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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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herausstellte, dass es sich dabei größtenteils um verschieden gut erhaltene Fetzen des guten, alten Karo Buben handelte. – Das sind Museumsstücke!, rief Manni und steckte die Blätter ein, obwohl ich versuchte zu protestieren.
    Ich wollte langsam von hier wegkommen, hatte mehr als genug gesehen. Und Manni stimmte zu, noch einen Erkundungsgang über das Gelände und dann zurück ins Auto.
    Hinter dem Wohnhaus befanden sich Müllhaufen. Gewöhnlicher Müll in Plastiktüten, dazwischen verschiedene ausgemusterte Gegenstände, eine alte Reisetasche, ein verbogenes Fahrrad, ein verrotteter Weidenkorb, ein kaputter Herd, Autoreifen, eine rosa Plastikwanne mit einem Sprung. Eines war jedoch erstaunlich neu und prächtig, aber aus unerfindlichen Gründen unbenutzbar geworden: ein Farbfernseher, eine teure, vornehme Marke. Manni betrachtete dies alles genau, fröhlich und fasziniert, fasste mich dann an der Hand, zeigte auf den Fernseher und sagte:
    – Nun stell dir mal das Glück in so einem Heim vor, als dieses Gerät ins Haus kam!
    Dann fuhren wir schweigend nach Hause, und der Dichter Manni saß am Steuer und wartete nur darauf, an den Schreibtisch zu kommen, um aus all diesem Unrat Perlen der Kunst zu verfertigen.
     
    Einmal rief Manni an, mit merkwürdigem Klang in der Stimme, sagte, dass er an einer kleinen Sache arbeite, und ob ich ihm nicht eine Minute behilflich sein könnte.

    Eine halbe Stunde später war ich da, gespannt zu erfahren, worum es diesmal ging. Aber Manni fing an, über Gott und die Welt zu plaudern, hatte offensichtlich Schwierigkeiten, sich dem Thema anzunähern. Und als ich fragte, schien er einen kleinen Moment nachdenken zu müssen, bevor er sagte: – Oh, ja, das! Ja. Ja, er arbeite an einem kleinen Projekt, nichts direkt Schriftstellerisches, mehr so ein Collagewerk, bei dem auch Fotos eine Rolle spielten; ihm fehlte ein Bild von sich selbst. –Ja?, sagte ich. Ja, ob ich das Bild vielleicht machen könne, sagte er und reichte mir den Apparat. Ich sagte, dass das nicht so kompliziert sein dürfte, begann, die Kamera einzustellen und fragte, ob ich einfach abdrücken sollte?
    – Nein, es soll ein wenig, also ein kleines bisschen anders sein, was die Kleidung angeht und so.
    – Inwiefern?
    – Ja, also ein Nacktbild, sagte Manni.
    Ich hatte zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen, das verdammte Foto zu machen oder zu gehen. Keine von beiden war gut. Ich war in schwierigen Situationen nie besonders stark und beschloss zu versuchen, ganz normal zu tun, einfach irgendwelche Witze zu machen. Ob er vorhätte, auf einem Fell zu sitzen oder so?
    – Nein nein, nur hier vor der Wand stehen.
    Eine knochenweiße Wand, zur Hinrichtungsstätte bestimmt. Er begann, sich zu entkleiden, mit so ein bisschen steifen Bewegungen, wie ein alter Mann im Schwimmbad. Das Hemd. Das wollene Unterhemd. Legte alles auf eine Stuhllehne. Die Hose, achtete auf die Bügelfalte, als er sie von sich legte. Dann die graue, ziemlich dicke Unterhose, vielleicht war es einmal eine lange gewesen, die unten abgeschnitten war. Dann stellte er sich vor der Wand auf. In Wollkniestrümpfen als einziger Bekleidung. – Bist du fertig, fragte ich. Er nickte mit dem Kopf.
    Die Strümpfe allein stellten schon sicher, dass dies kein besonders erotisches Bild werden konnte, und das war offensichtlich auch nicht Mannis Absicht. Er stand ein wenig krummrückig vor der Wand, starrte ausdruckslos direkt in die Linse, den Unterkiefer halb herabgesunken, wie bei jemandem, der etwas vor sich erblickt hat, das er nun erstaunt betrachtet. Die Hände lose seitlich herabhängend. Der Pimmel baumelte aus einem roten Haarbusch heraus. Ich drückte ab. Manni begann, sich wieder anzuziehen, und ich sah auf die Uhr und fragte, ob es noch etwas gebe. – Nein. – Naja dann, man sieht sich …
     
    Danach trafen wir uns eine Weile nicht. Schließlich kam er und hatte Neuigkeiten zu berichten. Er schrieb an einem Roman, aber diesmal gab es keine größere Geheimniskrämerei, sondern er sagte, er wolle mir unbedingt einige Kapitel zeigen.
    Ich war natürlich ganz geschmeichelt. Warum zeigte er ihn mir, der so wenig davon verstand, vielleicht gar keine konstruktive Kritik anbringen konnte.
    – Doch, sagte Manni, – ich glaube, du bist der richtige Mann, um mir in diesem Zusammenhang Tipps zu geben.
    Aber ich wollte nicht, dass er sich zu hohe Vorstellungen von mir als Literaturkritiker machte, und sagte, überhaupt läse ich schrecklich selten

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