Das geheimnisvolle Tuch
war es, als würde Dampf in einem Kessel einen Ausweg suchen und ihn nicht finden, oder waren es schon die Wirkungen des Giftes, die ihm dieses Gefühl gaben? Das Gefühl der inneren Enge.
„Es gibt vielleicht einen Ausweg, ein Gegengift“, sagte sie und er spürte Mitgefühl in der Stimme.
„Sag schnell welches und wo finde ich es.“ Seine Worte waren voller Ungeduld. Kein Wunder, wo jede Minute, jede Sekunde kostbare Zeit verstreichen ließ.
„Nicht so aufgebracht. Lass mich nachdenken.“ Es herrschte beängstigende Stille, als sie schwieg, die aber kurz darauf unterbrochen wurde, als sie sagte: „Ich muss dich für einen Augenblick verlassen, um mir einen Rat zu holen.“
Kaum dass er noch etwas erwidern konnte, war sie verschwunden.
In Betracht der Umstände und seiner Eile, etwas gegen das Gift tun zu müssen, wurde jede Minute zur seelischen Qual. Er spürte in dieser Dunkelheit eine Gesellschaft, die ihn ständig beobachtete, aber sich nicht zu erkennen gab. Wie er überhaupt das Gefühl hatte, fortwährend von einem Unsichtbaren begleitet zu werden, wie des Nachts, wenn man durch eine einsame Straße ging, sich ständig umdrehend, wegen des mulmigen Gefühls, einen Verfolger hinter sich zu haben.
Vor Vinc tauchte ein riesiges Auge auf. Es rollte die Pupille ständig zur Seite, als wolle es sagen: „Gehe dorthin!“
Eine Hinterlist witternd, dachte er im Traum nicht daran, dieser Anweisung zu folgen. Er wollte den Platz, auf dem er das Geschöpf traf, auf keinen Fall verlassen, um sie, die einzige Hoffnung, nicht zu verlieren.
Die Zeit verstrich und wurde zu einer Ewigkeit.
Sie kam nicht mehr wieder.
Wie konnte er, an diesen Orten, die nur aus Lug und Trug bestanden, jemandem trauen? Waren diese Augen nur Sinnestäuschungen, Ausgeburten seines Gehirns, das langsam vom Gift zerstört wurde?
Das Auge blieb vor ihm und machte immer die gleiche Bewegung zur Seite. Unermüdlich, unaufhörlich. Nach längerer Zeit des verzweifelten Wartens entschloss er sich, doch der Anweisung zu folgen.
Das Auge schwebte vor ihm her, als wolle es ihm den Weg vorausleuchten. Er war glücklich darüber, zumal er nichts in dieser Dunkelheit sah. Selbst wenn es ihn in einen Abgrund führte, er würde blind vertrauen und hinabstürzen.
Auf einmal verschwand das Auge und er stand wieder alleine da.
Doch eine Falle? Wollte es ihn nur von der anderen Stelle weg locken? Weg von dem Wesen, das ihn retten wollte?
„Na prima“, sagte er zu sich.
„Was ist prima?“ Eine niedliche zarte Stimme hauchte durch die Finsternis.
Vinc schaute sich um, er sah nichts.
„Was ist prima?“, fragte es noch einmal.
Da stand ein kleines zierliches Geschöpf, welches überhaupt nicht in diese raue unwirtliche Gegend passte. Vorsicht war geboten, damit er nicht auf es trat.
„Wer bist du?“, fragte Vinc verwundert.
„Ich heiße Vanessa. Kein schöner Name“, sagte sie schnell noch dazu. „Ich bin eine Elfe.“ „Euch gibt es tatsächlich? Ich dachte, nur in Märchen und Sagen.“ Vinc beherrschte seine Stimme, obwohl ihm bei dem Namen, der dem seiner Freundin glich, ein Kloß in den Hals kam.
„Im Grund bin ich ein ...“ Sie unterbrach sich.
Er konnte, trotz des spärlichen Lichts, herrührend durch einen kleinen Stab, den sie mit sich führte, bemerken, wie sie sich ängstlich umsah. Verblüffend ihre nächsten Worte: „Ich existiere nicht wirklich, nur in deinen Gedanken. Du hörst meine Stimme und du wirst mich so sehen, wie du es dir einbildest. Ich spreche im Geist zu dir und in der Finsternis. Ich darf mich dir nicht zeigen, aber ich bin überzeugt, wir werden uns eines Tages wieder begegnen. Ich soll dir helfen und eine Botschaft überbringen.“ Sie schwieg und wartete, um den Jungen nicht weiter zu verwirren.
„Für dein Gift wird es vielleicht ein Gegenmittel geben, nur du musst Geduld aufbringen. Die guten Mächte arbeiten an seiner Lösung. Denn dieses Gift wurde von ihnen vor Trillionen Jahren als Schutz vor dem Bösen in das Handsymbol an der Steinpforte getan.“
Der Junge lächelte, eher ein hämisches und verhöhnendes, kein frohes wie sonst seine Art, als er antwortete: „Willst mich wohl foppen. Die bauen dieses Steintor als einen Eingang vor so einen klapprigen Kasten aus Holz, wo nur ein Dämon, wie ich ihm begegnet bin, dagegen pusten braucht, um es umzublasen?“
Er sah es nicht, das Lächeln, das über ihr Gesicht huschte, aber er erkannte es an ihrer froh gelaunten Stimme. „Lasse dich
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