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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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aber um unsere Achtung vor diesen merkwürdigen alten Männern zu zeigen, hörten wir trotzdem voller Aufmerksamkeit und Interesse zu und wollten uns danach ehrerbietig verabschieden. Aber sie waren mit ihrer Hilfsbereitschaft noch nicht am Ende, und einer von ihnen stand auf, legte seine Karten hin, schob seinen Hut zurecht und bat uns dann, ihm zu folgen. Er war mindestens zwei Meter groß, aufrecht wie ein Baum und gertenschlank, und bestimmt um die siebzig. Knöchellanger, aufgeknöpfter leichter Mantel, Halstuch, Gürtel mit großer Bronzeschnalle. Er ging in seinen Cowboystiefeln in würdevollen Schritten vor uns her, an die nächste Straßenecke, wo einige Taxen warteten, hielt bei dem ersten und sagte zu dem Fahrer: – You can Take these three fine young gentlemen from Europe to the place called: Thank God It’s Friday . Der Fahrer nickte mit ergebenem Gesicht, wir stiegen in das Auto, und der alte Kuhtreiber winkte uns zum Abschied: – You watch out now, you hear!
    Das Auto hielt in einer beleuchteten Straße, in der lebhaftes Treiben herrschte. Leuchtschilder an jedem Haus, Essensgeruch, Restaurants mit Reihen von Tischen auf beiden Seiten des Gehsteigs, Musik und Stimmengewirr in der Luft, umherschlendernde
Leute. Und dort war das Lokal, Gott sei Dank ist es Freitag stand auf einem großen Schild über der Tür.
    Vielleicht hatten wir etwas Spannenderes erwartet. Es war ein furchtbar normales Restaurant, relativ groß; in einem Teil saßen die Ehepaare zu Tisch, in einer anderen Ecke war die Bar und die jüngeren Leute dort an den Tischen verteilt. Wir suchten uns einen angenehmen Platz am Fenster und sahen eine Zeit lang hinaus ins muntere Treiben. Eine Frau, die mit einem Tablett und einer großen Geldtasche am Gürtel herumging, brachte uns unsere Bestellung und rief zu den nächsten Tischen hinüber, dass sie gleich käme. Wir saßen eine Weile dort und lauschten auf das laute Stimmengewirr und beobachteten die Leute und versuchten manchmal, uns durch den Kneipenlärm zu unterhalten. Irgendwann gegen Mitternacht schlenderten wir hinaus.
    Wir machten noch ein paar weitere solche Restaurants auf beiden Seiten der Straße durch, doch fühlten uns überall irgendwie fremd, wie es vielleicht nur zu erwarten war. Wir waren eigentlich schon an einen Punkt gekommen, wo wir unsere Sachen packen und woanders hingehen wollten, vielleicht nur zurück ins Hotel, als wir uns gerade in einem dieser Vergnügungsorte in der Straße befanden. Wir hatten uns Bier in Krügen bestellt und saßen an einem Tisch und beschlossen, noch eine Runde zu trinken, bevor wir uns verabschiedeten. Hinter der Bar stand ein junger Mann, ein Typ ungefähr in unserem Alter, der die Bestellung entgegennahm, und der bemerkte, dass wir Ausländer waren. Woher wir kämen? – Aus Island, wow, ist das nicht in Europa? Willkommen! Und als er uns das Bier brachte, eine große, volle Kanne, eine Milchkanne, aus der man sich in die Gläser schenkte, und wir uns ans Bezahlen machen wollten, sagte er, dass diese Runde auf Kosten des Hauses ginge.

    Und als wir diese Kanne soeben leerten, kam eine neue und randvolle, ohne dass wir um Bezahlung gebeten wurden, und so ging es eine ganze Weile; die Bedienungen kamen manchmal an unseren Tisch und fragten, ob es uns gutginge und sagten, dass es ihnen eine Ehre sei, dass wir uns dazu herabließen, dieses Lokal zu besuchen. Wir wurden kurzgesagt wie Staatsoberhäupter behandelt, und als wir sahen, dass man dabei war, das Lokal zu schließen, und die Gäste allmählich aufbrachen, konnten wir uns nicht rühren vor bis zum Rand gefüllten Bierkannen, die nur so über uns hereinregneten. Wir schafften es nie, sie soweit zu leeren, dass wir mit gutem Gewissen hätten aufstehen können, und nach einiger Zeit waren alle gegangen außer den Angestellten und uns und einigen anderen Ehrengästen. Dann wurden die Türen verschlossen und die Vorhänge zugezogen und die Bar zur Selbstbedienung geöffnet: Hier wurde eine Privatparty eröffnet.
    Die Leute dort waren unterhaltsam, sie lachten und erzählten Geschichten und äfften einander nach und spielten Musik, die durch das ganze Lokal dröhnte, und tranken sich um Sinn und Verstand. Sie fanden Europa und die Europäer spannend, ahmten Italiener und Deutsche nach, fanden die Briten lustig mit ihrem früheren Empire und dem versnobbten Akzent, und dann begann der junge Mann an der Bar, sich über die Schweden lustig zu machen, wurde sentimental und moralisierte über

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