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Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines

Titel: Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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kurz den Kopf zur Tür hereinstecken, ihn nicht sehen und zur Veranda gehen.
    Es war ein lausiger Plan, bei dem alles Mögliche schiefgehen konnte. Zudem würde man Alice schon bald vermissen und sie zu suchen beginnen. In solchen Fällen wurden die Pfleger sehr schnell argwöhnisch. Manche Patienten konnten gefährlich werden, weshalb das Personal stets seinen Aufenthaltsort nachweisen musste.
    Auf und ab laufend suchte Alex verzweifelt nach einer Lösung. Bei jeder Wende fiel sein Blick auf den Leichnam. Er musste Alice verschwinden lassen!
    Plötzlich blieb er stehen und betrachtete sie. Sie sah schauderhaft aus. Von ihrem gebrochenen Kiefer zog sich ein langer Blutspritzer quer über den Fußboden. Als er sie würgte, hatte sie die Kontrolle über sich verloren, so dass sich unter ihren ausgestreckten Beinen eine immer größer werdende Urinlache ausbreitete.
    Er lief zu dem betagten, bei jeder Berührung quietschenden Bett – gewöhnlich ein Zeichen dafür, dass sich die Schrauben gelockert hatten. Mit den Fingern über die Metallstreben streichend fand er schon bald eine am Ende der Seitenstrebe hervorstehende Schlitzschraube aus Metall. Die Zähne vor Anstrengung zusammengebissen löste er sie mit den Fingern. Wäre er nicht so verzweifelt gewesen, hätte er sie vermutlich nicht mit bloßen Händen herausschrauben können.
    Lang war sie nicht, gewiss nicht lang genug, um eine wirkungsvolle Waffe abzugeben. Aber sie besaß eine vergleichsweise scharfe
Spitze, und für seine Zwecke reichte das. Er eilte hinüber zu Alice und hockte sich neben ihr violett angelaufenes Gesicht.
    Die Schraube dicht über ihrer Stirn überlegte er. Dann schloss er die Augen und versuchte sich zu erinnern. Er hatte Jax mehrfach eine Rettungsleine aktivieren sehen. Das erste Mal, bei Bethany, war der Anblick so schockierend gewesen, dass sich das Bild unauslöschlich in sein Gehirn eingebrannt hatte.
    Zudem bereitete es ihm als Künstler keinerlei Schwierigkeiten, sich Linien, Formen und räumliche Verhältnisse einzuprägen. Er erinnerte sich genau, dass die Linien bei Jax stets genau gleich ausgesehen hatten. Er war sich einigermaßen sicher, sich ins Gedächtnis rufen zu können, wie Jax sie in die Stirn geritzt hatte. Er rief sie vor sein inneres Auge.
    Draußen, vor seinem Zimmer, konnte er zwei den Flur entlanggehende Pfleger sich unterhalten hören. Er hatte keine Wahl, er musste es versuchen. Also setzte er die Schraubenspitze auf Alices Stirn und begann. Zuerst ritzte er den Bogen ein, mit dem auch Jax begonnen hatte, dann fügte er zwei schräge Linien hinzu, eine rechts und eine links. Dabei konzentrierte er sich auf das geistige Bild, das er von den Linien auf Bethanys Stirn hatte, und führte sie in exakt demselben Winkel aus.
    Er ging ganz in der Aufgabe auf, ganz so, wie er sich beim Malen verlor, und führte, wie Jax, jede Linie voller Selbstvertrauen aus. Die Schraubenspitze kratzte über den Knochen, als er die Haut an Alices Stirn einritzte. Den Abschluss bildete ein über dem ursprünglichen Bogen liegendes Muster.
    Die Schraube in der Hand ließ sich Alex auf die Fersen sinken und betrachtete sein Werk. Blut bedeckte seine Finger und rann ihm übers Handgelenk.
    Völlig unerwartet war Alice plötzlich nicht mehr da. Sie wurde weder durchsichtig, noch verblasste sie allmählich, wie in einem
Gespensterstreifen. Auch hatte es nichts von einem gruseligen Filmeffekt. Der Vorgang entbehrte jeder Dramatik. Eben war sie noch da, und im nächsten Augenblick nicht mehr.
    Alex blinzelte erstaunt. Er sah sich um. Das Blut auf dem Fußboden war verschwunden, ebenso die Urinlache. Er betrachtete seine blutverschmierten Finger mit der Schraube darin. Da war kein Blut. Für einen Moment saß er vollkommen reglos da.
    Er hatte soeben einen Bann gezeichnet und einen Menschen vor seinen Augen verschwinden lassen. Das war so unbegreiflich und zugleich eine so gewaltige Erleichterung, dass Alex zu lachen begann.
    Er hörte Pfleger den Flur entlangkommen. Ihren kurzen, gedämpften Bemerkungen konnte er entnehmen, dass sie kurz ihre Köpfe in jedes Zimmer steckten und sich erkundigten, ob jemand Alice gesehen habe.
    Alex krabbelte zu seinem Stuhl und setzte einen benommenen Ausdruck auf. Blicklos vor sich hin starrend wartete er ab, dass die Tür aufging.
    In diesem Augenblick sah er das Medikamententablett auf dem Bett liegen.
    Er sprang auf, packte es und schob es unter die Matratze. Sich die schweißnassen Hände an der Hüfte

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