Das geheimnisvolle Tuch
Gesteins, noch schwieriger zu deuten.
Er entschloss sich nach vergeblichem Mühen, einen Eintritt zu bekommen, das Haus zu umgehen, um vielleicht irgendwo anders einen Einstieg zu finden. Doch erschrocken sah er, als er sich umdrehte, wie sich ein Sumpf ringsum ausbreitete.
Seltsam, wie sich ständig in kürzester Zeit die Gegend verwandelte. Er meinte, bestimmend zu einem Ziel gelenkt zu werden. Erst die Dornenhecke, dann die Mauer und nun der Morast. Immer wieder Hindernisse, die ihn in eine bestimmte Richtung steuerten.
Seine Schlussfolgerung: Er musste vorwärts um jeden Preis.
Er sah die unebene Treppe hinab und erkannte am Wackeln der Stufen das dauerhafte, langsame Ansteigen der blubbernden Masse des Sumpfes.
Er tat einen vorsichtigen Schritt nach unten, bedacht, darauf nicht auszurutschen, um etwa von diesem lauernden tödlichen Brei verschlungen zu werden, damit er an dem Haus empor sehen konnte. Aus einem der Fenster flog ständig eine Spukgestalt ein und aus. Ein Wesen, das durch sein Erscheinen ihn von dem Betreten des Hauses abhalten wollte, denn es machte keine Anstalten, ihn anzugreifen, noch in irgendeiner Art zu bedrohen. Allein das Aussehen sollte ihn das Gruseln lehren. Wollte dieser Geist ihn etwa warnen und andeuten, diese Anwesen nicht zu betreten?
Hinter sich vernahm Vinc wieder das Blubbern der breiigen Flüssigkeit des gnadenlosen Sumpfes, der alles verschlang, was in ihn hinein gelangte. Es stank fürchterlich.
Der Schlamm schwappte unaufhörlich höher, er erreichte schon fast die vorletzte Stufe.
Vinc führte seine Augen näher an das Fragment. Was gäbe er für ein Licht, um dieses Eingemeißelte enträtseln zu können.
Die Zeit lief gegen ihn. Die breiige Suppe kamen näher und näher. Was sollte er tun? Er musste dieses Zeichen entziffern.
Verzweifelt wischte er über die Gravur. Der Schmutz war durch die Jahre und den Wettereinfluss fest geworden. Er fuhr mit der Fläche seiner Hand weiter über den glatten grünen Belag und plötzlich wurde sie gebremst und fügte sich auf eine Fläche ein, die auch das Symbol einer Hand besaß, genau im Maß wie die seine.
Gelblicher Dampf stieg auf, nachdem sich seine Hand auf der Steinernen eingefügt hatte. Zwischen den beiden quoll grünliches Gas hervor und verflüchtigte sich in der Luft, wobei er ein angenehmes leichtes Prickeln bemerkte, das sich durch seinen Körper zog.
Verschwommen, wie in weiter Ferne, nahm er wahr, wie die Türe holpernd und polternd aufging.
Wie konnte sich das Waldhaus und auch die Umgebung so verändern? Vor allem die Frage: warum?
Ein grüner Schleier tanzte vor seinen Augen, der aber sehr bald wieder verschwand.
Schwarz lag ein Raum vor ihm.
Zwei grüne Augen starrten ihn an. Sie glichen in der Form den Fenstern des Hauses.
„Meine Bewunderung“, sagte eine für diese unwirtliche Umgebung ungewöhnliche liebliche Stimme. Er konnte ihre Gestalt wegen der herrschenden Finsternis nicht erkennen, so sehr er sich bemühte, um seine Neugier zu befriedigen. „Für dein Eindringen bezahlst du einen sehr hohen Preis“, fuhr sie fort, ohne das Überraschungsmoment des Knaben abzuwarten.
„Wer bist du?“
„Das spielt im Moment keine Rolle.“
„Welchen hohen Preis bezahle ich?“ Er ahnte, dass auf diese Frage nur eine schlimme Antwort folgen konnte.
„Der Preis ist dein Leben“, sagte die Stimme. Weitere Fragen vermochte er im Moment nicht zu stellen, denn diese schockierende Antwort hatte er im Stillen vermutet, aber nicht erhofft.
Vinc wagte seine Blicke nicht abzuwenden, aus Angst, er könnte seine Beobachterin aus dem Gesichtskreis verlieren. Die Angst, alleine zu sein, beherrschte seine Sinne. Er war froh, mit jemandem sprechen zu dürfen.
„Du spielst in einem grausamen Spiel die Hauptrolle, dabei wirst du der Verlierer sein. Ein Spiel zwischen zwei gefährlichen Mächten mit enormer Gewalt. Allerdings ist mir ein Rätsel, da sie dich benutzen, warum sie dich vergifteten“, sagte sie mit trauriger Stimme. War es nur Mitleid mit ihm oder war sie ein Teil dieser Spielführer und stellte nur fest, dass ein Fehler unterlaufen sei?
„Wie soll ich vergiftet worden sein? Meinst du etwa, der grüne Dampf ...?“ Er unterbrach sich im Bewusstsein, was dieses Durchziehen des angenehmen Gefühls in seinem Körper war. Empfand er es als behaglich und Glücksgefühl, so erkannte er jetzt in der Wirklichkeit sein Todesurteil, seine Zerstörung.
„Ja“, antwortete die weibliche Stimme.
In ihm
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