizen.“ Forster, der aus dem Gerede nicht klug wurde und dem alles zu langsam und zu umständlich ging, drängte auf englisch: „Zeig ihnen die Fotos!“
Püttely griff sofort in seine Jackettasche. Dabei erklärte er: „Detektiv-Inspektor Forster meint, ich solle Ihnen diese Fotos zeigen!“
Er breitete sie auf der gläsernen Ladentafel aus. Vier Aufnahmen. Vier Schnappschüsse von Claire Burton. Püttely kommentierte ernst: „Das ist Madame Bloyer!“
Magda Ehrmann nickte eifrig: „Die kenne ich. Sie konnte sich nur ganz schlecht verständigen, weil ich doch nicht Französisch kann. Der Verschluß ihrer Uhr war kaputt...“
„Sie sollten ihr die Uhr nachschicken!“
„Ja. Aber sie hieß bestimmt nicht Bloyer...“
Püttely nickte: „Es kann durchaus sein, daß sie in der Zwischenzeit ihren Namen geändert hat
Plötzlich tippte sich Frau Ehrmann vor die Stirn. „Wir brauchen doch nur im Versandbuch nachzusehen.“
„Ja!“ stimmte der Uhrmacher zu. „Da wir alle Reparaturen innerhalb von 48 Stunden ausführen, müßte es am 20. oder 21. gewesen sein.“
Frau Ehrmann zog eine Schublade auf und entnahm ihr ein dickes Buch. Dabei erläuterte sie: „Wir verschicken ziemlich viel, da wir auch für andere Geschäfte Reparaturen ausführen.“
„Wie viele Mitarbeiter haben Sie denn?“ erkundigte sich Püttely bei Herrn Ehrmann. Höflich, interessiert und darauf achtend, daß der andere nicht merkte, wie gespannt und erregt er in Wirklichkeit war.
„Wir arbeiten insgesamt zu acht in der Werkstatt!“ antwortete der Uhrmacher, und etwas wie Stolz schwang in seiner Stimme mit, als er hinzufügte: „Das sieht man dem kleinen Laden gar nicht an, was?“
„Nein, das sieht man ihm wirklich nicht an!“ stimmte Püttely zu, während seine Augen gebannt an dem Finger von Frau Ehrmann hingen, der langsam über die Zeilen rutschte. Und er zuckte zusammen, als sie mit einem Male hervorstieß: „Hier... Hier, das ist sie! Eine Damenarmbanduhr, Gold 585, Verschluß defekt, angenommen am 17. März. Als repariert ausgebucht am 21. März.“ Sie sah triumphierend von Püttely zu Forster und von diesem wieder zurück zu Püttely, der sich zur Ruhe zwang und fast gleichgültig fragte: „Und auf welchen Namen lautete die Rechnung, und wohin haben Sie die Uhr nachgeschickt?“
Frau Ehrmanns Fingerspitze ergriff erneut Besitz von jener gewichtigen Zeile im Versandbuch, Seite 112.
„Sie nannte sich Lamatin. Und die Nachsendeadresse lautete: An Claire Lamatin, München, Hotel am Hofgarten, Wurzerstraße 9.“
Roger Püttely atmete ganz langsam ganz tief durch. „Das wär’s!“ sagte er zu sich selbst. Und mit betont sachlicher Stimme übersetzte er Mike Forster den Sachverhalt.
Mit zufriedenen Mienen beobachtete das Ehepaar Ehrmann, wie der „Interpolbeamte Dr. Tonin“ Claire Lamatins neue Adresse auf die Rückseite einer Ehrmannschen Geschäftskarte schrieb, die er vorher einem Stapel auf dem Verkaufstisch entnommen hatte. „So, damit wären wir ein weites Stück vorangekommen. Ich werde Ihre Verdienste“, er deutete zwei kurze Verbeugungen an, „in meinem Bericht entsprechend würdigen.“ Und noch bevor einer der beiden etwas erwidern konnte, fuhr er fort: „Ich möchte Sie jetzt noch um etwas bitten. Wie ich bereits vorhin andeutete, ist nicht nur die Polizei hinter Claire Bloyer... Pardon, ich meine hinter Claire Lamatin her, sondern auch ihre Komplizen. Es könnte also durchaus sein, daß Sie innerhalb der nächsten 24 Stunden noch einmal Besuch erhalten und daß man Ihnen dann die gleichen Fragen stellen wird, wie wir es getan haben.“
„Wir verständigen in einem solchen Fall sofort die Polizei!“ meinte Ehrmann, und man sah es ihm deutlich an, daß ihm diese
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