Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
betrachtete, wurde ihm klar, daß sich noch etwas anderes in ihren Schmerz mischte.
Abscheu. Zorn.
Walter Madison schloß die Tür seines Arbeitszimmers. Er hatte den Anruf von Trevayne im Restaurant entgegengenommen und trotz seiner Panik Andys Anweisungen ausgeführt. Er hatte sich mit dem Sicherheitsmann des Plaza in Verbindung gesetzt und sichergestellt, daß kein Bericht an die Polizei gemacht werden würde. Trevayne bestand hartnäckig darauf, daß man Phyllis – der Familie, den Kindern – jeglichen Pressebericht über den Überfall ersparte. Phyllis war nicht imstande, Beschreibungen des Mannes oder des Vorgangs zu liefern; alles war für sie verschwommen, völlig zusammenhanglos.
Der Sicherheitsmann hatte noch etwas anderes in Madisons Anweisungen hineingelesen – die eindeutigen Anweisungen des mächtigen Anwalts des noch mächtigeren Andrew Trevayne – und machte keinen Hehl aus seiner Interpretation. Madison hatte ein paar Minuten lang daran gedacht, dem Mann Geld anzubieten, aber der Rechtsanwalt in ihm verhinderte das; pensionierte Polizeibeamte, die sich in teuren Hotels ihre Pension aufbesserten, neigten dazu, solche Übereinkünfte etwas in die Länge zu ziehen.
Besser, wenn der Mann glaubte, was er glauben wollte. Es lag ja keine kriminelle Handlung vor, so lange das Hotel bezahlt wurde.
Madison setzte sich an seinen Schreibtisch; er sah, daß seine Hände zitterten. Gott sei Dank schlief seine Frau.
Er versuchte zu begreifen, versuchte, die Dinge in der richtigen Perspektive zu sehen, sie zu ordnen.
Es hatte vor drei Wochen angefangen, mit einem der lukrativsten Angebote seiner ganzen Laufbahn. Ein stummer Auftrag, vertraulich. Ein Auftrag, der ganz alleine ihm galt, nichts mit seinen Partnern oder seiner Firma zu tun hatte. Daran war nichts Ungewöhnliches, obwohl er bis jetzt nur wenig solche Vereinbarungen getroffen hatte. Zu oft waren sie die Mühe nicht wert – und die Geheimhaltung.
Bei dieser Übereinkunft war das sehr wohl der Fall. Fünfundsiebzigtausend Dollar im Jahr. Steuerfrei, von Paris aus auf ein Schweizer Konto einbezahlt. Vertragsdauer: achtundvierzig Monate. Dreihunderttausend Dollar.
Andrew Trevayne.
Er, Walter Madison, war Trevaynes Anwalt; war das seit mehr als einem Jahrzehnt.
Der Konflikt war – bis jetzt – belanglos. Als Trevaynes Anwalt sollte er seinen neuen Klienten informieren, wenn es irgendwelche überraschenden oder außergewöhnlichen Entwicklungen in bezug auf Andrew und den geplanten Unterausschuß gab – der bis jetzt noch nicht einmal existierte. Und es gab keine Garantie, daß Andrew ihn informieren würde.
Darüber herrschte Klarheit.
Das Risiko lag einzig und allein bei den Klienten; das begriffen sie.
Es war durchaus im Bereich des Möglichen, daß es überhaupt nicht zu einem Interessenkonflikt kommen würde. Und selbst wenn es dazu kam, so würde man jegliche Information, die er vielleicht weitervermitteln würde, ohne weiteres auch aus einem Dutzend Quellen beschaffen können, und in seiner Einkommensstufe würde er eine beträchtliche Zeit brauchen, um dreihunderttausend Dollar auf die Bank zu bekommen.
Aber seine Übereinkunft ließ nichts von dem zu, was an diesem Abend im Plaza geschehen war.
Nichts !
Ihn mit so etwas in Verbindung zu bringen, war unvorstellbar.
Er schloß die oberste Schublade seines Schreibtischs auf und entnahm ihr ein kleines ledernes Notizbuch. Er suchte den Buchstaben >K< und schrieb sich die Nummer auf einen Block.
Dann nahm er das Telefon und wählte.
»Senator? Walter Madison ... «
Einige Minuten später hörten die Hände des Anwalts zu zittern auf.
Es gab keine Verbindung zwischen seinen neuen Klienten und den Ereignissen im Plaza Hotel.
Der Senator war von Schrecken erfüllt gewesen. Und von Angst.
7.
An der Anhörung nahmen acht Senatoren teil, die das ganze Spektrum politischer Anschauungen innerhalb der zwei Oppositionsparteien vertraten, sowie der zu bestätigende Kandidat Andrew Trevayne.
Trevayne setzte sich, Walter Madison neben ihm, und blickte zu der leicht erhöhten Plattform auf. Dort stand der übliche lange Tisch mit der notwendigen Anzahl von Stühlen, vor jedem Stuhl ein Mikrofon, und an der Wand die Fahne der Vereinigten Staaten. Unterhalb der Plattform war ein kleiner Tisch mit einer Stenomaschine.
Männer standen in Gruppen herum, redeten miteinander und gestikulierten mit stummer Eindringlichkeit. Die Zeiger der Uhr zeigten auf halb drei, und die Gruppen
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