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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seine Offiziersuniform und darüber den weißen Chirurgenkittel. Irgendwie sah er fremd aus in den hohen, glänzenden, schwarzen Reitstiefeln, den hellgrauen Reithosen mit dem grauen Chromlederbesatz und dem hochgeschlossenen Uniformkragen mit den silbernen Spiegeln. Es war, als gehöre er nicht in diese Montur, als habe man ihn wie in einer Operette ausstaffiert, damit er die Kulisse ausfülle mit einem farbigen Klecks. Auch Lisa empfand das und kleidete es in die Bemerkung: »Muß ich heute zu Ihnen ›Herr Oberstabsarzt‹ sagen?«
    Vor der Hauptwache meldete der Wachhabende einem Offizier mit roten Streifen an den Hosen und rot unterlegten, goldenen Eichenlaubspiegeln. Er stieg aus einem riesigen Horchwagen und legte zwei Finger an seine Mütze. Weiße Haare quollen unter dem Mützenrand hervor und ringelten sich ganz unmilitärisch bis zum Kragen.
    »Generalarzt Professor Gilgen«, sagte Rusch und schloß das Fenster. »Er war mein Doktorvater in Heidelberg. Und neben ihm, der forsche, kleine Oberst, das ist Paul Mayrat vom Stabe des Generals v. Unruh.« Er knöpfte den Chirurgenkittel zu und zog die Manschetten seines Hemdes gerade. »Gehen wir, Lisa. Es ist doch alles klar?«
    »Alles, Walter.«
    Das Lazarett Schloß Bernegg war bestens vorbereitet. In den Bunkern lagen die versteckten Gesichtsverletzten, auf den Stationen im Block B streckten sich die dick verbundenen ›Neueingänge‹ aus, die Männer mit dem Urlaubsschein waren schon am vergangenen Abend abmarschiert, an der Spitze der Wastl Feininger, dem der Famulus Baumann für den dicken Rollappen so etwas wie ein Futteral aus Mull und Leukoplast konstruiert hatte. Und auch Dr. Urban war weggefahren, am frühen Morgen schon, nachdem er von Lisa das zweite versiegelte Päckchen erhalten hatte. Er hatte nichts mehr gesagt, das Morphium eingesteckt und war mit heulendem Motor hinunter nach Bernegg gerast. Der einzige von Stube B 14, der zurückgeblieben war, hatte es nicht nötig, sich zu verstecken. Es war Erich Schwabe. Ihm hatte man im Gegenteil die Verbände abgenommen, soweit es möglich war. Er saß auf seinem Bett und las, angestarrt von den anderen ›Gesichtsverletzten‹, die jetzt in den Betten lagen und ›gesichtsversehrt‹ spielten.
    »Heil Hitler, Herr Kollege!« sagte unten am Eingang Professor Gilgen zu Professor Rusch und schüttelte ihm die Hand. »Und da ist ja auch unsere tapfere Lisa Mainetti!« Er wandte sich an Oberst Mayrat, der Lisa mit den kullernden Augen eines sehr interessierten Mannes musterte. »Dr. Mainetti ist die einzige Frau, die in einem Wehrmachts-Gesichtsverletztenlazarett als Chirurgin arbeitet! Sollte man ihr gar nicht zutrauen, was, wenn man sie so sieht?«
    Oberst Mayrat fand dies auch. Er gab Lisa Mainetti die Hand, zögerte etwas, als überwinde er eine innere Scheu, beugte sich dann tiefer und küßte ihr schnell den Handrücken. Generalarzt Gilgen lachte auf.
    »Und das, ohne Österreicher zu sein!« rief er. »Liebe Lisa, Sie haben Oberst Mayrats Weltanschauung angekratzt!«
    Professor Rusch stimmte in das Lachen nicht ein. Er kniff die Lippen zusammen und steckte die Hände in die Taschen des weißen Kittels. Welch ein makabres Spiel, dachte er angewidert. Da kommt ein Oberst, spielt den galanten Kavalier, und zehn Minuten später geht er durch die Stationen und sucht die Männer zum Sterben aus. Gewiß, er kann nicht anders, er hat seinen Befehl erhalten. Aber wie kann man lachen, wenn man weiß, daß jeder rote Haken auf der Liste so gut wie ein Todesurteil ist?
    »So ernst, lieber Rusch?« fragte Professor Gilgen und klopfte ihm auf den Arm.
    »Ich halte diese Durchkämmaktion in meinem Lazarett für ausgemachten Blödsinn!« sagte Rusch grob.
    Oberst Paul Mayrat hob die Schultern. »Was soll man machen, lieber Oberstabsarzt? Auch General v. Unruh führt nur einen Befehl aus. Außerdem braucht die Front Ersatz. Wenn Sie sehen könnten, wie gut genährt und blendend ausgerüstet die Amerikaner sind. Die Gefangenen, die wir machen, könnten wir direkt ins Museum stellen: Seht, so sieht ein satter Soldat aus!«
    »Und das gibt Ihnen nicht zu denken?«
    »Wir alle denken mehr oder weniger.« Oberst Mayrat sah hinüber zu der gläsernen Tür, die den OP-Trakt vom Flur abteilte. Ein Bett wurde herausgerollt. Auch während des Besuchs der Kommission ging der normale Betrieb weiter. In beiden OP-Räumen versorgten die Assistenzärzte die Verwundeten, zogen Fäden, durchtrennten Rundstiellappen und klappten sie

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