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Das geheimnisvolle Tuch

Das geheimnisvolle Tuch

Titel: Das geheimnisvolle Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler
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Zimmer trat, sah er seine Sachen bereits auf dem Fußboden stehen. Er schaute in seine Reisetasche, um festzustellen, ob noch alles vorhanden sei. Er holte seine Sachen zum Anziehen heraus, legte sie, geordnet, wie sie noch waren, auf einen der zwei Stühle. Ein Kästchen, in das er das Tuch, die Stäbe und ein Gläschen mit der Asche hineingetan hatte, nahm er ebenfalls heraus. Erschrocken sah er, als er hastig den Deckel des Behälters hob, dass das Tuch fehlte.
    Das Zimmer war mit alten verzierten Möbeln eingerichtet. Sie stammten aus dem letzten Jahrhundert und waren nach ihrem Aussehen noch nie ausgewechselt worden. So sah Vinc ein Bett aus Eiche, so hoch, dass er fast eine Trittleiter brauchte, um hineinzusteigen. Daneben ein Nachtschrank, plump und mit geschnitztem Schnörkel. Daneben einen Kleiderschrank in stattlicher Höhe. Gegenüber am Fußende des Bettes, an der Wand, ein Waschtisch, auf dem eine schwere Marmorplatte lag und auf der eine Schüssel stand, daneben ein tönerner Krug. Ein ovaler Spiegel, gefasst in einen verzierten Rahmen, an der Wand hängend, rundete die Waschgelegenheit ab.
    Wie in alten Gemäuern gewöhnlich der Fall, roch es in dem Zimmer muffig. Ein Geruch, der sich in den alten Möbeln im Laufe der Jahre einnistete.
    Durch die größere Zeitspanne zum Mittagessen hin gönnte sich Vinc eine Pause zum Nachdenken. Er legte sich auf das Bett und starrte an die Zimmerdecke, wie er es auch gerne zu Hause machte, wenn er versuchte, ein Problem zu lösen. Das fehlende Tuch ging ihm nicht aus dem Sinn und das sorgfältige Durchwühlen seiner Sachen.
    Die Sonne strahlte durch einen Spalt in der dicken Gardine und erhellte das Zimmer. Er blickte an die Zimmerdecke. Je länger er sie betrachtete, desto mehr überlegte er, was da oben wohl fehlte. Es gab keine Deckenleuchte. Er blickte zur Seite und an die Wände, aber nirgends befand sich eine elektrische Beleuchtung, sondern nur eine Kerze auf dem Waschtisch und eine auf dem Nachttisch.
    „Die hätten uns lieber in den vorherigen Räumen lassen sollen. Die waren komfortabler“, murmelte er.
    Er hörte ein Klopfen, ein Scharren und anschließend einen zarten Ruf nach Hilfe. Er lauschte in die Richtung, in der er diese Geräusche vermutete. Sie kamen aus dem Schrank.
    Vorsichtig ging er hin und öffnete ihn. Es hingen einige alte Sachen darin.
    „Wird auch Zeit. Krieg keine Luft mehr!“, hörte er eine zarte Stimme schimpfen. Noch sah er nicht deren Ursprung. „Pfui Teufel, stinkt das nach Mottenkugeln. Hätte beinahe eine verschluckt, als ich nach Luft schnappte. Eklig!“, wetterte das unbekannte Etwas.
    Vinc wich erschrocken zurück.
    „Stecke schon fast ein Jahrhundert hier drin. Dachte, der wechselt mal seine Klamotten, aber nix da. Der muss doch schon stinken.“ Eine kleine Gestalt im Aussehen eines jungen Liliputaners tauchte plötzlich hinter der Bekleidung auf. Dieses Wesen sprang mit einem Satz aus dem Schrank genau auf Vincens Fuß.
    „Oh! Verzeihung!“, sagte es.
    Es reichte dem Jungen bis an die Knie. Dieses unförmige Ding sprang zurück und fiel rückwärts ausgestreckt auf den Fußboden.
    Vinc konnte das Wesen jetzt mustern. Er sah einen rundlichen Kopf mit großen Augen, einer einer Stupsnase mit kleinen Löchern, einen breiten Mund mit schmalen Lippen. Das Haupt saß auf einem dünnen Hals. An den schmalen Schultern hingen Spindelarme, an denen sich Hände befanden, die einem Frosch Ehre gemacht hätten. Die Brust ging in einen dicken Bauch über, der auf einem kurzen Rumpf endete, an den sich dünne Beine anschlossen und Füßchen gleich denen der Handflächen.
    „Wird auch Zeit, hoher Herr, dass Ihr mich da raus holt.“ Das Geschöpf schnellte mit so einer gewaltigen Sprungkraft hoch, dass es auf dem hohen Bett landete.
    Vinc trat näher an die Liegestatt und stand nun Aug in Aug dem Wesen gegenüber.
    „Wer bist du? Du kennst mich?“, fragte er.
    „Zu viele Fragen auf einmal, hoher Herr. Ich vertrage nur immer eine. Mehr kann ich mir nicht merken.“
    „Na gut. Also, wer bist du?“, wiederholte Vinc.
    „Ich heiße Zubla. Aber was soll die Frage. Ihr kennt mich doch. Ich bin Euer guter Geist. Euer ergebener Diener.“
    Vinc ahnte, dass Zubla dem Irrglauben unterlag, er habe den Jungen von dem Gemälde vor sich. Er ahnte auch, dass so allmählich die Zusammenhänge mit der Ähnlichkeit herauskommen und sich die Rätsel um ihre Person mit der Gleichheit der Bilder auflösen könnten.
    „Erkläre es mir

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