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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Nacht wach auf ihrem unbequemen Lager zugebracht und sich das Hirn zermartert, was sie machen sollte.
    Anfangs hatte sie sich überlegt, einfach das Gift ins nächste Gebüsch zu werfen und zu verschwinden, oder aber sich einem Wachmann anzuvertrauen, sollte sie einem begegnen. Dann aber war ihr bewusst geworden, dass Senbi sie sicher beschatten lassen würde. Selbst wenn es ihr gelänge, unentdeckt zu entkommen – Senbi hatte so viele Beziehungen und würde sie früher oder später finden. Also hatte sie sich dazu entschlossen, gehorsam diesen Ibiranu aufsuchen und all ihre Verführungskünste einsetzen, damit er sich für sie interessierte. Sie wollte alles daran setzen, dass er sie mit auf sein Zimmer nahm. Dort wollte sie ihm die Phiole geben und ihm alles erzählen.
    In den vergangenen fünf Wochen hatte sich Satra tausend Mal die Worte für diesen Moment zurechtgelegt. Und tausend Mal hatte sie vor diesem Moment Angst gehabt und nicht gewusst, wie der Syrer reagieren und was er tun würde. Würde er ihr glauben oder würde er sie den Medjai übergeben? Sie wusste es nicht, und das hatte ihr mehr als nur eine schlaflose Nacht beschert. Dennoch, egal wie es für sie enden sollte, sie würde keinen Mord für einen anderen begehen. Zudem glaubte sie nicht an Senbis Versprechen, ihr hinterher die Freiheit zu gewähren. Senbi würde sie auch weiterhin wie eine Gefangene behandeln oder, und das erschien Satra wahrscheinlicher, sie durch Abischemu, Raija oder einen seiner Soldaten töten lassen. Also war sie letztlich zu dem Schluss gekommen, dass es völlig egal war, was sie tat – am Ende würde sie es sicher mit dem Leben bezahlen.
    Bei dieser Aussicht war ihr stets unbehaglich zumute geworden. Sie hatte sich jedoch geschworen, dass sie nicht allein sterben würde. Senbi glaubte, dass heute der Tag der Rache war, aber da hatte er sich geirrt. Dieser stand noch bevor – zumindest für sie!
    Satra hatte das Gasthaus erreicht, aus dessen Inneren laute syrische Musik und der Lärm der zechenden Händler drang und sich mit dem Lachen und Kreischen der Bierhausmädchen vermischte. Sie atmete kurz durch, legte sich den Schal etwas lockerer um die Schultern und trat beherzt ein.
    Feuchtwarmer Geruch nach Bier, Wein und Essen sowie menschlichen Ausdünstungen schlug ihr entgegen, in den sich die verschiedenartigen billigen Duftöle der Frauen mischten. Sie schlüpfte durch den Türspalt und drückte sich seitlich an die Wand, um sich neugierig im Gastraum umzusehen. Alles, was sie sah, war für sie fremd
    Es waren vorwiegend Händler aus Syrien, Babylonien und Kanaan anwesend. Es gab auch ein paar Einheimische, die sich deutlich von den Fremden aus dem Osten sowohl in Kleidung und Aussehen, doch vor allem in ihrer Körpergröße unterschieden. Barbusige Mädchen eilten durch den Raum und kümmerten sich anscheinend nicht nur um das leibliche Wohl ihrer Gäste. Satra fiel auf, dass sich fast nur Männer um die robusten Tische drängten. Die wenigen Frauen, die anwesend waren, schienen nicht zur Sorte der biederen zu gehören.
    Ihr Blick schweifte weiter, und dann sah sie ihn.
    Ibiranu saß, wie am Abend zuvor, allein an einem der Tische im hinteren Teil der Schenke. Er hatte sie bemerkt und sah zu ihr hin. Sofort wandte Satra den Blick von ihm, um ihn nicht misstrauisch zu machen.
    Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte nicht ewig mit dem Rücken an die Wand gelehnt am Eingang verharren. Vielleicht sollte sie erneut zu ihm hinsehen und dann einfach an seinen Tisch gehen und ihn ansprechen.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Satra einen der einheimischen Händler, der auf sie zukam. Er war mittelgroß, dickbäuchig, und er musste schon etwas länger dem starken Bier zugesprochen haben. Er schwankte bereits bedrohlich, als er sich vor ihr aufbaute.
    »Na, meine Schöne, suchst du noch einen Begleiter für die Nacht?« Seine vom Bierdunst umnebelten Augen blickten sie lüstern an und verharrten auf ihren Brüsten. »Du bist zwar riesiger als ein Mann, aber was ich sehe, gefällt mir.« Genüsslich leckte er sich die Lippen. »Wenn du genauso willig bist, wie du groß bist, meine Schöne, werden wir viel Spaß miteinander haben.«
    Die an den benachbarten Tischen sitzenden Gäste, die seine Worte gehört hatten, lachten.
    Satra musterte den Mann, der ihr gerade einmal bis zur Nasenspitze reichte, verächtlich von Kopf bis Fuß. »Wenn der da unten genauso klein ist wie du, glaube ich das kaum.« Mit diesen Worten ließ sie den

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