Das Gesetz der Balance - chinesisches Gesundheitswissen für ein langes Leben
häufig auftretenden Krankheiten. Sie zwingen die Patienten zur regelmäßigen Medikamenteneinnahme, ohne dass damit eine Ausheilung erfolgen würde. So vergehen Jahre oder Jahrzehnte. Im hohen Alter weisen dann aber nur wenige dieser Menschen immer noch die gleichen Entzündungsmuster auf. Denn typischerweise passiert in dieser »Karriere« irgendwann eine tief greifende Veränderung.
So hat jemand z. B. jahrelang Nebenhöhlenentzündungen, die auf einmal aufhören.
Gleichzeitig mit dieser Veränderung treten jedoch neue Entzündungen auf, z. B. Rheuma.
Der TCM zufolge ist das Entzündungsmuster das gleiche, aber es hat seinen Tatort geändert, ist tiefer in den Körper eingedrungen (siehe auch > ). Dieser Zusammenhang wurde mir erstmals klar bei einer Patientin, die ich vor etwa 30 Jahren behandelt habe.
PATIENTENGESCHICHTE
Frau M. kam mit schwerem Rheuma zu mir.
Damals, in meiner Anfangszeit, war mein Erfahrungsschatz mit der chinesischen Medizin noch relativ klein. Ich behandelte Frau M. mit chinesischen Pflanzen und prompt stellten sich Kopfschmerzen und eine Nebenhöhlenentzündung ein. Weil ich diese Situation noch nicht kannte, bereitete mir das Sorgen.
Denn ich hielt es für gefährlich, dass die Dame nun zusätzlich zu ihrem schweren Rheuma auch noch eine bakterielle Entzündung hatte.
Ich befürchtete, das Rheuma würde sich verschlimmern.
Aber genau das Gegenteil war der Fall. In den zwei Wochen, in denen Frau M. mit der Nebenhöhlenentzündung zu kämpfen hatte, waren ihre Rheumaschmerzen fast weg und sie brauchte kein Cortison. Ihre Gelenke waren so vital wie schon lange nicht mehr – sie konnte sogar ihre deformierten Fingergelenke wieder schmerzfrei bewegen!
Die rheumatischen Schmerzen und die Bewegungsunfähigkeit der Gelenke verschlechterten sich in dem Maße, in dem sich ihre Nebenhöhlen besserten. Nach kurzer Zeit war die Episode abgeklungen – das Rheuma setzte sich fort.
Zu Beginn der Behandlung hatte ich Frau M. gefragt, wie lange sie das Rheuma habe und ob sie vorher schon an irgendeiner Krankheit gelitten hätte. Ihre Antwort darauf war, sie hätte sich immer bester Gesundheit erfreut.
Als sie dann aber die Nebenhöhlenentzündung bekam, erinnerte sie sich plötzlich wieder, dass sie ja früher schon ständig Probleme mit den Nebenhöhlen gehabt hatte und dass diese erstaunlicherweise weggegangen waren, als das Rheuma begann. Das hatte sie mittlerweile völlig vergessen.
An diesem Beispiel sehen wir sehr schön den Umschlagpunkt vom Infekt zur Autoimmunerkrankung. Der Druck, der auf dem Immunsystem lastet, verändert das Krankheitsbild, die neue Krankheit wird zum Dauerzustand: Zwischen den einzelnen Nebenhöhleninfekten erlebte Frau M. noch Intervalle der Gesundheit. Doch seit sie Rheuma bekam, war sie praktisch dauerhaft krank.
Im Grunde war sie mit dem vorigen Zustand besser bedient.
Die westliche Medizin weiß, dass Rheuma eine immunologische Erkrankung ist. Sie zählt sie zu den Autoimmunerkrankungen, ebenso wie z. B. Colitis ulcerosa oder Lupus erythematodes. Bei diesen spielt sich im Körper ein Entzündungsgeschehen ab, aber es lassen sich keine Erreger finden. Den eigentlichen Grund für das Rheuma kennen wir also nicht. Der Begriff »autoimmun« besagt, dass sich das Immunsystem ohne erkennbaren Grund gegen den eigenen Organismus wendet. Der Schulmediziner versucht nun, den Körper vor dem Immunsystem zu schützen. Dessen Aktivität wird durch sogenannte Immunsuppressiva (wie z. B. Cortison oder Azathioprin) gebremst, damit es sich nicht mehr so verrückt benehmen kann.
Die TCM sieht einen Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen: Die Autoimmunkrankheit wäre nicht entstanden, wenn die anfängliche Infektion das Immunsystem nicht dauerhaft irritiert hätte. Diese Irritation hat eine Verlagerung von der Nebenhöhlenentzündung hin zum Rheuma bewirkt.
THERAPIE: DIE REAKTUALISIERUNG
Bei chronischen Entzündungen benutzen wir in der TCM die Technik der Reaktualisierung.
Wir versuchen, die Krankheit in ihr früheres akutes Stadium zurückzuführen. Dadurch wollen wir zum Kern der Krankheit gelangen und zu jener Zeit zurückfinden, wo der Organismus noch konstruktive Abwehrschritte hätte unternehmen können. Hinter dieser Strategie steht die Erkenntnis, dass das Immunsystem planlos agiert, wenn es durch wiederkehrende Entzündungen aus dem Konzept gebracht wird. Im Gegensatz zu unserer westlichen Sicht sieht die TCM in dem erfolglosen Anrennen des Immunsystems
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