Das Geisterhaus
Voll Begeisterung
baute er die Drei Marien wieder auf und verbesserte sie, aber
danach verlor er jedes Interesse an anderen Geschäften, weil er
bemerkte, daß es dank des neuen Wirtschaftssystems nicht mehr
nötig war, sich anzustrengen und zu produzieren, da das Geld
von allein neues Geld anzog und seine Bankkonten täglich
dicker wurden, ohne daß er einen Finger rührte. So tat er, als er
Bilanz zog, einen Schritt, von dem er nicht geglaubt hätte, daß
er ihn je in seinem Leben tun würde: er schickte jeden Monat
einen Scheck an Pedro Tercero García, der mit Bianca im
kanadischen Exil lebte. Dort fühlten sich beide im Frieden
gestillter Liebe voll verwirklicht. Er schrieb revolutionäre
Lieder für Arbeiter und Studenten und, vor allem, für das
Großbürgertum, bei dem sie in Mode gekommen waren, so daß
sie mit großem Erfolg ins Englische und Französische übersetzt
wurden, obwohl Hennen und Füchse unterentwickelte
Geschöpfe sind und längst nicht das zoologische Prestige
besitzen wie die Adler und Wölfe dieser nördlichen Länder.
Bianca, friedlich und glücklich, erfreute sich zum erstenmal in
ihrem Leben einer eisernen Gesundheit. Sie installierte einen
großen Brenno fen in ihrem Haus, um ihre Krippenmonster darin
zu brennen, die sich bestens verkauften, weil es sich ja um
indianisches Kunsthandwerk handelte, wie Jean de Satigny das
schon vor fünfundzwanzig Jahren vorausgesagt hatte, als er sie
exportieren wollte. Mit diesen Geschäften, den Schecks des
Vaters und kanadischer Unterstützung hatten sie genug, und
vorsichtshalber versteckte Bianca den Wollstrumpf mit den
unerschöpflichen Schmuckstücken Claras im hintersten Winkel
des Hauses, darauf bauend, daß sie nie gezwungen sein würde,
sie zu verkaufen, und eines Tages Alba sie tragen würde.
Senator Trueba wußte nicht, daß die Geheimpolizei sein Haus
überwachte, bis zu der Nacht, als sie Alba holten. Alle im Haus
schliefen, und zufällig war niemand im Labyrinth der
leerstehenden Zimmer versteckt. Gewehrkolbenhiebe gegen die
Tür rissen den alten Mann aus dem Schlaf und gaben ihm ein
deutliches Vorgefühl des Verhängnisses. Doch Alba war vor
ihm aufgewacht, als sie das Bremsen der Autos, die Schritte, die
halblaut erteilten Befehle hörte, und begann sich anzuziehen,
weil sie nicht daran zweifelte, daß ihre Stunde gekommen war.
In diesen Monaten hatte der Senator gelernt, daß nicht einmal
seine lupenreine Laufbahn als Putschist eine Garantie gegen den
Terror war. Aber nie hätte er gedacht, daß er ein Dutzend nicht
uniformierter, aber bis an die Zähne bewaffneter Männer im
Schutz der Sperrstunde in sein Haus würde kommen sehen, die
ihn ohne jede Rücksicht aus seinem Bett holten, ihn am Arm
packten und in den Salon führten, ohne ihm auch nur zu
erlauben, sich die Pantoffeln anzuziehen oder einen Schal
umzuwerfen. Er sah andere Männer mit einem Fußtritt die Tür
zu
Albas Schlafzimmer aufstoßen und mit dem
Maschinengewehr im Anschlag hineingehen, er sah seine
Enkelin vollständig angezogen, bleich aber gefaßt sie stehend
erwarten, er sah, wie sie sie aus dem Zimmer stießen und sie vor
ihren Waffen her in den Salon trieben, wo sie ihr befahlen, bei
dem alten Mann stehen zu bleiben und nicht die geringste
Bewegung zu machen. Sie gehorchte, ohne ein Wort zu sagen,
fern der Wut ihres Großvaters und der Gewalttätigkeit der
Männer, die auf der Suche nach versteckten Guerilleros,
verbotenen Waffen und anderen handgreiflichen Beweisen das
Haus durchliefen, Türen einschlugen, mit den Gewehrkolben
Schränke ausräumten, Möbel umwarfen, Matratzen
aufschlitzten, den Inhalt der Schränke umdrehten, mit Füßen
gegen die Wand traten und Befehle brüllten. Sie holten die
Angestellten aus ihren Betten und schlossen sie unter der
Bewachung eines anderen Bewaffneten in einem anderen
Zimmer ein. Sie kippten die Regale in der Bibliothek um, und
die Nippsachen und Kunstwerke des Senators prasselten auf den
Boden. Die Bücher aus Jaimes Tunnel landeten auf dem Patio,
wurden dort auf einen Haufen geworfen, mit Benzin übergossen
und verbrannt, ein infamer Scheiterhaufen, den die Männer
fütterten mit den magischen Büchern aus den verwunschenen
Koffern des Onkels Marcos, der Auflage von
Nicolas’
esoterischem Werk, der in Leder gebundenen Marx-Ausgabe
und selbst den Opernpartituren des Großvaters, ein skandalöser
Scheiterhaufen, der das ganze Viertel mit Rauch füllte und in
normalen Zeiten
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