Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
Thema.
»Neva hat mir von dieser Höhlenexkursion erzählt. Das muss ganz schön aufregend gewesen sein.« Sie deutete auf den Zeitungsausschnitt, der aus der Pressemappe hervorlugte, und nippte an ihrem Tee. »Diese Mumie, die Sie gefunden haben – glauben Sie, das war ein Unfall? Oder war es Mord?« Der Gedanke an einen Mord schien sie regelrecht zu begeistern.
»Wahrscheinlich war es ein Unfall.« Diane nahm einen Schluck von ihrem grünen Tee. Er schmeckte, als ob Andie etwas Orange hineingetan hätte.
Andie blickte zu dem Foto an der Wand hinüber, auf dem sich Diane gerade in eine Höhle abseilte. »Ich verstehe nur nicht, wie ihr auf diese Weise in eine Höhle einsteigen könnt. Ich würde mich zu Tode ängstigen.«
»Es ist ein Riesenspaß. Allerdings muss man dunkle, enge und abgeschlossene Räume mögen.«
Diane schaute ihre E-Mails durch, während sie sich mit Andie unterhielt. Nichts Dringendes. Andie hatte die meisten Botschaften beantwortet und abgespeichert, während sie weg war. Den Rest hatte Kendel erledigt. Ihre Arbeit im Museum war viel leichter geworden, seit sie Kendel Williams als stellvertretende Direktorin eingestellt hatte.
Kendel und Andie hatten dafür gesorgt, dass ihre Abwesenheit kaum aufgefallen war. Sie durfte allerdings nicht auf den Stapel von Anfragen ihrer Kuratoren schauen, der sich in der Zwischenzeit angehäuft hatte: Bitten um ein größeres Budget, um mehr Räumlichkeiten und all die anderen Anliegen, die immer wieder auf ihrem Tisch landeten.
»Es muss in diesen Höhlen sehr schön sein. Ich habe Bilder davon gesehen …«
»Manche Höhlen sind schön; manchmal sind sie aber auch ziemlich hässlich. Jede Höhle ist anders, aber jede hat ihren ganz eigenen Reiz. Die, die wir gerade vermessen, ist ziemlich schön. Sehr groß mit ganz unterschiedlichen Formationen.«
»Neva hat mir erzählt, Sie wären beinahe böse abgestürzt. Das klingt ganz schön gefährlich.«
»Schon. Allerdings warf mir Mike ein Seil zu, deswegen ging das Ganze glimpflich aus. Andererseits haben wir auf diese Weise die Mumie gefunden.« Wann immer die Geschichte ihres Beinaheabsturzes aufkam, ging Diane auf die gleiche Weise vor: Sie spielte das Ereignis herunter, lobte Mike und lenkte die Aufmerksamkeit auf den überraschenden Fund. Bisher hatte das immer gewirkt – außer bei Frank.
»Einsam in einer solchen Höhle zu sterben, was für ein Ende.«
Andie starrte eine ganze Zeitlang auf das Foto, auf dem Diane an einem Seil hing, dann legte sie einen Ordner auf Dianes Schreibtisch.
»Dies sind die Briefe, die Sie unterschreiben müssen. Aber Sie können das auch nach dem Begräbnis erledigen. Mann, 114 Jahre. Stellen Sie sich das einmal vor. Nachdem sie ein Teenager wurde, lebte sie noch weitere hundert Jahre.«
»Das ist erstaunlich, wenn man sich das überlegt. Es muss hart sein für Vanessa, ihre Großmutter nach so langer Zeit zu verlieren.«
»Eigentlich mag ich den Gedanken nicht besonders, den Großteil meines Lebens als alte Frau verbringen zu müssen«, sagte Andie.
»So kann nur ein junger Spund sprechen«, war plötzlich von hinten zu hören. Als sie sich umdrehten, sahen sie Vanessa Van Ross in der Tür stehen. Sie hatte ein dunkelblaues Seidenkostüm an und trug ihr silbergraues Haar wie üblich hinten hochgesteckt.
Andie wurde puterrot. »Mrs. Van Ross, es tut mir leid … Ich wollte nicht … ich … es tut mir so leid.«
Die ältere Dame legte den Arm um Andies Schulter. »Das ist schon recht, Liebes. Ich sage meinem Arzt jedes Mal genau dasselbe, wenn ich ihn sehe. Sie haben es bereits vor über dreißig Jahren geschafft, einen Mann auf den Mond zu schicken, aber sie schaffen es immer noch nicht, mich wieder wie zwanzig aussehen zu lassen.«
Andie beruhigte sich wieder. »Darf ich Ihnen einen Tee holen?«
»Nein danke, Liebes. Ich komme nur vorbei, um Diane zu fragen, ob sie mit mir zur Kirche fahren will. Die Kinder holen Mutter ab. Ich liebe sie alle von Herzen, aber im Moment ist es mir einfach zu viel, alle drei gleichzeitig um mich zu haben.«
»Ich begleite Sie gerne. Wollen wir sofort gehen?«
Vanessa schaute auf ihre Uhr. »Es ist noch etwas früh. Lassen Sie sich durch mich nicht stören. Vielleicht trinke ich doch eine Tasse Tee.«
Andie stürzte aus dem Raum, um frischen Tee zu machen. Diane führte sie in den privaten Aufenthaltsraum, der neben ihrem Büro lag. »Machen Sie es sich bequem. Ich muss nur noch kurz im Kriminallabor
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