Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
Weste war rein.
Was Genessee Industries betraf, so würden weder der Senat noch das Repräsentantenhaus noch der Präsident mit irgend etwas anderem als einer durchgreifenden Reform zufrieden sein. Selbstverständlich war die geboten. Genessee Industries war in hohem Maße von Regierungsaufträgen abhängig. Wenn die Firma die daraus erwachsenen Privilegien in dem Maße mißbraucht hatte, wie Trevayne das annahm, so würde man die Käufe ernsthaft beschränken bis jene Reformen durchgeführt waren.
Andrew sollte den Vorschlag überschlafen; er sollte nichts sagen, nichts tun. Vielleicht würde sich alles wieder in Wohlgefallen auflösen. Häufig waren solche Vorstöße bloß Wellenschläge im Meer der Politik, Akte politischer Verzweiflung. Aber der Senator – und damit sprach er für sich und nur für sich – war zu dem Schluß gelangt, daß es ein durchaus sinnvoller Vorschlag war.
Es würde andere Gespräche geben. Andere Zusammenkünfte.
Und die gab es.
Die erste Zusammenkunft fand im Villa d’Este in Georgetown statt. In einem separaten Zimmer im fünften Stock. Sieben Männer hatten sich versammelt - Männer, die alle derselben Partei angehörten, mit Ausnahme von Senator Alan Knapp. Senator Alton Weeks von der Ostküste Marylands - er trug immer noch den Blazer, an den Trevayne sich aus der Senatsanhörung erinnerte – übemahm die Führung.
»Es handelt sich hier lediglich um ein exploratorisches Gespräch, Gentlemen; ich zum Beispiel bedarf noch erheblicher Aufklärung. Senator Knapp, der im Sinne einer überparteilichen Verantwortung bei uns ist, hat darum gebeten, sprechen und dann gehen zu dürfen. Seine Bemerkungen werden selbstverständlich vertraulicher Natur sein. «
Knapp beugte sich auf dem mächtigen Bankettisch nach vorn und stützte sich mit beiden Händen auf. »Vielen Dank, Senator ... Gentlemen, mein guter Freund und Kollege von der anderen Seite des Mittelgangs, Mitchell Armbruster, hat mir auf meine Frage von dieser Zusammenkunft berichtet. Wie Ihnen ja sicherlich bekannt ist, hat es zahlreiche Gerüchte gegeben, daß eine sehr dramatische Erklärung bevorstünde. Als ich weiterhin von der Natur dieser Erklärung erfuhr, gelangte ich zu dem Schluß, daß Sie vielleicht von einem kleinen Drama in Kenntnis gesetzt werden sollten, das sich auf unserer Seite abspielt. Es hat nämlich, Gentlemen, eine unerwartete Wende in den Ereignissen gegeben, die vielleicht Ihre Diskussion heute abend beeinflussen könnte. Ich sage Ihnen das nicht nur in einem die Parteiengrenzen übergreifenden Sinne, sondern auch deshalb, weil ich mit Ihnen die Sorge um die Richtung teile, die dieses Land einschlagen soll, insbesondere in Zeiten wie diesen. . . Der Präsident wird sich aller Wahrscheinlichkeit nicht um eine zweite Amtsperiode bemühen.«
Rings um den Tisch herrschte Schweigen. Und dann wandten sich langsam alle Augen Andrew Trevayne zu.
Kurz darauf verließ Knapp den Raum, und der Prozeß, Andrew zu sezieren, nahm seinen Anfang.
Es dauerte beinahe fünf Stunden.
Die zweite Zusammenkunft war kürzer. Kaum eineinhalb Stunden, aber für Trevayne sehr viel ungewöhnlicher. Der Juniorsenator von Connecticut war zugegen, ein alter Mann in mittleren Jahren aus West Hartford, dessen politische Vergangenheit ohne jeden Glanz war, aber dem man sehr vielseitigen Appetit nachsagte. Er war gekommen, um seinen Rücktritt anzukündigen; er würde ins Privatleben zurückkehren. Die Gründe, die er darlegte, waren rein finanzieller Art. Man hatte ihm den Präsidentensessel einer großen Versicherungsgesellschaft angeboten, und es wäre seiner Familie gegenüber nicht fair gewesen, das Angebot abzulehnen.
Der Gouverneur von Connecticut war bereit, Trevayne den Posten anzubieten – natürlich unter der Voraussetzung, daß Andrew sofort der Partei beitrat. >Sofort< bedeutete, innerhalb eines Monats. Vor dem fünfzehnten Januar.
Indem Trevayne die restliche Amtsperiode des Senators übernahm, würde er in das Scheinwerferlicht der Nation gestoßen werden. Sein politisches Sprungbrett war gesichert.
Dies war nicht das erstemal, daß solches geschah, nur daß es gewöhnlich Männern von geringerem Format widerfahren war. Der außergewöhnliche Mann konnte daraus eminentes Kapital schlagen. Das Forum stand bereit. Es würde möglich sein, schnell Positionen zu etablieren, Kraft zu zeigen. Man würde Papiere verbreiten, die das politische Glaubensbekenntnis von Andrew Trevayne unwiderruflich erklären
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