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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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klingelte ziemlich lange, und ich wollte schon beinahe aufgeben, den Bewohnern des Wohnwagens erlauben, in Frieden zu schlafen, als die lebensfrohe Stimme der Alten vom anderen Ende herüberscholl, mit Stimmengewirr und Musik im Hintergrund.
    – Yes hello?
    – Oma!, sagte ich, und sie antwortete: – Bist du es, Kind?!
    – Neinneinneinnein!, ich hatte sie wirklich nicht geweckt, sagte sie, – Daisy ist hier bei uns, und wir genehmigen uns gerade ein Gläschen! Und es war unmöglich, meine Nachricht loszuwerden, so sprudelte es aus der Alten heraus. Es war genau die gleiche Art unüberlegtes und unzusammenhängendes Gerede, wie wir es schon von Bóbó gehört hatten, alles ging durcheinander. Sie wollten nur ein bisschen feiern, Baddi war aus dem Gefängnis gekommen, und es war ihr gelungen zu verhindern, dass er des Landes verwiesen wurde, indem sie sich geweigert hatte, irgendwelche früheren Angaben zu bestätigen. Der Schweinehirt war verschwunden, war gestern in erregtem Zustand weggelaufen, und Daisy hatte sich Sorgen gemacht, also hatten sie sich ein paar hinter die Binde gegossen. Klara und Billy the Kid schliefen schon, – soll ich sie für dich wecken? – Nein. Baddi ist nur am Fernsehen, er hat keine Lust, sich mit uns Weibern abzugeben hahaha, ich glaube, er sieht gerade Twilight Zone , seht ihr vielleicht auch gerade Twilight Zone ? Ah ja, Along came Jones , also den Gary Cooper hab ich immer schwach gefunden. Jaja, wollt ihr nicht wiederkommen? Ihr habt doch mit Island gar nichts zu schaffen, iss,
ihr solltet euch einfach hier niederlassen. Na? Und der Manni soll auch gleich mitkommen. Die Daisy mochte ihn so gern. Er kann einfach immigrieren. Und seine Mama mitbringen. Die Dólóres kann euch sponsern. Die ist in Ordnung, die Frau, auch wenn das verdammte Bauern sind. Hör mal, die Daisy ist hier, willst du sie sprechen?
    Und dann war Daisys verführerische und samtweiche Stimme am Telefon. – Manni?, sagte sie. – Nein, hier ist Mundi, sagte ich. – Is Manni there?, sagte sie. Ich sah Manni an und wiederholte die Frage, doch er schüttelte den Kopf und wehrte mit den Händen ab, daher sagte ich zu Daisy, dass er leider schliefe. Und ihre Stimme wurde noch weicher, sie bat mich, ihm persönlich auszurichten, dass sie ihn nie vergessen würde. Ich sagte, das würde ich tun, ein bisschen ironisch, doch da sagte sie:
    – Don’t laugh, Mundi, I love him.
    Dann war wieder Oma am Telefon zu hören, und irgendwann in einer Atempause schaffte ich es zu erzählen, dass Bóbó verprügelt und ausgeraubt worden sei und verletzt hier bei uns liege, aber sie musste während dieses Einwurfs gerade einige Worte mit Daisy wechseln und hörte vielleicht wenig mehr, als dass wahrscheinlich trotzdem alles in Ordnung sei. Aber sie sagte, dass wir, wenn wir irgendwelche Schwierigkeiten oder Probleme hätten, immer zu ihr kommen könnten, sie würde schon alles richten. Und dann verabschiedeten wir uns, und ich dankte ihr mit vielen schönen Worten für alles, was sie für uns getan hatte, und den herrlichen Empfang, den sie uns bereitet hatte, und Manni lag auf seinem Bett und wälzte sich vor ersticktem Lachen.
     
    Am Tag danach gingen wir mittags zur Polizeistation. Als wir das Hotel verließen, hatten die Cowboys in der Lobby natürlich gehört von dem, was sich ereignet hatte, und wollten wissen,
wer von uns überfallen worden war. Manni und ich beeilten uns zu beteuern, dass wir nicht schuld daran waren, in so etwas hineingeraten zu sein, ein wenig beschämt darüber, die Ratschläge dieser guten Männer nicht gewissenhaft genug befolgt zu haben. Zeigten auf Bóbó, der hinter uns ging, das blaue Auge hinter einer Sonnenbrille versteckend, doch die Blutergüsse am Kiefer fielen sofort ins Auge. Er nahm die Schuld auf sich und hob kapitulierend die Hände. Und die Cowboys waren ein bisschen traurig, dass so etwas in ihrer geliebten Heimatstadt hatte geschehen müssen. Dass so feine junge Gentlemen aus Europa nicht zu Besuch kommen könnten, ohne solcher Rohheit zu begegnen. So dass Bóbó sich beeilte, die Stadt von aller Schuld zu befreien; was geschehen sei, sei allein seine Schuld. Er sprach schnell und unwillig, um das Thema abzuschließen. Früher pflegte er Leute, die es wagten, ihn zu bemitleiden, gnadenlos zu verprügeln.
    Die Polizeistation war keine kleine Hütte. Man hatte das Gefühl, in eine stark gesicherte Festung gekommen zu sein; lange, dunkle Gänge schlängelten sich durch das Gebäude,

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