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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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irgendetwas, das er mir angetan hatte, als wir uns das letzte Mal trafen oder einfach durch die Jahre, und vielleicht hätte er das auch verdient. Aber ich war ganz klarsichtig und erleuchtet durch das Wiedersehen, setzte mich zu Manni auf das Sofa und hatte das Gefühl, einen historischen Augenblick zu erleben.
    Und natürlich geschah nichts, wie meistens in historischen Augenblicken. Manni gelang es, sich zu räuspern und zu fragen, was es im Fernsehen gäbe, aber ich bemerkte nicht einmal, ob Baddi antwortete. Dagegen sah ich, wie gealtert und eingefallen er war, das Gesicht von tausend Falten überzogen, die Augen hatten ihre Farbe verloren, und die Zähne waren seltsam. Er hatte offensichtlich keine Zähne im Unterkiefer, und der Oberkiefer war auch etwas verfallen, so dass er immer die Hand über den einen Mundwinkel hielt, wie um das Gebiss zu verstecken.
    – Wollt ihr euch kein Bier holen, Jungs?, sagte er dann, und wir hätten das auch gern getan. Aber da war Daisy zu uns hereingekommen und klingelte mit den Autoschlüsseln. – Wollt ihr nicht mal wieder vorbeischauen?, fragte Baddi, als wir
uns davonmachten, und wir meinten, durchaus. Gleich morgen.
    Die Fahrt dauerte ungefähr zehn Minuten, und dann waren wir wieder auf der Crossroad Ranch. Die Hütte des Schweinehirten schien sich zwischen den Stallungen zu befinden. Als wir hineinkamen, saßen Bóbó und Rodney immer noch am Küchentisch, doch die Bierdosen um sie herum hatten sich vervielfacht. Bóbó war rot, lächelte, besoffen bis unter die Schädeldecke. Er fragte nichts, sondern sagte, kaum dass er uns sah:
    – Dieser Schweinehirt ist wirklich ein Oberidiot! Er ist so blöd und einfältig und hirnlos, dass man sicher Eintritt verlangen könnte für ihn!
    Ich erschrak und war in Todesangst, dass Bóbó angefangen haben könnte, den Gastgeber zu beschimpfen und damit alles für uns zu zerstören, aber Bóbó wandte sich einfach wieder an Rod, vornehm und freundlich, wie er nur sein kann, und sagte: – I was just telling my brother about the interesting conversations we’ve been having.
    Ich sah am Schnauzer des Schweinehirten, dass er höchst zufrieden war. Bóbó hob mir zuprostend die Dose: – Es gibt gutes Bier bei dem Idioten.
    Es ging auf drei Uhr zu, und es waren im Kinderzimmer Betten für uns hergerichtet worden, so dass Manni und ich einfach schlafen gingen. Er warf sich voll angezogen auf das Lager und begann sofort, mit offenem Mund zu schnarchen, während Bóbó mit Rodney vorn in der Küche sitzen blieb; sie waren beide unnatürlich laut geworden, obwohl der Schweinehirt eher eine leise Stimme hatte. Der Klang von Bóbós Lügengeschichten, mit denen er den Schweinehirten vollredete, drang zu mir herüber; über seine Großleistungen in den Billardsalons, Wettbewerbe, die er hier und dort und überall gewonnen hatte, seine Bekanntschaft mit irgendwelchen Minnesota Fats,
und manchmal hörte man Rodney seine Zustimmung seufzen. Er fragte dann, weswegen wir in diese Gegend gekommen wären. Bóbó sagte, er habe die Idee bekommen, eine Billardschule zu gründen, a pool room academy.
    – Und die anderen beiden Jungen, fragte Rodney, der Schweinehirt, – was arbeiten die?
    – Ja, die sind Bäcker, antwortete Bóbó. – Eigentlich sind sie deshalb hier unterwegs, weil sie nach einem geeigneten Ort suchen, um eine Bäckerei zu eröffnen. Ich habe mich ihnen als Reiseführer und Dolmetscher angeschlossen.
    Ich zog mir die Decke bis über den Kopf und kicherte ins Kissen. Schlief schließlich ein bei einer langen und verwickelten Geschichte Bóbós, wie er einmal auf Haifischfang war und in einen Zweikampf mit einem Riesenfisch geriet, bei dem er einen Teil des rechten Beins verlor.
     
    Es war Samstagmorgen, als ich wieder im Haus des Schweinehirten erwachte. Bóbó und Manni schnarchten beide. Irgendwie war dies ein so alltäglicher Morgen, dass ich das Gefühl bekam, diese ganze Fahrt sei nichts als leeres Geschwätz und sinnloser Aktionismus; hierher waren wir drei gekommen, erfüllt von irgendeiner idiotischen Anspannung und Erwartung, hatten uns gegenseitig davon überzeugt, dass wir hier großartige Neuigkeiten und Erlebnisse finden würden, die alles bisherige übertrafen, doch nun sah ich mich um, auf dem Fußboden eines ganz gewöhnlichen Kinderzimmers, und das Geräusch von einem Küchenstuhl, der über den Boden gezogen wurde, und die leise Stimme eines Radiosprechers klangen zu mir herüber.
    Hier lebten ein paar Leute ihr

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