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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Rücken und hob es vors Gesicht. Das rechte Auge ans Okular des Sichtgeräts gepresst, schaltete er die Fernsichtoptik ein und richtete die Waffe auf die Lichtquellen.
    Zuerst fiel es ihm schwer, sich zwischen all den Bäumen und Hausdächern zu orientieren. Dann glitt sein Blick über etwas, das wie ein kleines Industriegebiet aussah. Mehrere große Hallen standen dort dicht beieinander. Sie besaßen leicht bogenförmig gewölbte Dächer und schmale Fensterreihen unmittelbar unterhalb des Dachfirstes. Von dort drang das Licht nach draußen.
    Doch das war nicht alles. Auch in den Straßen zwischen den Hallen brannte Licht, als hätte dort jemand Laternen aufgehängt. Und plötzlich erblickte Jonan etwas, womit er an diesem Ort wirklich nicht gerechnet hätte. »Das gibt es doch nicht«, murmelte er, als er die Optik über seinen Fund gleiten ließ.
    »Was siehst du?«, wollte Carya wissen.
    »Dort stehen Lastwagen und Kutschen und Anhänger mit Feldgeschützen. Dazwischen laufen Soldaten und Männer in Templerrüstungen herum.« Er nahm das Auge vom Okular und blickte seine Gefährten überrascht an. »Da unten befindet sich ein Heerlager, Truppen des Lux Dei. Der Größe des Geländes nach zu urteilen, dürfte es sich um sicher fünfhundert Mann handeln. Ich frage mich, was die hier machen, wenn sich die Truppen des Mondkaisers wirklich in Grenoble versammeln. Das liegt viel weiter im Südwesten. Außerdem ist diese Straße echt ein Schleichweg im Gegensatz zu der Handelsstraße, die von Torino aus in Richtung Francia führt.«
    »Könnte der Lux Dei auf irgendeine fragwürdige List aus sein?«, fragte Carya.
    »Du meinst, sie umgehen die Truppen des Mondkaisers, um ihnen dann in den Rücken zu fallen?« Jonan legte die Stirn in Falten. »Aber was soll das? Ich dachte, sie seien Verbündete gegen den Ketzerkönig.«
    »He, wir reden hier über den Lux Dei«, warf Pitlit ein. »Vermutlich haben die Priester wieder ihre ganz eigenen Pläne.«
    »Nun ja, es soll uns nicht weiter stören«, sagte Jonan. »Wir haben andere Sorgen. Allerdings sollten wir heute Nacht vorsichtig sein. Es wäre ziemlich ärgerlich, wenn wir so kurz vor unserem Ziel von einer Patrouille arcadischer Soldaten entdeckt werden.«
    »Also suchen wir uns einen Schlafplatz am Ostrand des Tals«, schlug Carya vor. »So weit werden deren Streifen bestimmt nicht ausschwärmen.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Meint ihr nicht, wir sollten uns mal anschleichen und herauszufinden versuchen, was die dort treiben?«, wandte Pitlit ein.
    »Das halte ich für keine gute Idee«, erwiderte Jonan. »Deine Neugierde in allen Ehren, aber das bringt uns nichts – außer in Gefahr.«
    »Hm, na schön. Ich dachte ja nur, es könnte vielleicht interessant sein.«
    »Könnte es auch. Aber das Risiko ist zu groß. Und bevor du jetzt auf deine überragenden Fähigkeiten als Spitzel hinweist: Lass es gut sein, Pitlit. Dieser Krieg zwischen Arcadion, Francia und Austrogermania ist wirklich nicht unser Problem.«
    Missmutig lenkte der Straßenjunge ein.
    Sie zogen sich wieder von ihrem Aussichtspunkt hinter dem Gebüsch zurück und begannen entlang der Bergflanke einen weiten Bogen nach Osten zu schlagen. Nach einer halben Stunde erreichten sie eine aus wenigen Häusern bestehende Siedlung am Hang und blieben dort über Nacht, wobei sie darauf achteten, dass ihr Schlafplatz einen guten Blick auf die Hauptstraße besaß und einen Hinterausgang, um wenn nötig die Flucht in den Wald antreten zu können. Es verhielt sich allerdings so, wie Jonan es vorhergesagt hatte: Die Arcadier blieben an ihrem Ende des Tals und behelligten sie nicht.
    Der nächste Morgen begrüßte sie mit dichtem Nebel. Eine weiße Wand, so undurchdringlich, dass man kaum mehr als fünfzig Meter weit sehen konnte, hing vor den Fenstern ihrer Schlafstätte zwischen den Häusern und Bäumen. Die Luft, die sie umfing, als sie ins Freie traten, war feucht und kühl. Völlige Stille herrschte.
    »Na großartig«, knurrte Jonan. »Jetzt müssen wir doppelt aufpassen, dass wir niemandem in die Arme laufen, dem wir lieber nicht begegnen wollen.«
    »Aber der Nebel ist doch auch praktisch«, entgegnete Pitlit. »Keiner sieht uns.«
    »Ist es denn überhaupt sinnvoll, weiterzuwandern?«, fragte Carya. »Solange die Sicht klar ist, finden wir uns dank Pitlits Ansichtskartenfund wenigstens halbwegs zurecht. Aber so tappen wir völlig ins Leere.«
    »Wir könnten uns zumindest die größeren Straßen anschauen, die

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