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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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großen, braunen Papiertüte im Arm herein. Als ob sie nur schnell zusammen einkaufen gewesen wären. Riefen beide hi ins Wohnzimmer und gingen dann in der Küche an die Arbeit.
    Ich hatte schrecklichen Hunger, so dass ich mit dieser Entwicklung der Dinge sehr zufrieden war, nicht zuletzt natürlich damit, dass offensichtlich so getan werden sollte, als ob nichts vorgefallen sei. In der derzeitigen Situation passte mir dieses Leugnen der Realität ausgezeichnet. Ich versuchte, die Jungs zum Aufstehen zu bringen, und es gelang mir, Bóbó unter Zischeln und Rütteln zurück auf die Erde zu holen. Manni zu wecken war dagegen wie zu erwarten nicht möglich, da er offensichtlich nicht schlief, sondern nur die Augen geschlossen hielt.
    Wir Halbbrüder gingen und setzten uns zu den Eheleuten in die Küche. Ich wünschte einen guten Morgen und lächelte gezwungen, doch Bóbó ließ sich einfach auf die Küchenbank fallen, ungekämmt und heiser in seinem guten Anzug. Wir
schwiegen einige Minuten, nur dass der Schweinehirt so einigem zustimmte, was gar nicht gesagt worden war, und viel mit dem Kopf nickte. Ich grübelte darüber nach, womit man ein Gespräch eröffnen könnte, aber mir fiel nichts ein. Bóbó hatte vielleicht über das gleiche nachgedacht, denn er brach das Schweigen, räusperte sich, drehte sich zu Rodney und fragte liebenswürdig: – How are the pigs today? Aber da klingelte das Telefon, schrill und beunruhigend.
     
    Alles in Aufruhr. Am anderen Ende war Billy the Kid in eigener Person, stammelnd und nuschelnd und völlig außer sich vor Schreck. Er rief von einem Kiosk in der Nähe der Wohnwagensiedlung an: – Onkel Baddi ist völlig ausgerastet, er hat die alte Frau, seine Mutter, misshandelt, alles im Mobilhome kaputtgeschlagen, und ist geflüchtet. Daisy stampfte und hüpfte bei diesen Nachrichten in der Küche herum, während wir Brüder und Rod entsetzt zusahen und die Jesus-Rufe hörten und verstanden, dass sich etwas Großes ereignet hatte. Aber was? Dann legte Daisy auf und berichtete uns die Neuigkeiten; sie musste sich erst einmal mit fahrigen Handbewegungen eine Zigarette anzünden und verbrauchte eine halbe Streichholzschachtel in zwanzig Sekunden.
    Ich erschrak so über diese Sache, dass ich mich ganz zusammenkrümmte. Ein Gefühl hatte, als ob ein großer Wasserfall über mich hinwegströmte. Doch Bóbó wurde feuerrot, und man sah die Schlagadern an den Schläfen hervortreten. Entschlossen wie ein Sportlehrer stand er auf und befahl mir, auf die Beine zu kommen: – Wir fahren sofort los. Daisy, du fährst uns!
    Ich zog meine Schuhe an und hängte mir die Jacke um, und Bóbó schnippte mit den Fingern, als er zur Tür hinausstürzte; ich sollte mich beeilen. Der Schweinehirt saß verwirrt am
Küchentisch, und Manni hing noch immer im Wohnzimmersessel, aber ich konnte ihm nicht einmal einen Abschiedsgruß zurufen, weil der Rambler bereits anfuhr, als ich gerade noch die hintere Tür aufreißen und mich auf den Rücksitz werfen konnte. Es hatte begonnen zu regnen, und die Scheibenwischer schlugen auf der Windschutzscheibe hin und her.
     
    Der Anblick, der sich uns an der Kreuzung hinunter zur Wohnwagensiedlung bot, ist eine dieser Momentaufnahmen, die im Gehirn entwickelt werden und dort bleiben, während einem der Atem stockt. Dort warteten die drei im Regen auf uns, Oma im Bademantel, das Gesicht zum Himmel gehoben und mit einem Geschirrtuch über Nase und Mund, und auf beiden Seiten von ihr je einer, wie um die alte Frau zu stützen oder sich viel eher auf sie zu stützen, Klara Louise, unsere behinderte Tante, und ihr Verlobter Billy the Kid im hellblauen Cowboyanzug.
    Daisy machte mit dem Rambler eine Vollbremsung, und sie stiegen zu mir auf den Rücksitz: Oma wie in Großbuchstaben durch das Geschirrtuch sprechend, aber kein Wort war zu verstehen, und ihre Rede ging in unverständlichen Ausrufen von Klara und dem lauten Zähneklappern des Cowboys unter. So viel wurde jedoch klar, dass Baddi noch immer im Mobilhome war, und dorthin wollte Oma, dass wir zuerst fuhren, nicht in die Unfallambulanz neinneinnein, sie nahm sogar das blutige Geschirrtuch vom Gesicht, um das deutlich zu machen.
    Billy und Klara begannen, ängstlich zu jammern, als wir uns dem Wohnwagen näherten. Bóbó hatte noch immer einen roten Kopf, aber befahl mir trotz allem mit autoritärer Stimme und Fingerschnippen, ihm zu folgen, hinein in die Hütte, und der Cowboy bat Gott, unsere Kühnheit und männliche

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