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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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es sich albern an, aber als mein Großvater aus dem Zweiten Weltkrieg nach Hause kam, hat meine Großmutter ihn in New York City abgeholt. Sie hatten sich bereits vor dem Krieg verlobt, hatten die Trauung aber aufgeschoben, weil mein Großvater sich freiwillig gemeldet hatte.«
    »Wäre es da nicht nahe liegender gewesen, dass sie heirateten, ehe er in den Krieg zog?«, fragte Tom.
    Julie schüttelte den Kopf. »Großvater wollte sie nicht zur Witwe machen. Er meinte, wenn er den Krieg übersteht, wäre dies ein Zeichen Gottes, dass sie beide füreinander bestimmt seien.«
    »Ein schöner Gedanke!«
    »Wie das Schicksal es wollte, kam er tatsächlich heil aus dem Krieg zurück. Großmutter, die vier lange Jahre gewartet hatte, fuhr nach New York – mit der festen Absicht, so schnell wie möglich zu heiraten. Aber das wollten auch sehr viele andere Soldaten. Die beiden hätten wochenlang auf einen Geistlichen warten müssen. Deshalb bezahlten sie einen Priester, dass er in ihrem Zug mitfuhr. Sobald sie die Grenze von Virginia überschritten hatten, wurden sie getraut.«
    »Ich nehme an, es hat sich für die beiden gelohnt.«
    »Sie waren fünfundfünfzig Jahre verheiratet. Vor zwei Jahren sind beide gestorben – binnen einer Woche.«
    »Dann wünsche ich Ihnen beiden das gleiche Glück«, sagte Tom.
    »Glauben Sie wirklich, dass wildfremde Leute zu unserer Hochzeit kommen?«, fragte Julie.
    Tom war nicht mehr als eine Zufallsbekanntschaft – mit ziemlich eigenwilligen Ansichten über Trauungen und die Ehe –, aber ihm war dennoch klar, wie wichtig solche Wünsche für die Braut waren. Der Bräutigam dagegen hatte es vergleichsweise leicht. Er musste nur halbwegs nüchtern antreten, »Ja, ich will« sagen, die Braut küssen, während ein paar weibliche Gäste die eine oder andere Träne zerdrückten, und darauf achten, dass er nicht völlig wegtrat, bevor die offiziellen Pflichten der Hochzeitsnacht erfüllt und die Geldgeschenke gezählt worden waren.
    Tom sagte: »Keine Bange. Züge haben ein gewisses Flair, das die Menschen viel aufgeschlossener macht. Außerdem haben Sie beide ein aufmerksames Publikum.«
    Er wünschte dem jungen Paar noch einmal alles Gute und begab sich zu Tyrone ins Salonwagencafé, doch seine Gedanken kehrten sofort wieder zu Eleanor zurück. Nachdem sie ihn in Tel Aviv verlassen hatte, war er zutiefst verletzt, wütend und verwirrt gewesen. Er geriet in einen Zustand, in dem er nicht mehr zu vernunftbestimmtem Handeln fähig war. Als er sich endlich halbwegs erholt hatte und wieder klar denken konnte, war so viel Zeit verstrichen, dass er am Ende überhaupt nichts mehr unternahm, um Verbindung zu Eleanor aufzunehmen. Die Jahre darauf verstrichen wie im Flug, und Tom gelangte schließlich zu der Überzeugung, dass jeder Versuch, Eleanor zu erreichen, heftig und für ihn schmerzhaft zurückgewiesen würde. Er war sich sogar ziemlich sicher, dass sie längst jemand anderen geheiratet hatte.
    Er schlenderte durch den Speisewagen und nickte den Angestellten, die dort hantierten und servierten, flüchtig zu. Sie alle trugen irgendetwas Weihnachtliches an ihren Uniformen und schienen eifrig damit beschäftigt zu sein, ein festliches Abendessen vorzubereiten, sodass Tom beschloss, sie nicht mit Fragen zu belästigen. Er setzte den Weg zum Salonwagen fort. Dort hatten es sich einige Fahrgäste gemütlich gemacht und saßen vor dem Fernseher. Andere blickten hinaus auf die vorbeihuschende Landschaft. Tom stieg die Wendeltreppe hinunter und traf auf Tyrone, den Salonwagenkellner.
    Sein Arbeitsplatz war beengt, aber bestens aufgeräumt. An den Wänden befanden sich gekühlte Schrankfächer voller Sandwiches, Eiskrem und ähnlichen Leckereien. Außerdem gab es Glasschränke mit Kartoffelchips und anderem Knabberzeugs sowie heiße und kalte Getränke. Davor befand sich eine Ablage aus verchromten Stäben, auf der man sein Tablett entlangschieben konnte. Der Gang endete an einer Tür, hinter der sich, wie die Aufschrift verriet, der Rauchersalon befand.
    Tyrone war um die dreißig und ungefähr so groß wie Tom. Er hatte Ähnlichkeit mit Elvis Presley, nur dass er schwarz war. Anfangs vermutete Tom, dass er ein Toupet trug, doch bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass Tyrones Haarpracht echt war. Der Mann war tatsächlich ein Ebenbild des King, allerdings die Ebenholzversion. Tom gefiel diese Wirkung.
    »Ich öffne in zwanzig Minuten, Sir«, sagte Tyrone. »Meine Ware wurde verspätet geliefert.

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