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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Gefangenen bestätigen und begab sich auf den Rückweg, um seinem Vorgesetzten den Vollzug zu melden und dann endlich nach Hause zu gehen.
    Es war ein langer und heißer Tag gewesen, der vorletzte in diesem Jahr. Die meisten Bewohner Kemis verbrachten die letzten fünf Tage eines jeden Jahres in ihrem Heim und taten am besten nichts, weil es die gefährlichste Zeit eines Jahreszyklus ’ war.
    Jeder Zyklus wurde in drei Jahreszeiten zu je vier Monaten unterteilt. Jeder Monat zählte drei Wochen mit je zehn Tagen. Die Priester hatten jedoch herausgefunden, dass es noch fünf weiterer Tage bedurfte, um ein komplettes Jahr zu füllen. Diese fünf fehlenden Tage waren die Geburtstage von Osiris, Isis, Seth, Nephthys und Horus dem Älteren, den Kindern des Götterpaares Geb, dem Gott der Erde, und Nut, der Göttin des Himmels.
    Nachtanch, wie der Name des dunkelhäutigen Medjais lautete, freute sich auf sein Abendessen, zu dem er einen Krug gekühlten Biers zu trinken gedachte. Seine Gemahlin würde sicher schon auf ihn warten. Nach dem Essen würden sie zusammen auf das Dach ihres kleinen Hauses steigen, die Schlafmatten ausrollen und sich unter dem Sternenhimmel lieben.
    Fröhlich summend strebte er dem Gefängnis zu, als er auf zwei Männer aufmerksam wurde, die in einer der vielen dunklen Gassen zusammenstanden und ein Tauschgeschäft erledigten. Es war sicher nicht verboten, so etwas zu tun, aber der Ort und das Verhalten der beiden erregte das Misstrauen des Medjai.
    Der kleinere und ältere hatte soeben ein in ein Tuch gewickeltes Etwas hervorgeholt und gab es dem anderen Mann, der es schnell in den Falten seines Umhangs verschwinden ließ. Derweil glitt seine andere Hand in eine versteckte Tasche seines Gewands und beförderte einen prall gefüllten Ledersack ans Licht, den er dem Untersetzten zusteckte.
    Nachtanch überlegte, ob er zu den Männern gehen und sie überprüfen sollte, doch da hatte ihn der Kleinere schon erblickt.
    Ruckartig drehte er sich um und lief, so schnell er konnte, in das Dunkel der Gasse. Der andere starrte derweil nur zu Nachtanch hinüber und verharrte regungslos.
    Entschlossen umfasste Nachtanch den Griff seines Knüppels fester und stürzte drohend auf den zurückgebliebenen Mann zu, der sich sofort hinkniete und ergeben die Hände hob zum Zeichen, dass er keinen Widerstand leisten würde. Er war noch recht jung, wie Nachtanch feststellte, und machte zudem einen gepflegteren Eindruck als der Flüchtende.
    »Was treibt ihr hier?«, fuhr er den Knienden barsch an und hielt ihm seinen Knüppel direkt vors Gesicht.
    »Schlag mich nicht«, bat dieser mit flehender Stimme und fügte flüsternd hinzu: »Ich arbeite im Auftrag des Obersten Richters von Theben. Bringe mich zu deinem Vorgesetzten, und ich werde ihm alles erklären.«
    Ungläubig schaute Nachtanch auf den jungen Mann herab.
    »Das werde ich auch tun, Freundchen.«
    Er zog einen festen Strick aus seinem Gürtel und band dem protestierenden Mann die Arme auf dem Rücken zusammen. Er hatte gerade den letzten Knoten geschnürt, als die aufgebrachten Stimmen mehrerer Männer und dann ein Aufschrei zu hören waren.
    »Was ist dort los?«
    Fragend blickte Nachtanch in die Richtung, in die der andere Mann geflohen war und aus der er den Lärm vernommen hatte. Dann sah er auf seinen Gefangenen hinab.
    »Du wartest hier auf mich, und wage nicht, dich von der Stelle zu rühren, Freundchen. Anderenfalls werde ich dich finden, und du wirst mich und meinen Knüppel kennenlernen.«
    Drohend schwang er den dicken Prügel vor der Nase seines Gefangenen hin und her. Dann wandte er sich um und eilte in Richtung der immer lauter werdenden Stimmen.
    Als Nachtanch um eine Häuserecke bog, sah er sich vier seiner Kameraden gegenüber, die den älteren Mann gestellt hatten und im Begriff waren, ihm die Arme oberhalb der Ellenbogen auf den Rücken zu binden. Der Mann setzte sich mit all seiner Kraft zur Wehr. Er blutete bereits aus Nase und Mund und schrie, als hätte er den Verstand verloren. Entnervt hieb ihm einer der Ordnungshüter seinen Knüppel über den Schädel, worauf der Mann bewusstlos zu Boden ging.
    »Da drüben ist noch einer«, sagte Nachtanch, nachdem er die vier Medjai erreicht hatte.
    Überrascht drehten sich diese zu ihm um.
    »Was machst du denn hier?«, wollte einer von ihnen verwundert wissen. »Bist du auch von Thotmose hergeschickt worden?«
    Verständnislos sah Nachtanch seinen Kameraden an.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest,

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