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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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an dem wir uns hinsetzen können«, schlug Mayli freundlich vor.
    Aber gab es an diesem bösen Ort einen Platz zum Sitzen?
    »Wir dürfen uns dem Waldrand nicht nähern«, mahnte Sheng. »Die Schlangen sind sehr behende und tödlich. Wir müssen hierbleiben, wo wir unsere Umgebung deutlich sehen.«
    In der Nähe befand sich ein beschädigter Lastwagen, der auf der Seite lag, halb zersprengt von einer feindlichen Granate. Darauf ließen sie sich nieder, Pansiao zwischen Mayli und Sheng. Die Mücken sangen schrill um ihre Ohren, und zu beiden Seiten kamen Urwaldlaute aus der Nacht, die scharfen Laute ruheloser kleiner Tiere, die durch die Dunkelheit strichen, und manchmal hörten sie das Brechen von Zweigen unter den Tritten eines größeren Geschöpfs. Da saßen sie nun im blendenden Mondlicht, und die Erinnerung an das viele tausend Kilometer entfernte Bauernhaus beschlich sie wie eine Krankheit.
    Eine Weile schwiegen alle; Pansiao strengte ihr Gedächtnis an; Sheng träumte vor sich hin, vergaß alles außer der Heimat und jenen, denen er entstammte. Wer kennt die Wege der Seele?
    Es begab sich aber, daß im gleichen Augenblick Ling Sao an ihren dritten Sohn dachte; schlaflos lag sie in ihrem Bett. Sie, die stets einschlief, sowie sie sich abends ausstreckte, war jetzt unruhig, weil an diesem Tag neues Übel über das Haus gekommen war.
    Auch Ling Tan konnte aus diesem Grund nicht schlafen; er lag neben ihr, schweigend, aber wach. An diesem Tag hatte er von seinen beiden ältesten Söhnen gehört – und sie wiederum hatten es in der Stadt vernommen, wohin sie sich begeben, um frische Rettiche zu verkaufen –, daß der Krieg in Burma verloren war. Von dort, aus vieltausend Kilometer Entfernung, war die schlimme Nachricht gekommen. Sie kam durch geheimnisvolle Stimmen in der Luft, kam durch Geflüster, das hinter vorgehaltener Hand in wartende Ohren geraunt wurde, und nun wußten viele, daß Burma verloren sein würde, und aus diesem Grund mußten Jahre vergehen, bevor sie wieder frei sein konnten.
    So sah Ling Tan an diesem Tag seine Söhne mit finsteren Mienen aus der Stadt zurückkehren, obwohl ihre Körbe leer waren. »Was treiben die Teufel schon wieder?« hatte er sie gefragt. Neuerdings ging er selber nie mehr in die Stadt, sondern verwendete alle seine Kräfte auf die Felder.
    »Diesmal sind es nicht die Teufel, sondern die Weißen in Burma«, antwortete Lao Ta. Seufzend ließ er sich auf einer Bank an der Tür nieder, setzte seine Körbe ab, zog seine kleine Bambuspfeife hervor und stopfte sie mit getrocknetem Unkraut, das jetzt statt Tabak benutzt wurde.
    Seit seiner Heirat mit der Frau, die er einst in seiner Fallgrube gefunden hatte, war Lao Ta dicker geworden und auch gewandter, als er jemals mit all seiner Schlankheit gewesen. Dies kam daher, daß seine Frau ihm heimlich Leckerbissen bereitete und in seine Schale die besten Bissen schmuggelte, soweit ihr das ungesehen möglich war. Sie hatte ihn außerdem dazu gebracht, seine Fallen aufzugeben, indem sie in ihn drang, er müsse seinem Vater mehr helfen.
    »Das mußt du tun, wenn du ein guter ältester Sohn sein willst«, hatte sie zu ihm gesagt. Und sie lobte ihn stets, schmeichelte ihm mit ihrem Lob, und ohne jegliche Gewalt gelang es ihr, ihn allmählich dazu zu bringen, daß er tat, was sie wünschte.
    Tatsächlich bestand die Macht dieser Frau im Haus darin, daß sie so süß schmeicheln konnte und mit so viel Liebe, daß es ein Vergnügen bedeutete, ihr nachzugeben. Was sie auch tat, sie tat es nie um ihrer selbst willen; ihre Liebe verströmte sie an alle, und alle liebten sie. Jade gegenüber nahm sie niemals den Rang der Älteren ein, sondern bewunderte laut deren Kenntnisse und Schönheit; sie hätschelte Jades drei Söhne, besonders die beiden, von denen sie Jade bei einer einzigen Geburt entbunden hatte. Lao Er diente sie, und sie pries ihn und ließ ihn denken, er sollte mit all seiner Klugheit der älteste Sohn sein; Ling Sao war für sie ein Muster der Sparsamkeit, dem sie eifrig nachstrebte, und zu Ling Tan sprach sie als ihrem Herrn. Nur ihrem eigenen Mann, Lao Ta, offenbarte sie ihren einzigen großen, beständigen Wunsch, einen Sohn zu bekommen, ehe es zu spät wäre, aber auch davon redete sie nur mit solch demütiger Liebe zu ihm, daß er sich veranlaßt fühlte, sie zu trösten, anstatt sie zu tadeln. »Laß ab, dich wegen eines Kindes zu bekümmern«, sagte er oft zu ihr. »Ich finde an dir Gefallen, obwohl du unfruchtbar bist.

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