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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sagte er und legte die rechte Hand in den Schoß, weil sie so stark zitterte. «Schließlich ist es ein phantastisches Haus, ein phantastisches Grundstück und eine ungeheure Verantwortung. Mancher würde vielleicht sogar sagen, ich besitze etwas so Bedeutendes wie Chrisam …» Reuben hatte das Gefühl, dass sein Kopf in Flammen stand.
    Beinahe alarmiert hob Nideck den Blick.
    Einen Moment lang sahen sie einander stumm an.
    Nideck schien etwas sagen zu wollen, aber dann räusperte er sich und murmelte nur: «Nicht jeder weiß Chrisam zu schätzen.»
    Simon und Hammermill sahen einander fragend an und begannen miteinander zu flüstern.
    «Das ist wahr», sagte Reuben. «Dabei ist es etwas Wunderbares.»
    Nideck lächelte.
    «Es wäre mir wichtig zu wissen, dass Sie nichts dagegen haben», sagte Reuben.
    «Aber ganz und gar nicht», sagte Nideck gerührt. «Der Nachwuchs ist unsere einzige Hoffnung.»
    Reuben musste schlucken und zitterte jetzt am ganzen Körper. Schweiß brach auf seiner Oberlippe aus. Seine Knie wurden weich, und ihm wurde ganz schwindelig vor Glück.
    «Es ist die größte Herausforderung meines Lebens, wie Sie sich ja wohl vorstellen können», sagte er. «Aber ich möchte diese Herausforderung unbedingt annehmen.»
    Nideck nickte anerkennend und sagte: «Das nenne ich Tapferkeit.»
    «Danke», sagte Reuben und merkte, dass er errötete. «Ich glaube, ich habe mich in das Haus verliebt. In Marchent hatte ich mich ganz gewiss verliebt. Und von Anfang an war ich von Felix Nideck fasziniert – dem Forscher, dem Denker und vielleicht auch dem großen Lehrmeister.» Er machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr: «Die Tagebücher in dieser Geheimschrift, die Tontafeln und all die anderen Schätze im Haus … Das alles ist ganz wunderbar. Wunderbar und rätselhaft. Wie der Name Nideck selbst. Ich fand ihn in einer alten Geschichte. Andere Namen im Haus haben ebenfalls Bezüge zu alten Geschichten – Sperver, Gorlagon und sogar Marrok. Es hat etwas Poetisches und Romantisches, Namen zu finden, die in alten Schriften eine besondere Bedeutung haben …»
    «Bitte, Reuben, das reicht!», sagte Simon.
    «Sie scheinen einen Hang zur Poesie zu haben», murmelte Hammermill und verdrehte die Augen. «Ihr Vater ist bestimmt stolz auf Sie.»
    Es war unübersehbar, wie gereizt beide waren.
    Nideck lächelte jetzt herzlicher denn je und nickte Reuben kaum merklich zu.
    «Es freut mich, dass Sie die Sache gelassener sehen als Marrok», sagte Reuben. «Es ist mir eine Ehre, das Erbe Felix Nidecks anzutreten. Er muss ein großer Gelehrter gewesen sein, ein Mann, der die Antworten auf viele Fragen kennt – Fragen, die mein Vater als kosmisch bezeichnen würde. Universelle ethisch-moralische Fragen.»
    Inzwischen rutschte Simon genauso unbehaglich auf seinem Stuhl herum wie Hammermill, aber Reuben ignorierte beide und fuhr fort: «Ich wünschte, ich könnte seine Geheimschrift lesen. Erst gestern Abend habe ich ganze Bände in dieser Geheimschrift gefunden.»
    «Ach, wirklich?», sagte Nideck überrascht.
    «Ja. Sie reichen in eine Zeit zurück, in der Felix Nideck noch nicht gelebt haben kann. Seine und Ihre Vorfahren müssen diese Geheimschrift also auch beherrscht haben. Es sei denn, Felix wäre unvorstellbar alt. In seinem Haus kann man sich das sogar vorstellen. Es ist ein wahres Labyrinth. Wussten Sie, dass es dort Geheimgänge und sogar eine große Geheimkammer gibt?»
    Beide Anwälte räusperten sich wie im Chor.
    Nideck dagegen sah Reuben nur freundlich an.
    «Früher müssen dort einmal Wissenschaftler geforscht haben», fuhr Reuben fort. «Ärzte vielleicht. Worum es ging, kann man natürlich nicht wissen, wenn man die Geheimschrift nicht lesen kann. Marchent hat sich viel Mühe gegeben, den Code zu knacken, und …»
    «Ist es ihr gelungen?»
    «Nein. Wenn Sie diese Schrift beherrschen, sind Sie im Besitz einer wertvollen Gabe.»
    Wieder wollte Simon intervenieren, aber Reuben sprach weiter.
    «Das Haus regt meine Phantasie an», sagte er. «Ich stelle mir vor, dass Felix noch lebt, dass er eines Tages kommt und mir alles erklärt … Jedenfalls wünsche ich mir das.»
    «Bitte, Reuben! Ich denke, wir sollten …», sagte Simon und erhob sich von seinem Stuhl.
    «Bitte setzen Sie sich», sagte Reuben.
    «Ich wusste nicht, dass Sie sich über Felix Nideck so viele Gedanken machen», sagte Reubens Gegenüber.
    «Inzwischen weiß ich tatsächlich eine ganze Menge über ihn», sagte Reuben. «Er liebte

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