Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
abrupt aufhörten. Wenn meine Information richtig ist, befanden Sie sich in einer außergewöhnlich starken Position. Es ist durchaus vorstellbar, daß Sie aus diesen Manövern als einer der reichsten Männer der Welt hätten hervorgehen können. Sicherlich wären Sie in der Lage gewesen, am Ende eine Anzahl jener Leute zu ruinieren, die Sie für Feinde hielten. Besonders an der Börse.«
»Wahrscheinlich könnte ich sagen, daß ich moralische Skrupel bekam.«
»Das wäre nicht das erste Mal, daß so etwas passierte«, sagte der Präsident.
»Dann wollen wir es so formulieren ... Es kam mir in den Sinn – mit Hilfe meiner Frau –, daß ich mich auf dieselbe Art von Verschwendung eingelassen hatte, die ich im ... März neunzehnhundertzweiundfünfzig ... so widerwärtig gefunden hatte. Ich stand auf der anderen Seite, aber Verschwendung war es trotzdem ... Und das, Mr. President, Mr. Ambassador, ist alles, was ich darüber sagen möchte. Ich hoffe ehrlich, daß das genügt.«
Trevayne lächelte, so gut er konnte, weil er es wirklich ernst meinte.
»Völlig.« Der Präsident griff nach seinem Glas, während Hill nickte und zu seinem Sessel zurückging. »Unsere Fragen sind beantwortet; wie der Botschafter sagte, wir.waren neugierig, wir mußten es wissen. Unter anderem wollten wir mehr über Ihren Geisteszustand wissen, an dem wir, offen gestanden, nie zweifelten.«
»Wir vermuteten, daß er ganz gesund war.« Hill lachte, während er das sagte. »Jeder, der seine eigene Firma aufgibt, um einen undankbaren Job im State Department anzunehmen und sich dann all die Kopfschmerzen einer philantropischen Stiftung auflädt, ist kein brutaler Cäsar der Finanzwelt. «
»Danke. «
Der Präsident beugte sich vor, und seine Augen bohrten sich in die Andrews. »Es ist von ungeheurer Wichtigkeit, daß dieser Auftrag erfüllt wird, Mr. Trevayne; daß Sie das durchstehen. Der Schatten der finanziellen und politischen Korruption ist immer häßlich. Und er wird noch schlimmer, wenn sich der Argwohn erhebt, daß etwas vertuscht wird. Mit anderen Worten, sobald Sie einmal zugesagt haben, gibt es kein Zurück mehr.«
Andrew begriff, daß der Präsident ihm seine letzte Möglichkeit gab, sich alles noch einmal zu überlegen. Aber in Wirklichkeit war die Entscheidung bereits getroffen worden, als er die Gerüchte zum erstenmal gehört hatte. Er
wußte, daß er der richtige Mann war. Er wollte tun, was zu tun war. Aus vielen Gründen.
Und dazu zählte auch die Erinnerung an einen Gerichtssaal in Boston.
»Ich würde den Posten gerne haben, Mr. President. Ich werde nicht aufgeben.«
»Ich glaube Ihnen.«
6.
Es kam nicht oft vor, daß Phyllis Trevayne sich über ihren Mann ärgerte. Er war unaufmerksam, aber das schrieb sie seiner außergewöhnlichen Konzentration auf die Dinge zu, mit denen er sich jeweils beschäftigte, nicht etwa seiner Gleichgültigkeit.
Aber heute abend ärgerte sie sich über ihn.
Er hatte sie aufgefordert – sie gebeten –, sich mit ihm in der Stadt zu treffen. Um halb acht hatte er gesagt, und es gäbe für ihn keinen Grund, sich zu verspäten. Darauf hatte er sie ausdrücklich hingewiesen.
Es war Viertel nach acht, und bis jetzt war noch keine Nachricht eingetroffen, um seine Abwesenheit zu erklären. Sie war schrecklich hungrig, unter anderem. Und außerdem hatte sie eigene Pläne für den Abend gehabt. Die beiden Kinder würden in einer Woche auf ihre jeweiligen Schulen abreisen; Pamela zurück zu Miß Porter’s, Steve nach Haverford. Männer hatten nie Verständnis für die Vorbereitungen; wenn man Kinder auf drei Monate wegschickte, dann erforderte das ebenso viele praktische Entscheidungen wie in den meisten geschäftlichen Vorgängen. Wahrscheinlich mehr. Sie hatte den Abend für einige dieser Entscheidungen vorgesehen, nicht dafür, um nach New York zu fahren.
Außerdem mußte sie einen Vortrag vorbereiten. Nun, das eigentlich nicht, das hatte Zeit.
O verdammt, verdammt, verdammt ! Wo er nur blieb?
Jetzt war es zwanzig Minuten nach acht. Was Unaufmerksamkeit
gewesen war, schlug jetzt in Rücksichtslosigkeit um.
Sie hatte sich einen zweiten Vermouth-Casiss bestellt und ihn fast geleert. Es war ein unschuldiges Getränk, ein feminines, gut dazu geeignet, daß man während des Wartens daran nippte, weil sie Vermouth-Casiss eigentlich nicht mochte. Und natürlich war es notwendig, daß sie ihn nicht mochte. Es schmeichelte ihr, daß einige Männer, die am Tisch vorbeigegangen waren, ihr
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