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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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holen können!«
    Busch stand bleich vor seinem Schreibtisch.
    »Das werden wir ja sehen. Ich bringe Sie vor Gericht.«
    »Reden Sie doch kein dummes Zeug. Sie wissen genau, daß sich das Gericht mit solchen Sachen nicht befaßt … Und wenn Sie denken, Sie können mich erpressen, so ist das noch dümmer, denn ich mache mir gar nichts draus. Ein Kind, das ist ja nur schmeichelhaft für mich, sage ich Ihnen!«
    Und da die Méchain die Tür versperrte, mußte er sie beiseite drängen, sich an ihr vorbeiquetschen, um hinauszugelangen. Sie erstickte fast vor Wut, mit ihrem Flötenstimmchen schrie sie ihm auf der Treppe nach:
    »Sie Schurke! Sie herzloser Mensch!«
    »Sie hören noch von uns!« brüllte Busch und knallte die Tür zu.
        Saccard war so gereizt, daß er seinem Kutscher befahl, direkt nach Hause zu fahren, in die Rue Saint- Lazare. Er hatte es eilig, mit Frau Caroline zu sprechen, er redete sie ohne jede Verlegenheit an und schimpfte sie gleich aus, weil sie die zweitausend Francs gegeben hatte.
    »Aber meine liebe Frau Caroline, man rückt doch nie so einfach Geld heraus … Warum, zum Teufel, haben Sie gehandelt, ohne mich um Rat zu fragen?«
    Erschüttert darüber, daß er die Geschichte endlich erfahren hatte, blieb sie stumm. Also hatte sie doch Buschs Handschrift richtig erkannt, und jetzt hatte sie nichts mehr zu verheimlichen, weil ein anderer ihr die Sorge, alles gestehen zu müssen, abgenommen hatte. Indessen zögerte sie immer noch; sie schämte sich für diesen Mann, der sie so ungeniert ausfragte.
    »Ich habe Ihnen Kummer ersparen wollen … Dieses unglückliche Kind war ja so verwahrlost! Schon lange wollte ich Ihnen alles erzählen, wenn nicht ein Gefühl …«
    »Was für ein Gefühl? Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich verstehe überhaupt nichts.«
    Sie versuchte nicht, sich zu rechtfertigen, sich weiter zu entschuldigen; Traurigkeit und Abscheu vor den Dingen erfüllten sie, die sonst so mutig im Leben war. Indessen erging er sich, tatsächlich verjüngt, in Ausrufen des Entzückens.
    »Der arme Bengel! Ich werde ihn sehr gern haben, glauben Sie mir … Sie haben sehr gut daran getan, ihn ins ›Werk der Arbeit‹ zu stecken, damit er etwas manierlicher wird. Aber jetzt holen wir ihn da heraus und geben ihm Lehrer … Morgen besuche ich ihn, ja, morgen, wenn ich nicht allzu beschäftigt bin.«
    Am nächsten Tag war Sitzung, und es vergingen zwei Tage, dann die ganze Woche, ohne daß Saccard einen Augenblick Zeit fand. Er sprach zwar noch oft von dem Kind, schob aber seinen Besuch auf und überließ sich dem über die Ufer getretenen Strom, der ihn mit fortriß. In dem hektischen Fieber, von dem die Börse noch immer geschüttelt wurde, war der Kurs Anfang Dezember auf zweitausendsiebenhundert Francs geklettert. Das schlimmste war, daß die alarmierenden Nachrichten zugenommen hatten, daß die Hausse galoppierte, während das Mißbehagen anwuchs und unerträglich wurde: man verkündete jetzt ganz laut die unvermeidliche Katastrophe, und trotzdem stiegen die Aktien, stiegen unaufhörlich dank der beharrlichen Kraft jener wundergläubigen Verblendung, die sich dem Augenschein verschließt. Saccard lebte nur noch in der übertriebenen Fiktion seines Triumphes, wie ein Glorienschein umgab ihn dieser Goldregen, den er auf Paris niedergehen ließ. Indes war er feinfühlig genug, um zu spüren, daß der Boden unterhöhlt war, Risse bekommen hatte und unter ihm nachzugeben drohte. So blieb er zwar bei jeder Liquidation Sieger, aber er hörte nicht auf, gegen die Baissiers zu wettern, deren Einbußen bereits fürchterlich sein mußten … Am meisten erbitterte ihn, daß er, wie er sagte, neben Gundermann, der sein Spiel machte, andere Verkäufer witterte, vielleicht Soldaten der Banque Universelle, Verräter, die zum Feind überliefen, die in ihrem Glauben erschüttert waren und in aller Eile ihre Aktien verkauften.
    Eines Tages, als Saccard seiner Unzufriedenheit in Gegenwart von Frau Caroline Luft machte, glaubte diese, ihm alles sagen zu müssen.
    »Sie wissen, mein Freund, daß ich auch verkauft habe … Ich habe vorhin unsere letzten tausend Aktien zum Kurs von zweitausendsiebenhundert verkauft.«
    Er war niedergeschmettert, als hätte sie den schändlichsten Verrat begangen.
    »Sie haben verkauft? Sie? Mein Gott!«
    Sie hatte ihn bei den Händen gefaßt, drückte sie ihm, aufrichtig bekümmert, und erinnerte ihn daran, daß sie und ihr Bruder ihn gewarnt hatten. Hamelin, der immer noch in Rom

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