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Das geschwaerzte Medaillon

Das geschwaerzte Medaillon

Titel: Das geschwaerzte Medaillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Jane Arnold
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hier bleiben sollten. Warum zögerte ich dann?
    Als hätten Sebilia und Realdin unser Gespräch belauscht, tauchten sie aus den Schatten der Äste auf. Realdin schwebte zu uns herab und landete mit ausgebreiteten Schwingen neben Keira. Sebilia stand bereits neben mir und sah mich aus ihren großen, goldenen Augen an.
    »Ihr habt euch entschieden das Tal erneut zu verlassen.«
    Wie meistens klang es nicht nach einer Frage, wenn Realdin sprach und ich konnte nicht mehr tun als nicken. Ich wusste nicht, was außerhalb der Berge des Ewigen Tals wartete oder was noch alles geschehen würde. Das Tal bot Schutz. Unglaublichen Schutz, der zugleich noch wie das reinste Paradies wirkte. Warum sollte ein Mensch, der noch richtig bei Verstand war, ein solches Paradies verlassen?
    »Verantwortung«, flüsterte ich als Antwort auf meine eigenen Gedanken. Ich war mir nicht einmal sicher, warum ich es gesagt hatte. Ich hatte mich eben erst dazu entschieden, Liebe über meine Verantwortung zu stellen. Ich schüttelte den Kopf und kritisierte mich selbst für diese kitschige Formulierung meiner Gedanken. ›Liebe‹, vor einem Jahr war ich mir sicher gewesen, dass das etwas war, was vielmehr in Keiras Bereich fiel und mich eher mied. Erneut versuchte ich meine Gedanken gewaltsam zu verdrängen. Ich bildete mir immer noch ein, dass es ab und zu funktionierte, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, wann es das jemals getan hatte.
    »Janlan?«, fragte Keira vorsichtig und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Alles in Ordnung?«
    Ich drehte mich ein wenig widerwillig zu ihr um, gerade erst dachte sie, meine Zweifel beseitigt zu haben und schon war ich mehr entzwei gerissen als vorher. Wenn ich Keira in die Augen sah, würde sie es sicher sofort merken. Sie würde wieder versuchen mich aufzumuntern und mir sagen, dass es okay sei selbstsüchtig zu handeln. Ich würde mich für einen Moment in dieser Illusion wohlfühlen, bis erneut etwas in mir erwachte, das mir die Wahrheit zuflüstern würde. Mir, und nicht ihr.
    »Alles in Ordnung. Gehen wir.«
    Ich sagte es, ohne sie anzusehen, was mich verriet. Ich hätte genauso gut versuchen können ihr direkt ins Gesicht zu lügen. Es war eine ihrer umwerfenden Fähigkeiten. Sie wusste, wann sie besser schwieg und hinnahm, was ich tat. Auch wenn ich selbst nicht genau wusste, was ich überhaupt tun wollte.

Träume

    Wenn der Weg in das Ewige Tal schon lange erschien, dann war der Weg hinaus die vollkommene Unendlichkeit. Meine Gedanken verstummten auch nicht für nur eine einzige winzige Sekunde. Es war ein stetiger Abklatsch nie endenwollender Überlegungen. Ich wälzte jeden Gedanken tausendmal um und stolperte immer wieder über meine eigene Zerrissenheit. Keira war auf Realdins Rücken an den Rand der Bergkette zurückgekehrt und hatte so nicht einmal die Gelegenheit gehabt, meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Ich war immer noch nicht zu einem Entschluss gekommen, als ich mit steifen Gliedern von Sebilias Rücken kletterte.
    »Manchmal ist alles, was uns zu einer Entscheidung fehlt, die Offenheit ihr gegenüber.«
    Sebilias Worte erklangen in einem leisen Schnurren, das sich an den Felswänden brach und hundertfach als sanftes Geflüster widerhallte. Ich wollte mich gerade wieder zu ihr wenden, um nach etwas klareren Worten zu fragen, als ich nur noch sah, wie sie von ihren kräftigen Hinterbeinen auf den nächsten Vorsprung katapultierten wurde.
    »Bis wir uns wiedersehen, Janlan Alverra, ob in diesem oder im nächsten Leben.«
    Es war nur ein leises Flüstern, das merkwürdigerweise nicht als Echo erklang, und wie von selbst formte sich in meinen Gedanken die stumme Antwort: »Ich hoffe in diesem.«
    Keira erwartete mich bereits vor der soliden Felswand, durch die wir gleich wie selbstverständlich hindurchgehen würden.
    »Bereit?«, fragte sie und versuchte mich erneut aufmunternd anzusehen. Sie ahnte wohl, dass mein Gemütszustand sich nicht wirklich geändert hatte. Ich nickte als Antwort und streckte eine Hand der Wand entgegen. Es fühlte sich immer noch merkwürdig an, wie meine Hand einfach so in etwas eintauchte, was undurchdringlich sein sollte. Das Gefühl dauerte nur eine Sekunde an, dann begann der Fels zu verschwimmen, bis er schließlich ganz verschwand und nur noch den schmalen Gang zurückließ, der uns zurück in die reale Welt führen würde. Es war ein Tunnel, der einem nach und nach die Magie des Ewigen Tales entzog und die Erinnerung an dieses

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