Das Geschenk der Wölfe
Felix. Es würde eins dieser besonderen Bücher mit vielen Fotos und Zeichnungen sein, die nie zu Bestsellern wurden, aber wertvoll waren und geschätzt wurden.
Dieses Mal brauchte Marchent ihm nicht zu sagen, dass er träumte. Er wusste es selbst. Und sosehr er Marchent liebte, war er noch nicht bereit zu heiraten. Das Buch hingegen war eine realistische Perspektive, und vielleicht würde Marchent ihm sogar dabei helfen, selbst wenn sie in ihr Haus nach Südamerika zurückkehrte. Vielleicht war es etwas, das sie miteinander verbinden konnte.
Er verließ das Zimmer und sah sich im Obergeschoss um. Über den nördlichen Flur ging er auf die Rückseite des Hauses zu. Viele Türen standen offen, und im Vorbeigehen schaute er in verschiedene kleinere Bibliotheken und Bildergalerien wie die, aus der er gerade gekommen war. Auch hier fanden sich alte Tontafeln. Es war wirklich atemberaubend. Genau wie die Menge der Statuetten und Figuren. Hier und da sah er sogar uralte Pergamentrollen. Es fiel ihm nicht leicht, nichts davon anzufassen.
Im Ostflügel befanden sich weitere Schlaf- und Arbeitszimmer. Eins davon war mit einer exquisiten orientalischen Tapete in Schwarz und Gold ausgekleidet, ein anderes mit einer gold-rot gestreiften Tapete.
Auf einem Rundkurs gelangte er in den Westflügel zurück. Einen Moment lang blieb er vor der offenen Tür eines Zimmers stehen, das offenbar Marchent gehörte. Über dem Bett schwebte ein Himmel aus weißer Spitze, davor lagen ihre Kleider in einem unordentlichen Haufen. Von Marchent selbst war nichts zu sehen.
Als Nächstes wollte sich Reuben den Dachboden ansehen. Von beiden Seiten des westlichen Korridors führten schmale Treppen hinauf, aber ohne ausdrückliche Erlaubnis wollte er dort nicht eindringen, genauso wenig wie er geschlossene Türen anrührte, obwohl er es nur zu gern getan hätte.
Je mehr er von dem Haus sah, desto besser gefiel es ihm. Die Wandleuchten entlang der Flure hatten die Form von Kerzen, Holztäfelungen und Geländer waren kunstvoll geschnitzt oder gedrechselt, die Türen hatten schwere Messingbeschläge.
Doch wo war die Dame des Hauses?
Reuben ging wieder die Treppe hinunter und hörte ihre Stimme, bevor er sie sehen konnte. Von der Küche aus entdeckte er sie in einem angrenzenden Arbeitszimmer zwischen Faxgeräten und Fotokopierern, Bildschirmen und Papierstapeln. Sie sprach leise in ein Festnetztelefon.
Er wollte sie nicht belauschen und konnte aus der Entfernung ohnehin kaum ein Wort verstehen. Sie trug jetzt ein weißes Negligé aus weich fließendem Stoff mit Spitzen und Perlen, und ihr glattes Haar schimmerte im Lampenlicht wie Satin.
Reuben spürte ein kaum bezwingbares Verlangen. Ihre Hand, die den Telefonhörer hielt, das Licht, das auf ihre Stirn fiel …
Im nächsten Moment drehte sie sich um und sah ihn. Lächelnd signalisierte sie ihm, dass sie bald fertig sein würde.
Er drehte sich um und ging.
Felice machte ihren abendlichen Gang durchs Haus und schaltete überall das Licht aus.
Das Esszimmer lag schon im Dunkeln, und er sah, dass das Kaminfeuer auseinandergeharkt worden war und nur noch schwach glomm. Auch die Diele vorne im Haus war schon dunkel. Die alte Frau bewegte sich durch den Flur und löschte im Vorbeigehen ein Licht nach dem anderen.
Auf ihrem Rückweg zur Küche kreuzte sie Reubens Weg, dann wurde auch die Küche dunkel. Ohne ein Wort an Marchent zu richten, die immer noch telefonierte, verließ sie das Haus, und Reuben ging wieder nach oben.
Im ersten Stock brannte eine Lampe auf einem kleinen Tisch. Auch aus Marchents Zimmer kam Licht.
Reuben setzte sich auf die oberste Treppenstufe und lehnte sich an die Wand, um auf Marchent zu warten, die bestimmt bald heraufkommen würde.
Plötzlich wurde ihm klar, dass er alles dafür tun würde, die Nacht mit ihr zu verbringen. Er konnte es gar nicht mehr abwarten, sie zu spüren, zu küssen und in den Armen zu halten. Es war ungeheuer aufregend gewesen, mit ihr zu schlafen, da er sie noch nicht kannte und alles ganz anders war, als er es gewohnt war. Aber Marchent war nicht nur aufregend gewesen, sondern auch zärtlich und großzügig, selbstgewiss und vor allem sehr viel leidenschaftlicher als Celeste. Dass sie so viel älter war als er, hatte keinerlei Rolle gespielt. Er wusste es natürlich, aber ihr Körper war fest und glatt und wunderschön und nicht so drahtig wie Celestes.
Was für krude Gedanken
, schalt er sich und dachte an Marchents Stimme und Augen. Ja, er
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