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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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Baddi stand auf. Etwas wurde zwischen ihnen besprochen, dem harten Burschen und der Wahrsagerin mit der Börse, vorn bei der Küchentür, und wenig später warf Baddi die Haustür hinter sich zu, zog hinaus in den Nieselregen, und man hörte ihn beim Gehen Elvis-Arien grölen.
    – Er ist weg, der verdammte Idiot, sagte Hafdís mit dünner Stimme, schniefte und spähte aus dem Fenster im ersten Stock. Um einiges erleichtert stand Bóbó auf und kam auch ans Fenster. Aber es wurde gleich wieder schwarz um ihn, als er den Onkel davonwanken und beim Gehen einen hübschen Packen Geldscheine zählen sah. Natürlich hatte ihm die Alte Geld gegeben. Das letzte Geld, das sie zu Hause gehabt hatte wahrscheinlich. Um dem Schwein Geld für Branntwein zu schenken, hatte sie immer genug, selbst wenn das Kind vielleicht keine Milch bekam. Er legte sich wieder auf das Sofa und fühlte, dass es nichts Bittereres auf der Welt gab, als zu sehen, wie andere das Geld ausgaben, das einem selbst zugestanden hätte.
     
    Doch Baddi kam zurück. Nichts konnte verhindern, dass er in die Neue Hütte zurückkehrte, und diesmal dauerte es nur wenige Stunden, nachdem die alte Frau ihn mit dem geschenkten
Geld aus der Kleingeldbörse fortgelockt hatte. Es war schon spät am Tag, und Ruhe hatte sich über das Haus gesenkt. Bóbó war dabei, das Gleichgewicht wiederzufinden, und mit neuerwachter Hoffnung in der Brust, dass sein Onkel sich vorerst nicht wieder blicken lassen würde. Er brauchte Frieden, um sich im Leben zu orientieren und zu überlegen, welche Richtung es nehmen könnte, und das Kind war gerade eingeschlafen, nachdem Dísa es Ewigkeiten auf- und abgetragen hatte und sie nun alle auf Zehenspitzen gingen, um keinen Lärm zu machen.
    Da flog die Haustür auf und dieser übliche Ruf: – Darf ich reinkommen?!, dröhnte durch das Haus. Dann war er auch schon drinnen, mit zwei Verbrechern in seiner Begleitung, irgendwelche zwielichtigen Saufkumpane, die er in der Gosse aufgegabelt und zu seiner Oma nach Hause eingeladen hatte. Sie warfen sich in die Sessel im Wohnzimmer, die Füße und Flaschen mit irgendwelchem Fusel kamen auf den Sofatisch; sie sprachen wenig, zumal sie volltrunken und erschöpft waren. Bóbó lugte vorsichtig hinein, um sich ein Bild vom Stand der Dinge zu machen, und erkannte gleich den einen der Genossen, den Kiddi Messerstecher, einen altbekannten Raufbruder und Zuchthausinsassen. Bóbó erschrak, wollte sich für eine Weile zurückziehen und dort in der halbgeöffneten Tür nicht blicken lassen, doch Baddi bemerkte ihn, richtete den Zeigefinger wie eine Pistole auf ihn und sagte: – Kill you for nothing.
    Nachdem sie alle ihre Trägheit überwunden hatten und wieder warm geworden waren, begannen sie zu lärmen, standen auf und setzten sich zu lautstarken Gesprächen und ungehemmter Fröhlichkeit in die Küche. Hängten sich dann ans Telefon und versuchten, überall anzurufen, schrecklich wichtig. Gerieten in eine riesige Auseinandersetzung mit der Telefonistin
in der Taxizentrale, und Bóbó, der oben in seinem Zimmer saß und Fingernägel kaute, musste mit anhören, wie sie noch mehr Leute zu sich einluden. Als ob es ein Spaß wäre, so was wie eine ganze, betrunkene Trawlerbesatzung ins Haus zu kriegen!
    Hafdís beschloss, schnell das Nötigste einkaufen zu gehen, wollte diesem zur Trinkeranstalt umfunktionierten Heim einen Augenblick entkommen. Bóbó blieb an der Wiege zurück.
    Er versuchte, sich Möglichkeiten auszudenken, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Saß und versuchte eine Ewigkeit, darüber nachzudenken, wie auf Nadeln, dass das Kind aufwachen und erschrecken könnte, weil seine Mutter nicht da wäre. Aber schließlich gab er auf, darüber nachzudenken, und ging hinunter auf die Toilette. Schloss fest hinter sich ab, um keine betrunkenen Werwölfe zu sich hineinzulassen, und versuchte, die Zeit an diesem Zufluchtsort zu nutzen, um das Summen in seinem Kopf abzustellen. Zu allem Überfluss hatte er noch eine halbe Magenkolik bekommen.
    Bóbó wurde hochgerissen durch einen Schreckensruf von Hafdís, einem entsetzlichen Schmerzensschrei, und mit heftigem Herzklopfen stürmte er nach vorn, versuchte, im Laufen seine Hose zuzumachen. Woher war das gekommen? Vor der Badezimmertür blickte er sich ratlos um und sah dann Kiddi Messerstecher die Treppe hinunterrennen. Dísa hatte diesen Verbrecher über die Wiege des Kindes gebeugt überrascht. Sie wurde von Entsetzen geschüttelt, als sie die

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