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Das Gesetz der Freiheit

Das Gesetz der Freiheit

Titel: Das Gesetz der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Gray
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Eigentum zu beschützen hatten? Und weitere Posten, denen Sie Ihr Leben anvertrauen mußten? Fragen Sie doch den Besitzer dieses Lokals hier, wie es ihm gefällt, ständig ein nervenzerfetzendes Leben führen zu müssen, ständig versuchen zu müssen, ohne Schlaf auszukommen, weil er sich eine dauernde Wache bei Tag und Nacht nicht leisten kann. Und stets von neuem Messerstechereien zu organisieren und neue Kämpfer aufzutreiben, um Kunden in seine Wirtschaft zu locken. Meinen Sie etwa, daß er über das Leben, das er führen muß, von Herzen froh ist? Falls Sie noch den leisesten Zweifel hegen, schauen Sie sich ihn doch nur einmal an! Ich glaube, sein Gesicht gibt Ihnen eine ganz klare und eindeutige Antwort.“
    Dell blickte zu dem Mann hinüber, der auf seinem Hocker saß. Beißender Duft stieg wirbelnd von seiner Marihuana-Zigarette auf, die er zwischen den Lippen hängen hatte, und seine Augen, mit denen er auf die trübe Straße hinausblickte, waren stumpf und leblos.
    Lorna hatte vollkommen recht.
    Das Leben war schwer, zu heftig, zu wild. Man mußte an zu vieles denken, und der unglaublich harte Kampf ums Dasein zehrte an den Kräften und raubte alle Energie. Das Geschäftsleben war geradezu ein Alpdruck, ein sich Abquälen mit Beziehungen aller Art und erzwungenen, künstlich wachgerufenen Bedürfnissen. Ein wahrer Seiltanz, bei dem der leiseste Fehltritt den Absturz in erbärmlichste Armut und elendsten Niedergang bedeutete. Er mußte wieder an das Brandmal auf seiner Stirn denken, und er schüttelte sich voller Verzweiflung. Wenn es schon so schlimm war, Geschäftsmann zu sein – was mußte es dann erst bedeuten, wenn man Bettler blieb …
    Zum Teufel!
    Niemand wollte etwas mit einem Menschen zu tun haben, der nichts besaß. Niemand hatte Lust, jemandem, der es niemals vergelten konnte, ein warmes Essen oder einen einzigen Groschen zu geben. Das Leben war viel zu hart, als daß man mildtätig oder mitleidig hätte sein können; viel zu schwer, um sentimentale Regungen zu erlauben. Wer edelmütig und hochherzig war, war ein Narr, und wer nichts besaß, war gezwungen, am drohenden Rande des Nichts dahinzuvegetieren.
    Wer nichts besaß, hatte nichts mehr zu verlieren.
    Er öffnete den Mund, um Lornas Meinung beizupflichten, aber dann zauderte er wieder und mußte an die ruhigen, überlegten Reden des Unparteiischen denken. Der Mann hatte doch so überzeugt gesprochen, und Dell war klug und einsichtig genug, um zu begreifen, daß es vollkommen sinnlos war, sich gegen ein System aufzulehnen, solange man selbst kein ganz reines Gewissen haben oder des Erfolges absolut sicher sein konnte. Wie alle anderen Menschen seines Alters brachte er allen anderen, die stets geneigt waren, allem und jedem außer sich selbst die Schuld zu geben, eine gesunde Verachtung entgegen; und dieser Gedanke wirkte auf die schwelende Rebellion, die ihn eben fast übermannt hätte, wie eine kalte Dusche.
    „Es kann schon sein, daß Sie recht haben, Lorna“, sagte er ruhig. „Ich gebe unumwunden zu, daß es besser in der Welt stehen könnte – aber, ist ein Gesetz, das nur durch Strafandrohung durchzusetzen ist, wirklich der einzige Ausweg aus der augenblicklichen Lage?“
    „Wüßten Sie vielleicht einen anderen?“ Sie schaute ihn voll an, und in ihren klaren, dunklen Augen brannten helle Feuer idealistischer Überzeugung. „Wer soll uns denn helfen, wenn wir selbst uns nicht helfen können? Würden Sie etwa Ihren Kindern erlauben, mit dem Feuer zu spielen? Ich versichere Ihnen, Dell: die Menschheit ist bestimmt nicht reif für die Anarchie, die menschliche Natur steht dazu dem Dschungel, dem Tierischen, viel zu nahe. Wir haben uns selbst nicht in der Gewalt, können uns nicht beliebig ändern; deshalb brauchen wir das Gewicht der Tradition und der gewählten staatlichen Autorität. Wir brauchen Gesetze, nach denen wir leben können, wenn nicht die Erde im Verlaufe von höchstens zwei Generationen zu einem hoffnungslosen Chaos werden soll.“
    „Trotzdem sehe ich das alles noch nicht ein.“ Unbehaglich bewegte sich Dell auf seinem Stuhl. Todmüde fühlte er sich, und seine Augen taten ihm weh. „Wir sind doch erwachsene Menschen, und solange der einzelne nicht bedingungslos frei ist, kann keiner, kann die Gemeinschaft nicht frei sein. Augenblickliche Mängel sind nicht erstaunlich, wir leben doch in einer Zeit des Übergangs, der Anpassung; in dieser Periode, in der sich ein unvorstellbarer Wandel vollzieht, geschieht

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