Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
vorbeischauen.«
Währenddessen waren aus Andies Büro aufgeregte Stimmen zu hören. Eine gehörte Andie, die andere war Diane unbekannt.
»Ich möchte jetzt sofort mit ihr sprechen«, ließ sich die unbekannte Stimme vernehmen. Diane und Vanessa schauten sich verwundert an.
»Ich glaube, ich sollte einmal nachsehen, was da los ist. Andie bringt Ihnen bestimmt gleich Ihren Tee.«
8
D iane ging in Andies Büro hinüber, wo diese mit Mühe zwei Frauen daran zu hindern suchte, zu Dianes Direktionsbüro vorzudringen. Die eine hatte etwa Andies Alter, die andere war vielleicht zwanzig Jahre älter. Es war die Stimme der Jüngeren gewesen, die Diane vorhin gehört hatte.
Als Erstes fiel Diane deren Vorliebe für die Farbe Lila auf. In ihre schwarzen Haare hatte sie sich burgunderrote Strähnchen gefärbt, sie trug dunkellila mit Glitzerfäden durchzogene Hüftjeans, ein helllila Leibchen und darüber einen lila Baumwollblazer. An der Silberkette um ihren Hals hing ein Amethystkristall, der etwa die Größe des kleinen Fingers einer Frau hatte. Selbst ihre Lidschatten und ihr Lippenstift waren lila. Seltsamerweise sah das Ganze ziemlich gut aus.
Die andere Frau zeigte keinerlei Farbvorlieben. Sie trug einen marineblauen Hosenanzug aus Baumwollmix und ein weißes Hemd. In ihrem roten Haar, das sie zu einem schlampigen Knoten gebunden hatte, zeigten sich schon die ersten grauen Strähnen. Kein Make-up übertünchte ihre hängenden Augenlider und ihre leichten Hängebacken.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Diane.
Überrascht wandte sich die junge Frau ihr zu.
»Äh, ich bin Caitlin Shanahan. Dies hier ist Charlotte Hawkins. Wir möchten mit der Leiterin dieses Museums sprechen.«
»Ich bin sehr weit gereist, um Diane Fallon zu sehen«, sagte Charlotte Hawkins.
Caitlin Shanahan stammte ihrem Akzent nach aus dem Mittleren Westen der USA, Charlotte Hawkins war dagegen ohne Zweifel Britin. Diane begann zu ahnen, wen sie da vor sich hatte.
»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Andie. »Sie sind irgendwie an unseren Sicherheitsleuten vorbeigelangt. Ich habe ihnen gesagt, dass das Museum heute geschlossen ist.«
»Ist schon in Ordnung, Andie. Ich bin Diane Fallon.« Sie führte sie in ihr Büro. »Ich habe heute Morgen leider nur wenig Zeit. Setzen Sie sich und erzählen Sie mir, weswegen Sie gekommen sind.«
Die beiden setzten sich auf die Polsterstühle vor Dianes Schreibtisch. Die jüngere Frau sprach als Erste.
»Charlotte ist gerade aus England gekommen. Sie hat meinen Hexenzirkel gebeten, ihr zu helfen, die Gebeine ihrer Vorfahrin wiederzuerlangen.«
»Hexenzirkel?« Das scheint interessant zu werden, dachte Diane.
»Ich bin eine Wiccanerin. Charlotte ist eine Druidin. Trotzdem betrachten wir uns als verwandte Geister … und wenn es nur deshalb ist, weil wir beide missverstandenen Minderheitsreligionen angehören.«
»Und was möchten Sie von mir?«, fragte Diane, obwohl sie die Antwort schon ahnte.
»Annwn ist meine Ahnin«, sagte Charlotte. »Wir wissen, dass ihre Gebeine vom Rose-Museum in Dorset hierher gesandt wurden.«
Diane runzelte leicht die Stirn. Sie war überrascht, dass die Hexe einen Namen hatte. Das war ja faszinierend. Sie fragte sich, ob dies ihr wirklicher Name war oder ob die Familien die ganze Sage in all den Jahren immer weiter ausgeschmückt hatten. »Was genau verlangen Sie von mir?«
»Dass Sie uns die Gebeine aushändigen, damit ich sie nach Hause mitnehmen und dort würdig bestatten kann.«
»Sie wissen sicher, dass ich das nicht tun kann.«
Charlotte strich sich einige Haarsträhnen, die sich selbständig gemacht hatten, hinter die Ohren, beugte sich nach vorne und schaute Diane ernst an. »Menschen guten Willens können alles«, sagte sie.
»Würden Sie mir zustimmen, dass mein guter Wille auch denjenigen gelten sollte, die mir bestimmte Gegenstände anvertraut haben?«
»Also haben Sie sie?«
»Tatsächlich weiß ich das nicht einmal. Ich komme gerade von einem zweiwöchigen Urlaub zurück und weiß wirklich nicht, was während meiner Abwesenheit hier eingetroffen ist. Wir führen hier also vielleicht ein rein hypothetisches Gespräch.«
»Können Sie nicht nachschauen, ob Sie sie haben?«, fragte Charlotte.
Diane schaute auf die Uhr. »Jetzt nicht. Ich muss gleich aufbrechen.«
Caitlin stand auf und stützte sich auf Dianes Schreibtisch. »Hören Sie! Ich habe Charlotte versichert, dass wir in diesem Land die sterblichen Überreste unserer Vorfahren in Ehren
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