Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
lachte. »Ich sollte eigentlich nicht über den armen Burschen lachen, aber es ist doch eine seltsame Art von Gerechtigkeit. Singer erschreckt nämlich gerne unsere Damen, indem er ihnen Käfer auf den Schreibtisch legt. Wie dem auch sei, er weiß wirklich nicht, was im Moment alles vor sich geht, und kann deswegen auch nichts ausgeplaudert haben.«
»Es tut mir leid, dass es ihn so erwischt hat«, sagte Diane. Aber sie musste dem Sheriff recht geben. Offensichtlich lag hier ein Fall von karmischer Gerechtigkeit vor.
»Aber ich rufe aus einem anderen Grund an«, sagte Sheriff Burns. »Ich habe mich etwas mit dem Mord an Flora Martin beschäftigt. Es war dabei eine große Hilfe, dass wir herausgefunden haben, dass Donnie Martin, dieses andere Opfer, ihr Urenkel war. Ich habe mit Donnies Freundin gesprochen. Erst eine Woche vorher war er nach drei Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hat wohl sein ganzes Leben in Schwierigkeiten gesteckt – Diebstähle, Barprügeleien und solche Sachen. Seine einzige Tugend war die Liebe zu seiner Urgroßmutter. Sie kam an jedem Besuchstag ins Gefängnis, und nach seiner Entlassung wollte er bei ihr leben.«
»Ich nehme an, jeder von uns hat seine weiche Stelle«, sagte Diane und hoffte, dass der Sheriff endlich auf den Punkt kommen würde.
»Mag sein. Das war dann aber auch schon seine einzige positive Eigenschaft. Als er aus dem Gefängnis entlassen wurde, war seine Urgroßmutter schon verschwunden.«
»Warum hat er das nicht gemeldet?«, fragte Diane.
»Es stellte sich heraus, dass er das sogar getan hat. Zu der Zeit war er aber noch ein Häftling, und Flora lebte im Gilmore County, und der Sheriff dort nahm das Ganze wohl nicht allzu ernst. Er behauptet, er habe nach ihr gesucht. Er habe angenommen, die alte Dame habe gewusst, dass Donnie bald entlassen werden würde, und sei deshalb weggezogen. Offen gesagt … Nun, ich möchte keinen Kollegen anschwärzen. Aber jetzt kommt’s: Donnies Freundin sagt, dass ihr die Post kurz vor seiner Entlassung einen großen Umschlag zugestellt habe. Darin hätten zwei kleinere Umschläge gesteckt, von denen der eine an sie und der andere an Donnie adressiert gewesen sei. Ihrer enthielt einen Brief von Flora Martin, in dem sie diese bat, Donnies Brief bis zu seiner Entlassung sicher aufzubewahren. Das hat sie dann auch getan. Er hat ihn gelesen und seiner Freundin mitgeteilt, dass er ein Familienerbe erwarten könne. Er wollte ihr aber nicht sagen, was es sei, und er trug den Brief auch immer bei sich. Wir haben ihn allerdings nicht unter seinen Sachen gefunden.«
Diane horchte auf. Also erwartete Flora Martins – alias Mrs. X – Urenkel, zu Geld zu kommen. »Haben Sie sich ihr Haus angeschaut?«, fragte sie ihn.
»Als ich ankam, hatte es schon jemand durchwühlt, und der Hauswirt hatte alles Übrige auf die Straße geworfen.«
Diane war enttäuscht. »Das ist zu schade.«
»Es gab da ein paar alte Tagebücher, aber die waren vollkommen ruiniert. Sie haben wohl längere Zeit im Regen gelegen. Ich habe sie mir angeschaut, die Seiten waren völlig durchnässt, schlammig und klebten aneinander, und die Tinte war total verlaufen.«
»Wo sind sie jetzt?«
»Mein weiblicher Deputy hat sie in einen Beutel gepackt. Ich schaue einmal nach, was sie damit gemacht hat. Aber sie sind völlig ruiniert.«
»In unserem Museum gibt es Leute, die darauf spezialisiert sind, ruinierte Dinge wieder zum Leben zu erwecken. Mein Konservator kann die Tagebücher reinigen und trocknen und auch die Seiten voneinander trennen.«
»Aber kann er auch etwas gegen die verlaufene Tinte tun?«
»Unser Konservierungslabor und das Kriminallabor besitzen einen ESDA.«
»Was ist das denn, um Himmels willen?«
»Ein sogenannter Electrostatic Detection Apparatus, ein elektrostatischer Ermittlungsapparat. Dieser macht die Eindrückungen, die winzigen Vertiefungen, sichtbar, die der Schreibprozess auf einer Papierseite hinterlässt, so dass wir den Text danach wieder lesen können.«
»Ich glaube, ich habe so etwas schon einmal im Fernsehen gesehen. Ich sehe mal nach, was Sally mit ihnen gemacht hat. Das ist alles, was ich herausgefunden habe.«
»Das ist wirklich eine Menge, Sheriff. Vielen Dank.«
»Keine Ursache. Nur noch eines: Wird Singer über diese Urti- wie auch immer hinwegkommen?«
»Das kann dauern, und sie kann dann später wieder an einigen Stellen auftreten und jucken. Es ist ausgesprochen lästig, aber er kommt schon wieder in
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