Das Geiseldrama
zwinkerte heftig.
„Und du kennst zufällig den Dieb?“
„Den nicht. Aber einen
erstklassigen Fälscher.“
„Das ist ja ein Ding. Ihr dreht
dem Alten eine Schundscherbe an.“
„Die Fälschung ist sehr
hübsch.“
„Aber nur das Original ist so
wertvoll. Und wenn der Alte was merkt?“
„Dann haben wir Pech gehabt.
Aber das glaube ich nicht. Er ist schon 82 und nicht mehr ganz dicht. Auch die
Augen machen nicht mehr so mit. Ich habe auf meine Vermittlungsgebühr
verzichtet. Aber ich ließ durchblicken, daß er’s in seinem Testament gutmachen
kann. Die Jagdhütte wäre genau das, was ich für angemessen halte.“
„Mann, bist du ein raffinierter
Hund!“ Dikals Miene drückte Hochachtung aus. „Wo lebt denn dieser Hagedorn?
Hier?“
Görr nickte. „Er hat eine Villa
am Seibold-Park. Ins Altersheim will er nicht. Dreimal in der Woche kümmert
sich eine entfernte Verwandte um ihn. So eine Art Erbschleicherin. Müßtest mal
erleben, wie er mit der umspringt. Aber sie schluckt das alles. Sie kriegt mal
die Villa und die Schätze.“
„Klotzig, klotzig. Was tat denn
der Hagedorn, als er noch nicht 82 war?“
„Der hatte eine
Schnapsbrennerei. Aber in ganz großem Stil. Selber trinkt er keinen. Nur
Mineralwasser. Und zweimal im Jahr ein Gläschen Burgunder.“
„Kein Wunder, daß er nicht mehr
ganz dicht ist“, meinte Dikal und winkte dem Kellner, um Schnäpse zu bestellen.
Sein Molchgesicht hatte einen
nachdenklichen Ausdruck angenommen.
Görr bemerkte das nicht. Er
äugte zu den beiden Frauen hinüber. Aber dort erntete er nichts weiter als
einen geringschätzigen Blick.
„Ich muß jetzt los“, meinte
Dikal. „Ich übernehme die Zeche. Bist eingeladen.“ Er zog seine Brieftasche.
„Danke! Das nächste Mal bin ich
dran.“
Dikal nickte zwar, wirkte aber
geistesabwesend. Irgendwas beschäftigte ihn.
*
Vor dem italienischen Eis-Café
waren Tische aufgestellt. Eine bunte Markise (aufrollbarer Sonnenschutz) spendete Schatten. Spatzen hüpften auf dem Gehsteig. Die Serviererin eilte mit
ihrem Tablett hin und her, auf dem farbenprächtige Eisbecher standen.
Klößchen nahm gerade den
zweiten in Angriff, als Tarzan zurückkam. Er stoppte sein Rennrad am Bordstein,
stellte eine Fußspitze auf den Boden und schüttelte den Kopf.
Gaby und Karl, die bei Klößchen
am Tisch saßen, hoben die Achseln, was in diesem Fall hieß: Da kann man eben
nichts machen. Klößchen stieß den Löffel in cremiges Schokoladeneis.
Das Café lag an einer Straße,
durch die sich von morgens bis abends der Verkehr wälzte. Es war nicht die
beste Luft, die man hier atmete. Aber das störte die Gelato-Fans (Eis-Schlecker) nicht.
Tarzan schob sein Rennrad um
die Ecke, wo man auf einem café-zugehörigen Innenhof die Drahtesel parken
konnte. Er sicherte es und ging zu seinen Freunden.
„Beachtlich“, meinte Karl. „War
eine enorm kurze Zeit.“
Tarzan nickte. Er war im
Internat gewesen, hatte die Strecke zwischen Stadt und Schule in Rekordzeit
bewältigt — hin und zurück.
„In seiner Bude ist der Molch
nicht“, berichtete er. Denn das war der Grund gewesen für die
Erkundigungsfahrt. „Sein Wagen ist auch nicht da. Axel Holzweg sagte, der Molch
wäre gleich nach dem Essen in die Stadt gefahren. Mit seiner
Squash-Ausrüstung.“
„Squash-Hallen gibt es
mehrere“, sagte Gaby.
„Der Molch spielt draußen im
Auen-Center. Das weiß ich von Axel. Ist zwar ein schönes Stück bis dorthin,
aber ohne Mühe läuft nichts. Ich meine, wir sollten hinfahren. Wenn er mit
Staatsfeinden Verbindung hat, kann er sie dort wie überall treffen.“
Klößchen stöhnte. „Kann ich
wenigstens mein Eis aufessen?“
„Aber, bitte, beeil dich!“
Gaby ließ Tarzan von ihrer Cola
trinken. Klößchen löffelte schneller.
Gerade als sie aufbrechen
wollten, deutete Karl zur Straße.
„Leute, da ist er!“
Tarzan, der mit dem Rücken zur
Fahrbahn saß, drehte sich um. In der Schlange der Autos war keine Lücke.
Dennoch sah er Dikals Wagen sofort. Der Molch saß am Lenkrad. Er wirkte
angespannt, kaute auf den Bartfransen und starrte geradeaus.
Tarzan sprang auf. „Vielleicht
kann ich ihm folgen.“
„Das hat doch...“
... keinen Sinn, wollte Gaby
einwenden. Aber er sprintete bereits um die Ecke. Nach wenigen Augenblicken war
er mit seinem Rennrad zurück. Er winkte seinen Freunden. Dann stürzte er sich
in den Verkehr.
Die drei versuchten gar nicht
erst, Anschluß zu gewinnen. Dikals Vorsprung war
Weitere Kostenlose Bücher