Das Geschenk: Roman
vorbeihuschende Landschaft. »Ja, ich habe Patty aus ganzem Herzen geliebt, und ich werde sie immer lieben. Was meine Ex-Frauen betrifft …« Er zuckte die Achseln. »Ich habe sie geheiratet, hatte eine schöne Zeit mit ihnen und habe mich dann scheiden lassen, und das war’s. Auf gewisse Weise habe ich sie auch geliebt. Aber nicht so wie Patty. Wäre sie am Leben geblieben, hätte ich nie eine andere Frau auch nur angeschaut. Ich glaube, die erste Liebe ist immer etwas ganz Besonderes. Heutzutage nehme ich, was sich anbietet, und habe meinen Spaß, aber ich bin nicht stolz darauf. Nichts ist mehr von Dauer. Verstehen Sie?«
Tom nickte. »Ich glaube schon.«
Max musterte ihn fragend. »Waren Sie schon mal verheiratet?«
Tom nickte erneut.
»Und haben Sie die Frau geliebt?«
»Drücken wir es mal so aus: Sie war keine Patty.«
Max rückte näher zu Tom und senkte die Stimme. »Ich will mich ja nicht einmischen, aber können Sie mir eine Frage beantworten?«
»Ich glaube schon.«
»Warum sind Sie und Eleanor nicht zusammen?«
»Sie haben doch gesehen, was vorhin passiert ist. Ellie ist aus dem Waggon gerannt.«
»Na, da können Sie ihr keinen Vorwurf machen. Ihre Freundin kommt von LA her, um Ihnen einen Heiratsantrag zu machen! Ich bin, weiß Gott, kein Experte in Herzensangelegenheiten, aber das sind nicht gerade die besten Voraussetzungen, um die Liebe Ihres Lebens zurückzugewinnen.«
»Ich habe es versucht. Ehrlich, Max.«
»Wissen Sie was?«
Tom sah ihn fragend an. »Was?«
»Wenn sie wirklich Ihre Patty ist, würde ich mir an Ihrer Stelle noch viel mehr Mühe geben.«
KAPITEL 25
Eleanor war in ihr Abteil zurückgekehrt und wollte gerade eine Schlaftablette nehmen, als jemand an die Tür klopfte.
»Verschwinde!«, rief sie.
»Eleanor? Ich bin’s.«
Für einen Moment schüttelte sie verärgert den Kopf und versuchte, die Stimme zu identifizieren. Es fiel ihr nicht leicht, da ihre Gedanken sich in wildem Aufruhr befanden.
»Julie?« Sie ging zur Tür und öffnete – und da stand die junge Braut mit Tränen in den Augen und einem langen Kleidersack in der Hand.
»Was ist los, Julie? Steves Eltern haben schon wieder nicht angerufen, stimmt’s?«
Julie schüttelte den Kopf. »Meine auch nicht.«
Eleanor war verwirrt. »Ich fürchte, ich verstehe nicht …«
»Darf ich einen Augenblick reinkommen?«
»Was? Oh, ja, sicher.« Eleanor ließ die Schlaftablette in einer Tasche verschwinden. »Aber es ist schon spät, und Sie haben morgen einen aufregenden Tag. Sie sollten sich noch ein bisschen Ruhe gönnen.«
Die beiden Frauen setzten sich auf die Bettkante.
»Also, wie war das mit Ihren Eltern?«, fragte Eleanor.
»Nun, ich glaube, jede Frau wünscht sich, dass ihre Eltern bei der Hochzeit dabei sind. Nicht, dass ich mich hilflos fühle oder so, aber trotzdem stellt man sich vor, dass der Vater sein kleines Mädchen weggibt und die Mutter einem versichert, dass alles gut wird. Und ich … ich habe nichts von alledem …«
Julie begann plötzlich zu weinen und schluchzte laut, sodass Eleanor sie in die Arme nahm und an sich drückte. Als Julie sich ein wenig beruhigt hatte, trocknete sie sich die Augen und senkte verlegen den Blick.
»Tut mir Leid. Ich bin eine erwachsene Frau und sollte eigentlich mit allem fertig werden, aber ich fühle mich schrecklich allein.«
Eleanor holte einen feuchten Waschlappen, um ihr das Gesicht abzuwischen.
»Sie haben jedes Recht, sich so zu fühlen, und ich glaube, ich bin eine ziemlich lausige Brautjungfer.«
»Na ja, Sie wurden sozusagen im letzten Moment aufgeboten. Dabei kennen Sie mich nicht mal.«
»Das ist nicht weiter schlimm. Wir sind schließlich Frauen, Sie und ich. Und Sie sind morgen die strahlende Braut. Das ist alles, was ich wissen muss.«
»Waren Sie jemals verheiratet?«
»Nein«, antwortete Eleanor leise, »aber ich habe oft daran gedacht. Ich habe mir alles ausgemalt, bis hin zur Bewirtung der Gäste und den Blumenarrangements. Allerdings träume ich jetzt nicht mehr oft davon.«
»Warum nicht?«
»Es ist eine Frage des Alters, Julie. Die Jahre verstreichen, und die Wahrscheinlichkeit, dass der Traum Wirklichkeit wird, nimmt immer mehr ab.«
»Sie brauchen doch bloß jemanden, der Sie liebt und den Sie lieben.«
Eleanor lächelte, wenngleich ihr wahrscheinlich mehr nach Weinen zumute war als Julie. »Ja, das ist alles, was man braucht.« Sie deutete auf den Kleidersack, den Julie aufs Bett gelegt hatte. »Was ist
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