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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Holztüren.
    Als sie im Fahrstuhl allein waren, fragte Reuben, was Nideck gesagt hatte.
    «Dass es ihn sehr gefreut hat, dich kennenzulernen», sagte Laura. «Und dass er sich für Marrok schämt. Er hat mir versichert, dass wir nie wieder von jemandem wie ihm belästigt würden und …» Statt weiterzusprechen, sah sie Reuben mit großen Augen an. «Es ist Felix, nicht wahr?»
    «Zweifellos», sagte Reuben. «Ich glaube, ich habe die Schlacht gewonnen, falls es denn eine war. Wir sind nicht mehr in Gefahr.»
    Auf dem Weg in ein Restaurant berichtete Reuben von dem Gespräch.
    «Ich denke, er hat die Wahrheit gesagt», sagte Laura. «Er hätte mich nicht angesprochen, wenn er es nicht ernst meinte.» Ein Schauder lief ihr über den Rücken, als sie sagte: «Vielleicht kennt er die Antworten auf alles und ist bereit, sie dir zu geben.»
    «Das können wir nur hoffen», sagte Reuben und versuchte, seine Euphorie und Erleichterung zu zügeln, aber das war nicht so einfach.
    Sie erreichten das North Beach Café vor dem allabendlichen Ansturm und konnten sich einen Tisch aussuchen. Sie setzten sich ans Fenster. Der Regen hatte aufgehört, und blauer Himmel brach durch die Wolken. Das Wetter passte zu Reubens Stimmung. Obwohl es noch kalt war, saßen etliche Gäste an Tischen im Freien. Die Columbus Avenue war so belebt wie immer.
    Als Reuben daran dachte, wie Felix Lauras Hand gehalten und mit ihr gesprochen hatte, war er wieder den Tränen nahe, auch weil er stolz darauf war, wie schön sie in dem Moment mit ihrer grauen Kombination aus Hose und Pullover ausgesehen hatte, so gepflegt und elegant. Das weiße Haar hatte sie im Nacken zusammengebunden, und sie hatte Felix zum Abschied ein strahlendes Lächeln geschenkt.
    Reuben sah sie liebevoll an.
Jetzt bist du sicher. Er lässt nicht zu, dass dir etwas Schlimmes zustößt. Er hat sich die Zeit genommen, dir etwas Tröstliches zu sagen, und er hat gesehen, wie rein und wunderbar du bist. Er wird sein Wort nicht brechen.
    Sie entschieden sich für ein italienisches Menü, und Reuben bestellte Salat, Minestrone, Cannelloni, Osso Buco und ein Körbchen Ciabatta.
    Beim Salat sprach er immer noch über das Treffen, als er eine SMS von Celeste bekam: « SOS !»
    Er schrieb zurück: «Was ist los?»
    Ihre Antwort: «Sind wir noch zusammen?»
    «Hauptsache, wir bleiben Freunde», schrieb er zurück.
    Falls sie das als Zurückweisung empfand, tat es ihm leid, aber er musste reinen Tisch machen. Alles andere wäre unfair.
    «Dann hasst du mich also nicht dafür, dass ich mit Mort zusammen bin?», schrieb Celeste.
    «Ich bin sogar froh darüber», antwortete Reuben und meinte es ernst. Er glaubte zu wissen, dass Mort mit Celeste glücklich war. Sie hatte ihn schon immer fasziniert. Wenn sie den schmuddeligen, verknitterten Look, der ihn als Genie auswies, seinen wirren Haarschopf und seine Schusseligkeit nun endlich akzeptierte – umso besser für beide.
    «Mort auch», schrieb Celeste.
    «Und du?»
    «Ich auch. Aber ich vermisse dich und mache mir Sorgen, wie übrigens alle, die dich kennen.»
    «Das ist die Freundschaft, die ich meine.»
    «So soll’s auch bleiben. Irgendwas Neues vom Wolfsmenschen?»
    «Nur was alle schon wissen.»
    «Ich muss aufhören. Alles Liebe!»
    Reuben steckte das Handy in die Tasche. «Es ist vorbei», sagte er zu Laura. «Sie ist glücklich … mit meinem besten Freund.»
    Laura lächelte erleichtert.
    Reuben hätte ihr gern gesagt, dass er sie liebte, aber er tat es nicht.
    Die Suppe kam, und als er sie langsam zu löffeln begann, beobachtete er Laura, die ordentlich Appetit zu haben schien und endlich gelöster wirkte.
    «Eigentlich unglaublich», sagte Reuben mehr zu sich selbst. «Wir haben uns gerade von einem Mann verabschiedet, der …» Statt weiterzusprechen, schüttelte er den Kopf. Schon wieder kamen ihm die Tränen. Im Beisein von Laura hatte er beinahe mehr geweint als früher im Beisein seiner Mutter. «Ich brauche seine Hilfe.»
    Laura nahm seine Hand. «Er wird sie dir nicht verweigern.»
    Reuben sah ihr in die Augen und fragte: «Du würdest dich nicht dagegen wehren, das Chrisam zu empfangen, oder?»
    «Und den Tod riskieren?», fragte sie zurück. «Ich bin mir nicht sicher.» Sie sah Reuben ernst und nachdenklich an. «Ich habe sie ja schon … ein bisschen von der Kraft … weil du sie hast …»
    Das reicht nicht, dachte er.

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    29
    L aura fuhr, Reuben saß auf dem Beifahrersitz und schlief.
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