Das Gelobte Land
Jungs.
Dann begann er, sich vorsichtig nach unserem Reisezweck zu erkundigen. – Nur so gekommen, um eurem Onkel Baddi hi zu sagen?, fragte er und lächelte schief und hob seine Hand zum Mundwinkel, jedoch nicht hoch genug, um zu verdecken, dass alle Zähne auf der rechten Seite des Oberkiefers entfernt worden waren. Aber nach zwei weiteren Bieren konnte er sich zu dieser Schauspielerei nicht mehr aufraffen, lächelte
einfach, so dass dieses entsetzliche Gebiss offen vor einem lag. Er war in aufgeräumter Stimmung und offensichtlich auf alles gut zu sprechen; Manni wurde bald aufgekratzt und laut und fing an zu fragen, ob das nicht ein paar Jammergestalten seien, die Gruppe an der Bar dort, aber Baddi wehrte nur lässig mit der Hand ab und sagte: – Das sind nur solche Honkeys wie ich und du. Aus der Jukebox klang irgendein fürchterliches Countrygedudel, so dass ich aufstand, um die Sache zu erkunden, kam dann rot im Gesicht und freudig erregt zurück, hatte Hello Mary Lou mit Ricky Nelson gefunden und rief Baddi entgegen: – Erinnerst du dich nicht daran?! Und Baddi hielt die Hand hinter das eine Ohr und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, brauchte offenbar einige Zeit, um sich zu konzentrieren.
– Mary Lou, sagte er dann. – Du erinnerst dich daran. Übrigens, ich hab im Tiwi was gesehen, Mann, über diesen Typen da, Bóbó, von den Rollings, wie heißt er, Richards, Cliff Rich … oder wie war das …
– Keith!, riefen wir, – gab’s etwas über Keith Richards?!
– Ja also, die können ihn nicht in Frieden sehen! Sie haben ihn abgeführt, raus in eine Black Mary, Mann, handcuffs und alles. Ich meine, was hat der Mann getan? Genauso ist es auch mit mir, ich darf nicht mal sagen, hey watch out man, schon kommen die Bullen, völlig verrückt. Nie lässt man uns in Frieden!
– Es gibt einfach niemals Frieden!, rief Bóbó, der ruhig dagesessen hatte. Dann schlug er auf den Tisch, dass alles wackelte und zitterte: – Nirgendwo auf der Welt Frieden für so ein gott-verdammtes Geschwätz und Getue!
Er war schon wieder auf dem besten Wege, sich zu betrinken. Das war offensichtlich. Ich begann, ihm heimlich Zeichen zu geben, dass er sich entspannen sollte, hatte etwas Angst,
dass zu viel Lärm Baddi zum Saufen bringen würde, dass er anfinge, Branntwein zu trinken, und dann würde das alte Unwesen wieder beginnen, und das wollte ich nicht auf mein Gewissen laden. Aber als Bóbó meine Fingerzeige bemerkte, ging er in die Luft; zischte mir, von Baddi inspiriert, auf Englisch zu: – No more big brother stuff mit mir hier! und verließ eilig den Tisch.
Doch Baddi saß immer noch bei Manni und mir, und wir versuchten, ihn dazu zu bringen, von den alten Zeiten zu erzählen. – Erinnerst du dich an den Wintergarten, Baddi? Erinnerst du dich an den Anker, den du aus Amerika mitgebracht hast? Hör mal, Baddi, aber dieser Bóni Moróní, war das nicht ein ziemlich verrückter Typ? Erinnerst du dich noch an das Alte Haus, Baddi? Er riss abwechselnd die Augen auf und schloss sie wieder, hatte offensichtlich voll damit zu tun, uns zu folgen und die Müdigkeitsfalten in seinem Gesicht verzogen sich in alle Richtungen. Außerdem spielten wir hundertmal Mary Lou und Promised Land mit Chuck Berry, das wir auch dort fanden, und sangen mit, und Manni hatte Freudentränen in den Augen und sagte irgendwann, als Baddi auf die Toilette gegangen war:
– Mundi, wir erleben gerade einen historischen Augenblick.
Bóbó saß am Bartresen, schwarz und düster, und sprach mit irgendwelchen Hillbillies. Als Baddi wieder erschien, ging er dorthinüber und setzte sich auf einen Barhocker neben Bóbó. Aber Manni und ich blieben nicht lang allein sitzen, denn ich rief nach Oma, die sich mit irgendeiner Frau dort unterhielt, und befahl ihr, sich zu uns zu setzen. Sie stand noch immer im Mantel dort und hatte sich noch nichts zu trinken besorgt, also fragten wir, ob wir sie nicht zu etwas einladen dürften.
– Für mich einfach einen Doctor Pepper, sagte sie. Sah sich dann um und seufzte glücklich, zündete sich mit Eleganz eine
Zigarette an und sagte: – Holt ihr euch ruhig noch ein Bier, meine guten Jungen. Jaja.
Sie war toll. Ich fühlte sofort, was für ein Glück es war, eine solche Oma zu haben. Ich wurde von dem Bedürfnis ergriffen, ihr zu sagen, dass ich sie lieb hatte, aber tat es natürlich nicht. Nutzte dagegen die Gelegenheit, uns Verschiedenes über die Leute an diesem Ort von ihr erzählen zu lassen: – Wer war
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