Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
Argumente würde vorbringen müssen, um ihn, den Reporter, dazu zu bewegen, die Story zu unterdrücken. Sie sollte in drei Tagen freigegeben werden.
Und dann schlug Bruce mit angesichts der Situation ungewöhnlichem Entgegenkommen vor, daß er Trevayne um zehn Uhr früh in dessen Suite in den Potomac Towers aufsuchen würde.
Als Trevayne den Kolumnisten sein Vorzimmer betreten sah, überraschte ihn dessen Aussehen. Nicht das Gesicht; das war ihm seit Jahren von Zeitungsfotografien vertraut – scharf geschnittene Züge, tiefliegende Augen, Haare, die er schon lang getragen hatte, ehe es in Mode kam. Aber seine Größe. Roderick Bruce war ein sehr kleiner Mann, und diese Eigenschaft wurde noch durch seine Kleidung hervorgehoben. Dunkel, konservativ; wie es schien, zu scharf gebügelt. Er sah wie ein kleiner Junge aus, den man für den Kirchgang am Sonntagmorgen herausgeputzt hatte. Das lange Haar war dabei der einzige Aspekt zugelassener Unabhängigkeit, die Unabhängigkeit eines kleinen Jungen, und das an einem Reporter Anfang der Fünfzig.
Bruce folgte der Sekretärin durch die Türe und streckte Trevayne die Hand hin. Andrew war es beinahe peinlich, aufzustehen und um den Schreibtisch herumzugehen. Aber Roderick Bruce war, was solche erste Begegnungen auf beruflicher Basis anging, alles andere als ein Amateur. Er lächelte, während er Trevaynes Hand fest ergriff.
»Lassen Sie sich nicht von meiner Größe täuschen; ich trage Schuhe mit hohen Absätzen... Nett, Ihre Bekanntschaft zu machen, Trevayne.«
Mit dieser kurzen Begrüßung schaffte er zweierlei. Er glättete auf humorvolle Weise den peinlichen Aspekt seiner Größe und ließ Andy, indem er nur dessen Familienname gebrauchte, erkennen, daß sie auf gleicher Ebene standen.
»Danke. Bitte setzen Sie sich.« Trevayne sah zu seiner Sekretärin hinüber, die gerade das Büro verlassen wollte. »Stellen Sie keine Anrufe durch, Marge. Und schließen Sie bitte die Türe.« Er kehrte zu seinem Sessel zurück, während Roderick Bruce auf dem Besucherstuhl Platz nahm.
»Ich muß schon sagen, Ihr Büro ist ziemlich abgelegen, nicht wahr?«
»Ich muß mich entschuldigen; hoffentlich war Ihnen die Fahrt nicht unangenehm. Ich hätte mich gerne mit Ihnen in der Stadt getroffen. Deshalb habe ich auch ein gemeinsames Mittagessen vorgeschlagen.«
»Macht doch nichts. Ich wollte mich einmal selbst hier umsehen; eine Menge Leute reden von Ihnen. Komisch, ich seh’ gar keine Peitschen oder Räder oder Eiserne Jungfrauen. «
»Die Geräte haben wir alle in einem Nebenzimmer eingeschlossen. Auf die Weise ist es zentraler.«
»Eine gute Antwort; die werde ich benutzen.« Bruce holte ein kleines Notizbuch heraus – ein sehr kleines, so als wäre es seiner Größe angepaßt – und kritzelte ein paar Worte hinein, während Trevayne lachte. »Man kann nie wissen, wann man ein gutes direktes Zitat gebrauchen kann.«
»Eigentlich war es gar nicht besonders gut.«
»Also schön, dann eben menschlich. Eine ganze Menge von Jack Kennedys Bonmots waren einfach nur menschlich, und trotzdem intelligent, wissen Sie.«
»Da befinde ich mich in guter Gesellschaft.«
»Nicht schlecht. Aber Sie bewerben sich ja um nichts, also hat das ja nichts zu sagen, oder?«
»Sie haben das Notizbuch herausgeholt, nicht ich.«
»Und es wird draußen bleiben, Mr. Trevayne ... Wollen wir über die vier U-Boote sprechen, von denen jedes rund hundertachtzig Millionen kostet und die im Augenblick in einem Trockendock festliegen? Siebenhundertzwanzig Millionen Dollar, die nichts wert sind ... Sie wissen es, ich weiß es. Warum sollten die Leute, die dafür bezahlt haben, es nicht auch wissen?«
»Vielleicht sollten sie es.«
Bruce hatte Trevaynes Erwiderung nicht erwartet. »Das
ist auch sehr gut. Diesmal spare ich mir aber die Mühe, es aufzuschreiben, weil ich es mir merken werde.« Bruce klappte den Deckel seines winzigen Notizbuchs nach hinten. »Dann darf ich annehmen, daß Sie gegen meine Story keine Einwände haben?«
»Um ganz offen zu Ihnen sein, ich habe überhaupt keine Einwände. Andere haben die; ich nicht.«
»Weshalb wollten Sie mich dann sprechen?«
»Um ... deren Wünsche vorzutragen, denke ich.«
»Die habe ich bereits abgelehnt. Weshalb meinen Sie, daß ich bei Ihnen nicht dasselbe tue?«
»Weil ich in dieser Angelegenheit überhaupt keine Interessen vertrete; ich kann objektivieren. Ich glaube, daß Sie sehr gute Gründe dafür haben, ein so teures Fiasko an die
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