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Das geschwaerzte Medaillon

Das geschwaerzte Medaillon

Titel: Das geschwaerzte Medaillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Jane Arnold
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das suspekte Wunden an den Unterarmen hatte. Es war doch einfach überall dasselbe. Die Namen der Menschen variierten vielleicht, aber die Geschichten waren alle dieselben.
    »Wir warten im Zimmer«, sagte Keira mit einer honigsüßen Stimme. Aus irgendeinem Grund lehnte Keira die Tür nur an, als ich mich, erneut mürrisch, auf den Behandlungsstuhl schwang.
    »Wieso machst du die Tür nicht zu?«
    Ich merkte, dass sie sich so platzierte, dass sie ungesehen auf den Flur hinaussehen konnte.
    »Um eventuelle Überraschungen zu verhindern. Davon hatte ich die letzte Zeit genug.«
    »Du bist ganz schön angespannt, dabei werden mir doch gleich die Arme wieder aufgespalten.«
    »Janlan, lass uns nicht schon wieder in diese Richtung gehen und so schlimm wird das schon nicht werden.«
    Ich verzog die Mundwinkel skeptisch. Das glaubte auch nur sie. Ich verstummte, als Stimmen vor der Tür erklangen.
    »Und wenn ich es dir sage. Die Tochter vom Chef hat selbst beobachtet, wie der Riss in der Erde, gleich hinter dem verfallenen Bauernhof, entstanden ist. Sie sagte, die Erde sei einfach weggebrochen. So ganz einfach ins Nichts. Und jetzt klafft dort ein Spalt, der über drei Meter breit ist und ich habe auch gehört, dass man in die Spalte klettern könnte ...«
    Fast synchron richteten Keira und ich uns auf und horchten auf jedes Wort, das vor der Tür gesprochen wurde. Ich hätte beinahe den Atem angehalten, nur um sicherzugehen, dass – wer auch immer dort draußen tratschte – meinetwegen nicht plötzlich verstummte.
    »Wenn ich es dir doch sage. Es ist unglaublich. Ich hätte nie erwartet, dass diese furchtbaren Verbrechen auch hier in Levan geschehen können. Andrea hat mir erzählt, wie ihre Freundin in Zimmer dreizehn gehört hat, dass Kai ... Du weißt doch, wer Kai ist?«
    Eine andere Frauenstimme meldete sich nun auch zu Wort. Ich war sicher, dass das Leben der anderen Frau zu achtzig Prozent aus dem Austausch des neusten Klatschs bestand.
    »Du meinst den kleinen Kai der Selmanns? Ist der nicht erst vierzehn?«
    Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie die Frau eifrig nickte, wenn dies der gemeinte Kai war.
    »Genau, der Sohn der Selmanns soll dort gewesen sein. Oder zumindest haben seine Eltern sein Mountainbike bei dem Rest des Bauernhofs gefunden. Es heißt, dass Schleifspuren vom Rad wegführten und bis zur Kante der Spalte reichten. Ist das nicht furchtbar? Ich möchte nicht in der Haut der Eltern stecken. Ich meine, die müssen doch jetzt schreckliche Schuldgefühle haben, weil sie nicht richtig auf ihn aufgepasst haben.«
    Ich spürte, wie Zorn meine Kehle hinauf kroch und nur darauf lauerte, diesem dümmsten Exemplar einer Frau die Meinung zu sagen. Wie konnte sie bloß so kaltherzig sein? Es war ja mal ganz sicher nicht die Schuld der Eltern. Sie hatten ihren Sohn nicht mit verkrüppelten und versteinerten Fingern in den Abgrund gezogen. Nicht die Eltern. Dieser Widerling von Meister hatte den Eltern ihren Sohn geraubt und ihm seine Zukunft. Ich schüttelte den Kopf, als ich bemerkte, dass die Blutsicht in meine Augen kroch.
    »Janlan«, hörte ich Keiras warnende Worte. »Ich kann vielleicht die Schwestern ganz gut ablenken und belügen, aber ein Arzt würde wohl kaum über die Röte in und um deine Augen hinweg sehen. Also reiß dich zusammen.«
    Das Letzte fand ich etwas zu hart, biss mir aber auf die Lippen, um die Erwiderung, die mir bereits auf der Zunge lag, nicht laut auszusprechen.
    »Nun ja, ich finde, man sollte die Eltern anzeigen. Also wirklich, wie wollen die sich noch mal auf irgendeiner Veranstaltung blicken lassen? In den Nachrichten wurde doch mehr als genug von den ganzen Entführungen berichtet. Da kann man sein Kind doch nicht einfach so unbeaufsichtigt mit dem Fahrrad durch die Gegend fahren lassen. Also wenn ich Kinder hätte ...«
    Ah ja, da lag der Hund begraben. Die Frau hatte selbstverständlich keine Kinder und ganz sicher auch keinen Mann oder Freund, deshalb stürzte sie sich so auf die armen Eltern. Mir war das einfach unbegreiflich. Ich wurde aus meinen deprimierenden Gedanken gerissen, als das rundliche Gesicht der Frau plötzlich in der Tür erschien. Sie lächelte wieder freundlich, ohne dass es echt gemeint war. Sie hielt ein Klemmbrett und einen Kuli in der Hand.
    »Der Doktor wird gleich kommen, allerdings müssten Sie das hier noch ausfüllen.«
    Sie hielt erst mir das Brett hin, aber ich streckte meinen Arm nicht danach aus. Sollte sie mich doch für

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