Das Geschenk des Osiris
einen Mörder für mich zu dingen, doch ich lehnte ab. Ich sagte, ich würde ein langsam wirkendes Gift bevorzugen.«
Nebnefer räusperte sich.
»Er schien nachdenklich zu werden, und ich glaubte schon, dass er mich durchschaut habe, aber dann meinte er, er könnte mir das Gewünschte innerhalb einer Woche besorgen. Er nannte mir den Preis, und ich stimmte zu. Anschließend schickte er mich fort und sagte, ich solle in acht Tagen wieder in das Bierhaus kommen.
Ich ging, und am achten Tag war ich wieder dort und wartete. Jener Bettler trat auf mich zu und steckte mir wieder eine Tonscherbe zu, auf der diesmal stand, dass ich in vier Tagen bei Einbruch der Nacht in diese Gasse kommen sollte, um das Geschäft zu tätigen. Ich ließ dem Obersten Richter sofort eine Nachricht zukommen, dass es soweit sei, und begab mich gestern zur festgesetzten Zeit zum Treffpunkt.
Ich wartete, doch niemand erschien. Ich wollte schon zu jenem verfallenen Haus laufen und den maskierten Mann zur Rede stellen, überlegte mir dann aber, dass dieser Kerl dort sicher nicht herumsitzen und auf mich warten würde. Also ging ich zurück in das Bierhaus, wo ich nach dem Bettler suchte, aber er war nicht da. Plötzlich zupfte mich jemand an meinem Umhang. Als ich mich umdrehte, stand er hinter mir. Die Mitteilung lautete, dass es Schwierigkeiten gegeben habe, aber morgen, also heute Abend, sollte ich das Gewünschte erhalten.
Daraufhin informierte ich erneut den Obersten Richter und begab mich bei Sonnenuntergang erneut in die Gasse. Ich musste ziemlich lange warten und glaubte nun wirklich, man hätte mich betrogen. Plötzlich erschien ein Mann, der sich als Überbringer des Giftes ausgab. Er gab mir das Päckchen und ich ihm die Edelsteine. Nun ja ...«, Nebnefer sah Thotmose und Nehi schmunzelnd an, »... und dann kam dieser Medjai, und der andere rannte weg, wurde aber wenig später von den Häschern Seiner Majestät gestellt.«
»Sie haben das von dir beschriebene Haus gefunden. Es ist unbewohnt«, hob der Wesir an, nachdem Nebnefer geendet hatte.
»Das will ich gerne glauben, Tjati. Ich konnte mir sowieso nicht vorstellen, wie man dort leben kann. Alles war zerfallen und starrte vor Schmutz.« Nebnefer schüttelte sich bei der Erinnerung an das Haus.
»Du sagst, der Mann, den du dort getroffen hast, trug eine Maske. Wie sah sie aus?«
»Es war eine Falkenmaske, so eine aus Ton, wie sie die Priester zu bestimmten feierlichen Anlässen tragen.«
»Somit brauche ich dich also nicht zu fragen, ob du die Stimme des Mannes erkannt hast?«
»Nein, Tjati, sie klang völlig verfremdet. Zudem glaube ich kaum, dass ich mit jemandem bekannt sein sollte, der mit Giften unlautere Geschäfte treibt.«
»Das kann man nie wissen, junger Mann«, erwiderte der Wesir. »Auch ich habe bei diesem Senbi schöne Vasen aus den Ostländern erworben und hätte nicht im Traum daran gedacht, dass ich einst sein Todesurteil unterzeichnen würde.«
Verlegen senkte Nebnefer den Blick.
»Kannst du uns den Mann beschreiben, den du in dem Haus getroffen hast?«, schaltete sich Thotmose ein, und Nebnefer dachte einen Moment lang nach.
»Er war etwa genauso groß wie ich und trug ein schmutziges Lendentuch. Mir fiel allerdings auf, dass er gepflegte Hände hatte, die nicht zu seinem sonst recht schäbigen Aussehen passten. Auch seine Füße waren nicht die eines einfachen Mannes. Sie waren sauber und kein bisschen rissig an den Hacken.«
»Wie war seine Sprache?«, erkundigte sich Thotmose. »Wie drückte er sich aus?«
»Äußerst gepflegt. Er muss ein Mann des Schwarzen Landes sein, kein hinzugezogener Fremdländer.«
Nachdenklich kratzte sich Nehi am Kinn.
»Das bringt uns nicht weiter. Wir müssen sehen, dass wir etwas aus dem Überbringer des Giftes herausholen, um zu erfahren, wer hinter allem steckt. – Würdest du diesen Bettler wiedererkennen, Nebnefer?«
Der junge Mann bejahte.
»Dann schicke ich dich mit zwei Medjai in das Bierhaus. Du zeigst ihnen den Mann, damit sie ihn verhaften können.« Nehi wandte sich Thotmose zu. »Vielleicht erfahren wir von ihm etwas. Anderenfalls stehen wir wieder am Anfang. Zudem wird nach diesem Zwischenfall keiner mehr in nächster Zeit unerlaubt Gifte verkaufen, aus Angst, er könnte an jemanden wie Nebnefer geraten und gefasst werden.«
Der Oberste Richter war derselben Ansicht wie der Wesir, der das Wort erneut an Nebnefer richtete.
»Das war gute Arbeit«, lobte er, und der junge Mann strahlte übers ganze
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