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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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Mann im Netzunterhemd über die Schulter und betrachteten die Bilder voller Interesse, und auch Bella kam erwartungsvoll und gespannt von der Spüle herüber und trocknete sich die Hände mit einem Geschirrtuch ab, aber als ihr Freund bemerkte, dass sie ebenfalls ihre Nase in die Bilder stecken wollte, drehte er sie schnell um, schlug die Faust auf den Tisch und sagte drohend:
    – You go back to your dishes!
     
    Manni und ich wollten gern mehr wissen über Charlie Brown. Er hatte also eine neue Frau, ja! Eine junge! Und bildschön vielleicht?
Ja, wir würden sie ja vielleicht später am Tag oder am Abend treffen, wenn wir so lange blieben; ansonsten wären die beiden sicher nur in der nächsten Kneipe, gleich vorn an der Ecke. Dort verbrachten sie ihre Tage, das jungvermählte Paar, ihren Honigmond.
    Wir überredeten Daisy dazu, mit uns hinüberzugehen, und auch der Bellageliebte, von dem sich herausstellte, dass er Dick hieß, schloss sich uns an. Es waren nur zwei Minuten Fußweg im Sonnenschein, bis wir zu einem Haus kamen, das aussah wie eine isländische Coop-Außenstelle auf dem flachen Land.
    Die örtliche Kneipe.
    Aus dem sonnenhellen Tag war es, als ob man in schwärzeste Finsternis käme; verbrauchte Luft und lautes Stimmengewirr. Ich wurde von einer Art Angst ergriffen und hielt mich hinter den anderen. Kannte natürlich niemanden dort außer Charlie Brown, den ich nie gesehen hatte außer auf uralten Fotos, Hochzeitsbildern von ihm und Oma Gógó. Als sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich mich um, aber erkannte auf den ersten Blick niemanden, der mich an den dunkelgekleideten Gentleman erinnert hätte, den Oma zu ihrer Zeit geheiratet hatte. Aber da rief Daisy nach mir, die dort mit den anderen an der Bar stand, neben einem alten, glatzköpfigen Zwerg an der Seite einer riesigen Frau um die Zwanzig, die an einen Gewichtheber erinnerte.
    – Come on Mundi, meet Charlie Brown.
    Ich kam zögernd hinüber, und da reichte mir der Zwerg die Hand und sagte mit heiserer, schriller Stimme:
    – So you’re Dolly’s son.
    Kaum dass er zu Ende gesprochen hatte, stieß die junge Gewichtheberin an seiner Seite einen gellenden, langgezogenen Schmerzensschrei aus, dass Manni und ich zusammenfuhren. Es war, als ob ihr jemand ins Gesicht geschlagen hätte. Aber
dann beruhigten wir uns, denn nachdem der Schrei so eine halbe Minute gedauert hatte, stellte sich heraus, dass das ein Lachen war; ein Lachen, das die Musik und alles, was in der Kneipe gesprochen wurde, übertönte; und das lange auf dem gleichen Ton anhielt, an der Grenze zum Schmerzensschrei. Aber die anderen Kneipengäste sahen kaum hoch, schienen etwas derartiges schon früher gehört zu haben.
    Ich setzte mich zu Charlie, und er war die Freundlichkeit in Person; rotes Gesicht, die ganze Zeit ein Lachen unterdrückend. Er gab dem Ober ein Zeichen, mir ein Bier zu servieren, und sah mich voller Freundschaft an.
    Aber wir hatten uns nicht viel zu sagen. – Is this your wife?, fragte ich. Er nickte mit dem Kopf, während die Ehefrau den gleichen Schrei wie zuvor ausstieß. Charlie wurde von dieser Fröhlichkeit angesteckt und lief bei seinem Lachanfall blau an, und als die Frau wieder schwieg, nickte er mir ständig zu und sagte: – She’s really something! Und da prustete die junge Gewichtheberin aufs neue los; viel Witziges hatte sie schon gehört, aber das übertraf doch das meiste; und ich bemerkte sogar, dass die Billardspieler am anderen Ende des Raumes eine Pause in ihrem Spiel machten und sich auf ihre Queues stützten, solange der Anfall anhielt.
    Und so saßen wir einige Zeit, schwiegen zusammen und betrachteten einander mit freundlichen Augen, und Charlie blinzelte und nickte die ganze Zeit und sagte in Fünfminutenabständen etwas über seine Ehefrau; immer mit der gleichen Folge, der Schrei zerriss die Luft wie ein Donnerschlag.
    Aber dann kamen wir an einen Punkt, an dem Charlie nichts Witziges mehr auf Lager hatte. Er hatte darauf hingewiesen, dass sie groß war und dass sie schwer war, und er war ihr auch mit seiner Hand zwischen die massigen Schenkel gefahren, und all das war gleichermaßen zum Lachen gewesen. Aber
dann kam längere Zeit nichts, und man sah, dass er sich den Kopf zerbrach; es sah so aus, als ob ihm nichts mehr einfallen wollte. Ich war schon dabei, das Warten aufzugeben, und hätte mich sicher anderen Dingen zugewandt, wenn er mir nicht die ganze Zeit zugezwinkert und angezeigt hätte, dass es jetzt

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