Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Erbsen sind ja bekannt dafür, dass sie das Fleisch gleich dabei haben.«
»Wie meinst das jetzt, Weib«, fragte der Händler ärgerlich.
»Na was wohl. Wurmig sind’s. Mehr Würmer als Erbsen, glaubst i seh net recht? Und nenn mich net Weib, du bleder Hammel.«
»Jetzt mach aber halblang mit deinem sauren Schmarrn da«, mischte sich der Weinhändler von der Seite gegenüber ein. Hurtig drehte sich Johanna um die eigene Achse, dass ihr Busen vor lauter Aufregung hüpfte.
»Ich sag dir jetzt mal was, du elendiger Aff, du! Dein Wein ist saurer als mein schärfster Essig. Wenn ich so ein Gesöff anbieten müsst, dann würd ich mich in Grund und Boden genieren.«
»Ja, wenn selbst die ehemaligen Huren jetzt schon herumpantschen, dann steht die Welt nimma lang«, lamentierte ein altes verhutzeltes Weiberl, das Unschlitt und Kerzen feilbot. Wütend drosch Johanna so auf das Holzbrett, dass die Krüge wackelten und Yrmel alle Hände voll zu tun hatte, sie aufzufangen und am Herunterfallen zu hindern.
»Ihr vermaledeiten Schwachköpfe, ihr habt keine Ahnung und nur immer Saufen und Feiern im Kopf. Zum Teufel mit euch Bsoffenen!«
»Aber eins musst zugeben, Hannerl. Besser isses schon, wenn man den Wein wenigstens ausschenkt und ihn nicht so wie du in offenen Holzfässern in die pralle Sonne stellt!« Barthel war aufgetaucht und genoss es, Johanna vor allen anderen Marktleuten zu ärgern.
»Ja, ja«, murmelten alle anderen zustimmend, »macht aus dem guaten Wein so a saure Lackn. Verschwendung nennt man das!«
»Was machst du da, du Depp?«, fragte Johanna unvermittelt Barthel.
»Na ich schau mir den Festzug an, der da gerade vom Witmarkt her einbiegt!«
»Komm mir ja nicht in die Quere, Barthel, sonst saufst an Liter Essig ex – und wenn ich dich dabei anbinden und ihn dir ins Maul schütten muss«, plärrte Johanna fuchsteufelswild.
»Ruhe. Seids jetzt doch still, sonst schick ich euch alle mit dem ganzen Krempel heim. Der Festzug kommt, und hier wird nicht geschimpft und geschrien. Es reicht jetzt.«
Leider hatte Johanna in ihrer Wut die herannahende Stadtwache zu spät gesehen! Ertappt senkte sie schnell den Kopf. So weit käme es noch, dass sie der Meisterin erklären musste, warum sie ausgerechnet beim Festzug, wo man das Geschäft seines Lebens machen konnte, des Platzes verwiesen wurde. Zu lang hatten sie und die Büßerinnen auf diesen Tag hingearbeitet, wo das Geld der Wiener und vor allem das der Gäste sehr locker saß. Warum nur ließ sie sich immer so hinreißen? Der Neid über ihre gute Ware war den anderen doch ins Gesicht geschrieben. Niemand in Wien hatte fruchtigere Essigbirnen, aromatischere Marillen oder reifere Essigzwetschken anzubieten. Und das im Frühling, wo sich jeder nur mehr von eingesalzenen Heringen und Sauerkraut ernähren musste! Kein Wunder, dass sie schon fast ausverkauft war! Beruhigt klopfte sie auf ihren prallen Geldsäckel unter der Kutte und mit einem breiten Grinsen wandte sie sich ihrer Konkurrenz zu.
»Ja, euren Wein könnt ihr selber saufen, der ist geschenkt. Nur satt wird man halt nicht davon, nur deppert und bled. So Yrmel, du kannst jetzt schon die restlichen Krüge und Töpfe da heraufstellen, mei, was haben wir zwei heute schon alles verkauft!«
Damit nickte sie den Umstehenden triumphierend zu, wandte sich mit Interesse zum Festzug, der gerade mit lautem Getöse an den Standeln am Milchgraben vorüberzog.
»Also der Herzog schreitet auch ziemlich hochnasig daher«, raunte sie Yrmel zu, »aber die Braut, ich glaub, Beatrix heißt die, die schaut mir ganz praktisch her …«
»Aus Nürnberg soll’s sein …«, flüsterte Barthel, der sich unbemerkt an die Seite Johannas geschlichen hatte und verlegen ihren Unterarm tätschelte. Weil er halt so ein alter Depp ist, dachte Johanna und ließ ihn gewähren.
»Wer ist denn das jetzt wieder«, überlegte sie laut, als sie einen hoch aufgerichteten, dürren, ganz in schwarz gekleideten älteren Mann sah, der starr vor sich hin blickte.
»Das ist der Hofmeister, der Fichtenstein«, meinte Barthel, »in den Schenken reden s’, dass der die Braut nicht so gut leiden mag.«
»Klar, weil er dann nicht mehr machen kann, was er will. Mit dem Albrecht allein hat er bisher ja leichtes Spiel ghabt. Scheint ja wirklich ein kluges Köpfchen zu sein, die Beatrix!«, meinte Johanna.
Da rempelte Yrmel sie barsch in die Seite, und als Johanna gerade fragen wollte, welcher Teufel sie jetzt geritten hatte, so grob zu sein,
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