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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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wirklich zu glauben. Es ist wie bei den meisten wertvollen Dingen des Lebens – man bekommt das zurück, was man gibt. Nur beim Glauben an Gott kriegt man viel mehr wieder.«
    Sie half Patrick, sich auf seinem Schlafplatz einzurichten, und deckte ihn zu.
    »Sonst noch Fragen?«, erkundigte sie sich.
    Oliver hob die Hand. »Nur noch eine, Miss Roxanne.«
    »Ja?«
    »Könnten Sie noch mal mit mir zum Klo gehen?«
    Später in dieser Nacht standen Tom und Eleanor nebeneinander vor dem Fenster und blickten hinaus ins Schneetreiben.
    »Tja«, sagte Tom in die Stille, »es ist Weihnachten, und ich höre nichts, nicht mal ’ne Maus.«
    »Im Augenblick wäre mir ein Rettungsteam um einiges lieber als der Weihnachtsmann und sein Rentierschlitten, die über die Dächer der Waggons poltern.«
    »Wo ist dein Abenteuersinn, dein Hang zur Romantik?«
    »Habe ich während der Zeit mit dir aufgebraucht«, antwortete sie und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Warum hast du nicht versucht, dich zu diesem Skizentrum durchzuschlagen? Sag die Wahrheit.«
    »Ich hatte vergessen, die Skier zu wachsen.«
    »Ich meine es ernst, Tom.«
    Er blickte sie an. »Ich habe mir eingeredet, Ellie, diese Bahnfahrt zu machen, um den Wunsch meines Vaters zu erfüllen. In Wirklichkeit tue ich es, weil in meinem Leben eine riesige Lücke klafft und ich keine Ahnung habe, wie ich sie füllen soll. Diese Lücke gibt es schon lange. Und Artikel für das Ladies’ Home Journal zu schreiben hat sie auch nicht schließen können.« Er suchte nach Worten. »Aber der Grund dafür, dass ich nicht in den Sturm hinausgegangen bin«, fuhr er fort und deutete aus dem Fenster, »liegt letztlich in dem, was du gesagt hast. Weißt du, all die Jahre habe ich geglaubt, du hättest mich verlassen, hättest mich einfach im Stich gelassen. Mir wäre niemals klar geworden, dass es im Grunde genau anders herum gewesen ist.« Er hielt inne. »Es tut mir Leid, Ellie.«
    Sie streckte den Arm aus und ergriff zögernd seine Hand.
    Er schaute sich skeptisch um. »Übrigens, das war kein Scherz vorhin. Es ist wirklich still … zu still.«
    Sie konnten es nicht wissen, doch kurz zuvor war der letzte Tropfen Diesel verbraucht worden. Und während Ellie und Tom dort standen, ging den Lampen, die von der Sicherheitsbatterie gespeist wurden, ebenfalls der Strom aus. Der Southwest Chief verstummte und versank in tiefer Dunkelheit.
    Dann war ein dumpfes Grollen in der Stille zu vernehmen. Der Chief begann zu zittern und zu beben. Ängstliche Schreie drangen aus den Waggons. Tom und Eleanor starrten einander entsetzt an.
    »Mein Gott«, sagten sie wie aus einem Munde, »die nächste Lawine!«

KAPITEL 31
    Wenn es so etwas wie kontrolliertes Chaos gibt, fand es im Southwest Chief statt. Die augenblickliche Krise war die unmittelbare Bedrohung durch eine weitere Lawine, die den Chief in den Abgrund stürzen würde. Die Schneemassen hatten die rechte Seite des Zuges getroffen und sich so hoch aufgetürmt, dass man nicht mehr aus den Fenstern blicken konnte. Die erdrückende Last des Schnees, die gegen den Chief drückte, drohte ihn auf die Seite zu kippen. Der Rettungsplan, der sich daraus ergab, war einfach: die völlige Evakuierung des Zuges – was unter den gegebenen Umständen allerdings leichter gesagt als getan war. Dennoch wanderten 341 Fahrgäste von Waggon zu Waggon, bis sie den letzten Personenwagen erreichten, während das Amtrak-Personal mehrmals die Gestrandeten durchzählte und in jedem Winkel des Zuges nachschaute, um dafür zu sorgen, dass niemand zurückblieb.
    Unter Schirmen, eingehüllt in Decken und unter Verwendung jedes anderen Gegenstandes, der irgendwelchen Schutz gegen das Unwetter bot, bewegte sich die lange Menschenschlange, geleitet von Taschenlampen und batteriebetriebenen Laternen, die kurze Strecke bis zum Tunnel. Ältere oder behinderte Fahrgäste und die sehr jungen Passagiere wurden getragen oder anderweitig unterstützt. Der Geist des Weihnachtsfestes musste seinen Zauber gewirkt haben, denn Fremde halfen Fremden; die Kräftigeren kümmerten sich um die Schwächeren, die Großen um die Kleinen. Niemand beklagte sich oder schimpfte über den ihm zugewiesenen Platz in der Schlange oder die ihm übertragene Aufgabe.
    Taschenlampen, Laternen, Wasservorräte, Decken, Kissen, Erste-Hilfe-Kästen, die restlichen Lebensmittelvorräte und jeder andere Gegenstand, der sich auf irgendeine Weise als nützlich erweisen konnte, wurden aus dem Zug geholt und mitgenommen.

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