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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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hatten sie kurz bei Reubens Familie vorbeigeschaut, weil er sich sicher war, dass Simon Oliver seinen Eltern von seinem Besuch erzählen würde, und tatsächlich hatte er es bereits getan.
    Grace war gerade dabei gewesen, das Abendessen vorzubereiten, und Phil hatte schon am Tisch gesessen. Auch Celeste und Mort waren da und tranken mit Grace in der Küche ein Glas Wein. Ein befreundeter Arzt war ebenfalls dabei, ein Onkologe, dessen Name Reuben sich nicht merken konnte, und deckte zusammen mit einer Ärztin, die Reuben noch nie gesehen hatte, den Tisch. Im Hintergrund lief Jazz, und alle waren bester Stimmung.
    Reuben hatte gemerkt, wie sehr er sie alle vermisste, genau wie das gemütliche Haus und das gesellige Leben. Umso mehr hatte er die lockere Atmosphäre genossen, zumal zu viele Leute da waren, um seiner Mutter und Celeste Gelegenheit zu geben, ihn mit Fragen und Ratschlägen zu traktieren. Laura wurde freundlich behandelt, vor allem von Celeste, und es war offensichtlich, wie erleichtert sie darüber war, dass auch Reuben schon jemand Neues gefunden hatte. Nur Mort war von Gewissensbissen geplagt und wagte Reuben kaum anzusehen, aber Reuben boxte ihm kumpelhaft an den Arm und grinste. Rosy, die Hausangestellte, umarmte Reuben herzlich.
    Grace hätte ihm natürlich nur zu gern unter vier Augen ins Gewissen geredet, aber sie konnte Steaks und Brokkoli auf dem Herd nicht sich selbst überlassen, und so begnügte sie sich mit einem Kuss.
    Trotzdem sagte sie: «Bleib doch wenigstens zum Essen!»
    «Wir kommen gerade vom Essen.»
    «Aber Dr. Jaska kommt heute Abend noch, und ich möchte, dass du ihn kennenlernst.»
    «Nicht heute, Mom.»
    Mit Rosys Hilfe hatte er seine letzten Bücher, Ordner und Fotos zusammengepackt und zum Porsche gebracht. Dann war er noch einmal ins Esszimmer gegangen, wo Kerzen auf Tisch und Kamin brannten, hatte sich von allen verabschiedet und Grace durch die Luft einen Kuss zugeworfen.
    Als er die Treppe hinuntergegangen war, hatte es an der Haustür geklingelt, und er hatte einem großen grauhaarigen Mann mit kantigem Kinn und kalten grauen Augen geöffnet.
    Sofort war Grace die Treppe heruntergekommen, um den Mann ins Haus zu führen. Eine Hand legte sie auf die Schulter des Mannes, mit der anderen hielt sie Reuben fest.
    Der Mann ließ Reuben nicht aus den Augen, und es war offensichtlich, dass ihn diese Begegnung überraschte.
    Reuben dagegen hatte ein höchst merkwürdiges Gefühl, und er nahm einen Geruch war, den er nur zu gut kannte. Dieser Geruch war zwar schwach, aber eindeutig.
    «Das ist Dr. Akim Jaska, Reuben, ich habe dir ja schon von ihm erzählt», sagte Grace und wirkte nicht so selbstsicher wie sonst. «Kommen Sie doch rein, Doktor. Rosy, bringen Sie dem Doktor bitte seinen üblichen Drink.»
    Der Geruch wurde immer stärker, als Reuben dem Mann in die merkwürdig milchigen Augen sah. Er befürchtete, dieser Geruch könnte eine unkontrollierte Verwandlung bewirken.
    Grace beobachtete die beiden mit wachsendem Unbehagen und sagte plötzlich: «Du musst los, mein Baby.»
    «Genau, Mom. Ich hab dich lieb.»
    Vor ihm ging Laura aus der Tür, nachdem sie sich höflich verabschiedet hatte.
    «Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, Doktor. Ich melde mich, Mom.»
    Als Reuben vor die Tür trat, spürte er einen leichten Krampf im Bauch. Es war nur eine Warnung, nicht der Beginn einer Verwandlung. Nein, er durfte sich jetzt nicht verwandeln! Er spürte, dass er es kontrollieren konnte, obwohl er Jaskas Geruch noch in der Nase hatte. Er blickte sich zum Haus um und horchte genau hin. Aber er konnte nur höflichen Smalltalk vernehmen, bedeutungsloses Geplänkel. Der Geruch aber blieb und wurde sogar noch stärker.
    «Lass uns schnell losfahren», sagte er.
    Der Verkehr floss zügig über die Golden Gate Bridge. Wie üblich im Winter war es früh dunkel geworden, aber es regnete nicht. So kam Laura gut voran, während Reuben schlief.
    Es war ein leichter Schlaf, und als er spürte, dass sie sich Santa Rosa näherten, drangen plötzlich Stimmen an sein Ohr. Erschrocken wachte er auf und setzte sich aufrecht hin.
    Noch nie hatte er einen derart verzweifelten Schmerzensschrei gehört.
    «Fahr rechts ran!», sagte er.
    Die Krämpfe hatten schon begonnen. Seine Haut prickelte. Der Gestank der Grausamkeit drohte ihn zu ersticken. Etwas so Böses hatte er noch nie gespürt.
    «Zwischen die Bäume», sagte er, und Laura lenkte den Wagen in den nahegelegenen Park.
    Reuben riss sich die

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