Das Genesis-Unternehmen (German Edition)
Jahr zu verreisen. Und ich wohne hier auf dem Campus. Da brauche ich kaum ein Auto. Und beim Duschen das Wasser zurückzudrehen wenn ich es nicht gerade brauche ... das würde ich sicher hinkriegen.«
»Ok ay«, sagte Alexis. »Aber sie verzichten demnach auf mehrfaches Reisen, weil Sie es sich derzeit nicht leisten können. Dann ist es ja einfach. Das heißt ja nicht, dass Sie explizit darauf verzichten.«
»Das ist richtig«, meint e sie zaghaft.
»Würden Sie Ihre Reisen freiwillig einschränken, wenn sie es sich leisten könnten, mehrmals pro Jahr wegzufahren?«
»Da bin ich mir nicht sicher«, antwortete sie ehrlich. »Wohl eher nein. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass ich damit die Welt retten würde, oder?«
»Aha«, sagt e Alexis und zeigte mit dem Arm auf Sie. »Da haben wir es. Was genau ist hier gerade passiert?«
Er schaut e fragend in die Runde. Ein anderer Student streckte den Arm hoch.
»Ja, bitte?«, ermunterte Alexis ihn.
Der Student meinte: »Dass jeder für sich annimmt, dass sein Beitrag zu gering sei, um etwas auf der Welt zu verändern und es deshalb keinen Sinn macht, sich unnötig einzuschränken?«
Alexis schaute zustimmend nickend zu ihm und meinte: »Das hätte ich nicht treffender formulieren können. Wie ist Ihr Name?«
»Jonathan«, antwortet e er.
»Gut Jonathan«, fuhr Alexis fort. »Und können Sie sich vorstellen was passiert, wenn das jeder für sich denkt?«
Der Student dachte kurz nach und antwortete: »Genau das, wo wir uns aktuell befinden? CO2-Ausstoss ohne Ende, Ressourcenverschleiß, Unmengen von Abfall?«
» Das sind genau die Folgen davon«, ergänzte Alexis und wandte sich wieder den anderen Studenten zu. »Jeder für sich hat den Eindruck, dass seine Art zu leben nur einen marginalen Einfluss auf den Planeten hat. Und was noch viel wichtiger ist: dass jeder den Eindruck hat, dass wenn nur er sich einschränkt, das gar nichts bringt. Aber die Summe davon – und zwar in beiden Richtungen – hat einen gewaltigen Einfluss.«
Alexis macht e eine kurze Pause und fragte dann weiter: »Können Sie sich vorstellen, wieso wir so funktionieren? Wieso wir, wenn wir ja sehen, dass unserer Ressourcenverbrauch irgendwann an ein Ende kommt, trotzdem so weitermachen? Wir sind ja eigentlich nicht per se selbstzerstörerisch. Oder?«
»Weil wir vielleicht nicht den gan zen Überblick haben, was unser Tun bewirkt?«, antwortete eine andere Studentin.
Alexis schaut e sie an und legte seinen Kopf schräg. Dann entgegnete er: »Hmm … Ich denke, dass uns allen sehr wohl bewusst ist, vorauf wir zusteuern. Ich bezweifle, dass wir so naiv sind, das nicht zu erkennen. Und trotzdem machen wir so weiter. Wieso?«
Jonathan streckt e wieder den Arm hoch.
»Ja bitte, Jonathan?«, forderte Alexis ihn auf.
» Eine Art Lemming-Effekt?«, meinte er fragend.
»Sicherlich auch«, entgegnet e Alexis. »Das Verhalten von Massen, zum Beispiel bei einer Panik oder im Gegensatz dazu bei einer Solidaritätswelle, ist etwas, dem wir uns später in diesem Semester noch genauer widmen werden. Doch das ist noch nicht die Antwort auf meine Frage.«
Alexis schaut e wieder fragend zu den Studenten. Jessica streckte nach ein paar Sekunden den Arm hoch:
»Das Streben nach Glück?«, meint e sie fragend.
»Bingo«, erwidert e er. »Das Streben nach Glück. Unser größter Antrieb überhaupt, meine Damen und Herren. Und damit sind wir in den Tiefen der Philosophie der Antike gelandet. Ethik und Logik gehören zu den philosophischen Grunddisziplinen. Widmen wir uns aber zuerst der Ethik, den dort gehört das Konzept von ‚Glück’ hin. Ethik ist die Wissenschaft des rechten Handelns. Und genau darum geht es bei unserer Diskussion.«
Er schaut e wieder in die Runde und fuhr dann fort: »Hierzu müssen wir bei Aristoteles beginnen. Glück und Tugend sind in Aristoteles’ Ethik zentrale Begriffe. Aristoteles vertritt die These, dass das Ziel aller absichtlichen Handlungen das verwirklichte Glück ist. Alle Menschen streben nach etwas, das ihnen gut erscheint. Einige dieser erstrebten Güter werden nur als Mittel erstrebt, um wieder andere Güter zu erreichen. Da das Streben aber nicht unendlich sein kann, muss es gemäß Aristoteles ein oberstes Gut und letztes Strebensziel geben. Aristoteles sagt, dass dieses nur um seiner selbst willen erstrebt wird. Das, meine Damen und Herrn, wird seit der Antike allgemein mit ‚Glück’ bezeichnet.«
Alexis macht e wieder eine kurze Pause und fuhr
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