Das geheimnisvolle Tuch
das Lösungswort unbewusst gedacht. Natürlich.“ Welches Feuer hat keine Hitze?“ lautete die Frage. Er tunkte hastig wieder sein Schreibutensil in das Blut und schrieb: „Gemaltes.“
Voller Sorge sah er auf seine verwackelte Schrift, die aber nicht mehr verschwand, sondern ihm signalisierte, es sei die richtige Lösung.
Die Walzen stoppten und die Speere hoben sich etwas, genug, um auf dem Boden kriechend weiterzukommen.
Durch diesen glücklichen Ausgang spürte er plötzlich eine innere gewaltige Kraft und so zog er sich auf dem glatten Boden vorwärts, um aus dem Bereich der lebensbedrohlichen Walzen und Speere zu entschwinden.
Er hatte immer noch das Gefühl, es könnte sich alles erneut bewegen. Er bemerkte seiner Rettung wegen ein glückseliges Empfinden, so als durchströme seinen Körper irgendeine Droge. Oder war es das Gift, das ihn zu dieser Freimütigkeit brachte und um sich unbekümmert auf der Erde entlang zu ziehen, ohne zu ahnen, dass er auf einen Abgrund zusteuerte? Hatte ihm eine Macht dazu bewegt, die Kirschen zu kaufen und noch nicht zu essen?
Er wollte den Raum mit den Speeren verlassen, als er plötzlich einen tiefen Spalt im Boden sah, der sich bis zu den Steinwänden links und rechts hinzog.
Er musste diesen breiten Spalt überqueren.
Er warf eine abgebrochene Speerspitze in die Untiefe, deren Aufschlagen nach Sekunden des Aufpralles nur erahnen ließ, wie tief es da hinabgehen würde.
Der Spalt war in der Breite seiner Körperlänge. Er als gewohnter Leichtathlet hätte wohl kein Problem, diese Weite zu überspringen, wenn nicht der Umstand wäre, behindert durch noch herabhängende Speere in einer aufrechten Haltung springen zu können. Aber er kannte das Wort ‚wäre’ und ‚hätte’ zur Genüge. Begriffe, die häufig wegen Ratlosigkeit oder bei Misslingen einer Aktion verwendet wurden.
Der Weitsprung war seine Stärke, obwohl er als Sportler wusste, dass es Tage gab, an denen der Körper sich nicht in Toppform befand. Dachte er an das Gift in sich, auch der Entbehrung von Flüssigkeit und stärkendem Essen, dann konnte er sich ausmalen, wie geschwächt sein Leib wohl sein mochte. Er spürte dies auch an den Muskeln, die während seines Gleitens ständig sich zum Ausruhen bequemen wollten.
Allein die Kraft seines Willens spornte ihn zu den weiteren Überlegungen an, wie er einen Anlauf nehmen könnte. Aber ohne aufrecht zu stehen, war kein solcher möglich.
Er konnte sich im Moment glücklich schätzen, kauern zu dürfen. Er sah einen der abgebrochenen Speere, wohl von einer der Walzen verursacht. Den Stab schätzte er etwa wie die Breite des Schlundes ein.
„Denke nicht im Traum daran“, schalt er sich, nachdem er seine Gedanken in die Richtung lenkte, den Stab, der wohl die Länge des Spalts über der Untiefe hatte, darüber zu legen und ihn hangelnd zu überqueren. Aber es bohrte ihn ihm, dieses Risiko einzugehen, um das rettende Buch zu bekommen.
In der rechten Hand die kleine Stange haltend, zog er sich mit der linken näher an den Rand. Nun kam der schwierige Teil, der darin bestand, zu versuchen, sie über den Abgrund zu legen. Er schob den in seinen Augen symbolischen rettenden Strohhalm langsam, um ihn nicht an die Untiefe zu verlieren, auf die gegenüberliegende Seite zu. Er wusste, dass, je weiter der Stab zur Gegenseite kam, desto kürzer das Ende wurde, an dem er ihn hielt. Die Schwerkraft würde am größeren Teil zunehmen. Demnach musste er ihn hinüberschleudern, um ihn nicht, wegen der wenigen Zentimeter, die ihm zum Schluss blieben, durch das Übergewicht am anderen Ende zu verlieren. Und so tat er es denn auch, als er merkte, dass sich die Stange zu sehr abneigte, gab er ihr einen Stoß und dabei hätte er beinah seinen Griff am Ende verloren. Krampfhaft hielt er noch in letzter Sekunde die wenigen Zentimeter fest.
Das Glück blieb ihm hold, denn er bemerkte das Aufkommen des Speeres am anderen Rand der Schlucht. Wegen der Dunkelheit aber konnte er nicht die Fläche sehen, wie weit er auf ihr lag. Er knapste jeden Zentimeter des Stabes auf seiner Seite ab, wobei er schätzen musste, wie viel er hergeben konnte, ohne dass er vom Rand glitt. Er sann nach, ob er dieses Risiko, sich an dem Speer entlang zu hangeln, eingehen sollte.
Wieder sprach er sich selbst halblaut Mut zu: „Ob ich nun hier elendig umkomme oder gleich durch einen Absturz, bliebe fast egal. Vielleicht wäre ein Absturz sogar die Erlösung. Es wäre schneller überstanden.“
Mit
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