Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
Senat kandidierenden Onkel Steve Taggart und seinen Großeltern Rosemary und Emmett damals am Begräbnis teilgenommen hatte. Lamonts Farm war größer, als Diane erwartet hatte. Sie erinnerte sie an das Tara in Vom Winde verweht, allerdings das heruntergekommene und nicht das blühende Tara. Nicht, dass Lamonts Gut völlig vernachlässigt gewirkt hätte. Aber es war ein etwas schäbiger Schick. Das neoklassizistische zweistöckige Gebäude wie auch die Nebengebäude hätten dringend einen frischen Anstrich gebraucht. Dagegen war der Rasen vor dem Haus frisch gemäht, die Felder sahen gut gepflegt und die schwarz-weißen Holsteiner Kühe zufrieden und wohlgenährt aus.
Als der Kleintransporter des Kriminallabors auf der kreisförmigen Zufahrt hielt, war Garnett bereits da. Er informierte sie, dass der Durchsuchungsbefehl nur für den Raum galt, in dem Emmett erschossen worden war.
»Verdammt«, sagte Diane. »Warum?«
»Der Sohn des Opfers, Steven Taggart, hatte seine Anwälte schon zum zuständigen Untersuchungsrichter geschickt, als ich mir den Durchsuchungsbefehl besorgen wollte. Sie waren anscheinend sehr überzeugend.«
»Ich bin mir sicher, dass jemand hier Emmett Taggart bei der Planung und Ausführung seiner Taten geholfen hat«, sagte Diane. »Er hätte das alles nicht allein erledigen können. Ich bezweifle auch, dass er gewusst hätte, wie man Leute wie Valentine und MacRae findet.«
»Das mag wohl so sein. Aber trotzdem dürfen wir hier nichts außer seinem Arbeitszimmer untersuchen, also weder den Rest des Hauses noch die Nebengebäude und Außenanlagen. Das ist nun einmal so.« Garnett schüttelte missbilligend den Kopf.
»Jin, Sie warten bitte im Wagen«, sagte Diane. »Sie haben uns ausgetrickst.«
Er nickte. »Geht in Ordnung. Ich habe einen Computer dabei. Ich werde mich zumindest gut unterhalten.«
»David und Neva, ihr untersucht das Arbeitszimmer«, sagte Diane.
Emmett Taggart war noch nicht tot, aber in einem sehr ernsten Zustand. Man hatte ihn schon weggebracht, als Diane das Arbeitszimmer betrat, in dem man ihn angeschossen hatte. Die Leder- und Holzmöbel und die Rauchtischchen verströmten eine Atmosphäre, die zeigte, dass der Raum nur für Männer gedacht war.
Taggart hatte an einem Mahagonischreibtisch gesessen, als der Schuss fiel.
Es war kaum Blut zu sehen, nur ein paar Flecken auf dem Schreibtisch und dem Stuhl und ein paar fast unsichtbare Hochgeschwindigkeitsspritzer auf dem Teppich und dem Schreibtisch.
Garnett führte Diane in den Salon, wo Mrs. Taggart auf einem Zweiersofa saß. Sie sah fast so aus wie auf dem Begräbnis, trug allerdings keine Trauerkleidung, sondern einen malvenfarbenen Hosenanzug. Um den Hals hatte sie sich einen hellrosa Seidenschal geschlungen. In ihren Fingern drehte sie ein Stück Stoff, das wie ein altes vergilbtes Spitzentuch aussah.
Als sich Diane ihr gegenüber auf einen Stuhl setzte, erkannte sie, dass es ein Spitzenkragen war. Plötzlich wurde ihr klar, dass es derselbe Spitzenkragen war, den die junge Mrs. Taggart auf dem Schnappschuss trug, den sie beim Höhlentoten gefunden hatten.
Garnett hatte keine Ahnung, was dieses Treffen überhaupt sollte, aber Diane glaubte es zu wissen.
»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Mrs. Taggart beinahe herzlich.
Diane war überrascht. Diese Frau war also doch nicht so kalt, wie sie auf dem Begräbnis gewirkt hatte. Diane versuchte, etwas Mitgefühl für sie zu empfinden.
Sie merkte, dass es ihr nach allem, was geschehen war, immer schwerer fiel, solche persönlichen Gefühle bei sich zuzulassen.
»Warum wollten Sie mich sehen?«, fragte Diane schließlich.
»Ich möchte, dass Sie mir erzählen, was passiert ist.«
»So genau weiß ich das auch nicht …«
»Okay, Ende der Vorstellung«, sagte ein Mann in einem dunklen, teuer aussehenden Anzug, als er den Raum betrat. Es war der Familienanwalt. Robert Lamont folgte ihm auf den Fersen. In diesem Moment bemerkte Diane, dass sich Lamont kratzte und dass seine Arme verbunden waren. »Mrs. Taggart, Sie brauchen kein Wort mehr zu sagen.«
»Verlassen Sie den Raum«, sagte Rosemary Taggart mit zusammengekniffenem Mund und gesenktem Blick.
»Sie haben die Lady gehört«, sagte der Anwalt.
»Ich habe mit Ihnen gesprochen, Sie Speichellecker.« Sie schaute ihn böse an. »Sie sind nicht mein Anwalt, und ich möchte Sie hier nicht sehen.«
Der Anwalt schien erst schockiert, wechselte dann aber blitzschnell den Gesichtsausdruck und blickte sie
Weitere Kostenlose Bücher